Ein Gastbeitrag von Ulrich Kutschera
Vor 200 Jahren wurde die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven uraufgeführt. Dieser Welt-Klassiker deutscher Kultur wird durch seichte „Bierfiedler“-Songs der US-Country-Sängerin Taylor Swift überschattet. Was haben Swift und Beethoven mit dem grandiosen Wahlerfolg der „Trumpies“ zu tun?
Vor einigen Wochen besorgte ich mir in einer Buchhandlung die neue Musiker-Biographie von Stefan Eisel: „Beethoven und Beethovens Neunte“, so lautet der Titel dieses 2024 erschienenen Werks. Der Autor, Vorsitzender des Vereins „Bonner Bürger für Beethoven e.V.“, geht in diesem in deutscher und englischer Sprache verfassten Buch ausführlich auf die Entstehung der 9. Sinfonie in d-moll (Op. 125) des weltbekannten Bonner Klassik-Superstars Ludwig van Beethoven (1770 –1827) ein. Inzwischen habe ich dieses kurzgefasste, sehr empfehlenswerte Werk mit großem Gewinn gelesen. Da ich von 1988 bis 1993 in Bonn gearbeitet habe, an der dortigen Universität meine Habilitation stattfand (Befähigung zum Uni-Dozent bzw. Professor), und somit das berühmte Beethoven-Haus oft besuchen konnte, war diese Lektüre ein besonderes Vergnügen.
Vor der Hauptkasse der Buchhandlung war ein Tisch mit Bildbänden zu Leben und „Werk“ der US-Country-Sängerin Taylor Swift (geb.1989) platziert. Um die Wartezeit in der Kunden-Schlange zu überbrücken, blätterte ich in einem dieser bunten Pop-Bändchen – mit dem Resultat, dass ich mit drei jungen Damen ins Gespräch kam. Mit Blick auf mein Beethoven-Buch sagte eine der drei zu mir: „Wir sind ‚Swifties‘– Taylor Swift ist unser Idol – Taylor ist der ‚Beethoven‘ unserer Generation!“ Diese Episode führt mich zu den folgenden Betrachtungen.
Wer in den 1970er Jahren z.B. an der Universität Freiburg die Fächer Biologie/Chemie studiert hat, dem wurde damals empfohlen, zur Ergänzung bzw. Horizonterweiterung ein „Nicht-Naturwissenschaftliches Nebenfach“ zu belegen. Da ich als Kind klassischen Klavierunterricht erhielt (meine Mutter war eine begabte Hobby-Pianistin), wählte ich das Nebenfach „Musikwissenschaft“. Als geübter Freizeit-Klavierspieler war es mir damals ein Vergnügen, im Modul „Harmonielehre“ die frühen Klaviersonaten von Beethoven spielen und analysieren zu dürfen. Wir mussten auch Varianten von Beethovens großartigen Themen selbst erarbeiten und niederschreiben. Diese „Komponier-Studien“ waren Teil der Prüfungsleistung und haben mich nachhaltig geprägt.
Seither hält mich die Musik dieses Vollenders der von Haydn-Mozart begründeten Wiener Klassik und „Urvaters“ der Romantischen Musik-Epoche, Ludwig van Beethoven, wie ein „Klassik-Junkie“ in seinem Bann. Unglaublich, welch melodisch geniale, unsterbliche Werke dieser „Tonsetzer“ hervorgebracht hat. Kurz gesagt – ich bin seit Jahrzehnten ein begeisterter „Beethovenie“.
Am 15. November 2024 ist daher die Single „Beethoven-Joy Phantasy“ via Streaming (Spotify, Amazon Music, YouTube Music usw.) erschienen – eine eigenständige Piano-Kompaktversion der „Ode an die Freude“ aus dem 4. Satz der oben erwähnten 9. Sinfonie, die vor 200 Jahren unter Mitwirkung des damals schon tauben Beethoven in Wien uraufgeführt wurde:
Zurück zur US-Sängerin Taylor Swift. Was hat diese im 35. Lebensjahr stehende Country-Pop-Musikerin mit Beethoven gemeinsam? Der Weltklasse-Komponist war gerade einmal 1,60 Meter groß, die Lady Swift ist mit 1,78 nahezu einen Kopf höher gewachsen. Beethoven hätte ihr somit kaum das „Wasser hochreichen“ können….. nach diesem kleinen Scherz, ernste Fakten:
Zu Lebzeiten Beethovens schätzten die kulturell Gebildeten ernste „Klassik“-Musik, als hohe Kunst des Erschaffens-Aufschreibens von Kammer- Orchester- und Kirchen-Musikstücken, inklusive von Bühnenwerken, wie Opern. Im Schatten dieser Tonkunst gab es eine umfassende Szene von „Country“– übersetzt – „Landgasthaus“- Musikanten, die damals als „Bierfiedler“ bezeichnet wurden.
In einem um 1800 erschienen Lexikon lesen wir: „Bierfiedler sind niedrige Musikanten, die den Gästen in den Bierhäusern aufspielen.“ Sie wurden damals auch als „Scheergeiger“ bezeichnet, hatten keinen hohen sozialen Stand und waren meist wenig wohlhabend. Leider musste aber auch Beethoven, obwohl er seit der „Entdeckung & Lobpreisung“ durch den Musik-Schriftsteller E.T.A. Hoffmann (1776 –1822) ab ca. 1812 zum Musik-Star der Fürsten und Grafen aufgestiegen war, zeitlebens mit finanziellen (und gesundheitlichen) Problemen kämpfen.
Das negative Image, nur eine Art Klassik-„Bierfiedler“ zu sein, konnte Beethoven glücklicherweise überwinden. Dieser stämmig gebaute, wie ein heutiger Rockstar wild-wirr frisierte Mann verfügte, vermutlich genetisch verankert, über einen starken Unabhängigkeitstrieb. Fürsten und Grafen, und somit den damaligen „politisch-gesellschaftlichen Eliten“, trat Beethoven respektlos entgegen; er weigerte sich, in deren Unterwürfigkeits-Netzwerke einzutreten.
Auf heutige Verhältnisse übertragen – Ludwig van Beethoven war ein Outsider des politisch-medialen Establishments, ein Qeerdenker, der sich weigerte, sich der „Hierarchie des Fürsten-Adels“ anzupassen. Wäre er nicht der geniale Wiener Komponist gewesen, hätte er sich diese Außenseiter-Rolle, mit scharfer, oft polemischer Kritik am „Fürsten-Filz“, nicht leisten können. Und damit sind wir bei US-Präsident-Elect Donald J. Trump (geb. 1946) angelangt, dessen bekannter „Beethoven-ähnlichen“ Charakter als nicht-angepasster Außenseiter kürzlich beschrieben wurde.
Die weltbekannte, sehr erfolgreiche Country-Pop-„Bierfiedlerin“ Taylor Swift hatte sich im US-Wahlkampf 2024 gegen Trump und für die „Demokratin“ Kamala Harris ausgesprochen, die, wie Swift, eine „Kinderlose Katzenfrau“ ist (Beethoven litt unter seiner Frauen- und Kinderlosigkeit; er adoptierte später seinen Neffen Karl, mit dem er, als Alleinerziehender, wenig Freude hatte).
Donald Trump wurde dann aber, trotz der „Millionen-Swifties-Harris-Werbung“, am 5. November 2024 mit großer Mehrheit (312 zu 226) zum 47. Präsidenten der USA gewählt, – und konnte 72,5 Millionen „Trumpie“-Stimmen für sich verbuchen. Am 12. 11. 2024 Berichtete „n-TV“ zu diesem „Demokraten“-Wahl-Desaster unter der folgenden Schlagzeile: „Zu elitär für Wähler? Swift soll schuld an Kamala Harris‘ Niederlage sein.“ Ich halte diese Aussage für unzutreffend; aufgrund meiner Berufstätigkeit als US-Projektwissenschaftler kann ich nachfolgend authentisch berichten.
Typische Mittelschicht-US-Bürger lassen sich von „reichen Hollywood-Schauspieler-Schnöseln & Bierfiedler-Millionären“ nicht gerne in ihr Alltagsleben „hineinquatschen“. Wie Beethoven, handeln sie diesbezüglich lieber autonom – gegen den derzeit noch vorherrschenden Polit-medialen Mainstream. In den USA lebt, trotz der von linken „Demokraten“ vorangetriebenen „Sozialisti-sierung“ der Gesellschaft, der „American Dream“ fort. Nach dieser Weltanschauung strebt der US-Bürger, unabhängig vom „Racial & Ethnical Background“, ein vom Staat unabhängiges, frei bestimmtes Leben in Arbeit, Sicherheit und Wohlstand an. Der Staat soll sich, bis auf Bau und Betrieb von Straßen, Schulen und Krankenhäusern, aus dem Leben des US-Bürgers,– bitteschön! – heraushalten. Daher strebt der US-Bürger auch nach Selbstschutz via Waffenbesitz, denn auf den Schutz der überforderten Polizei kann und will er sich nicht verlassen. Damit verbunden ist das Amerikanische Prinzip der Eigenverantwortung; nicht der Staat, sondern der Bürger sorgt für sein Wohl!
Warum hat Donald J. Trump mit derartigem Erfolg die US-Wahlen gewonnen? In meinem beruflichen und privaten US-Umfeld gibt es überzeugte „Trumpies“, aber auch Kollegen, die für die „Demokratin“ Harris gestimmt haben. Seit seinem knapp überlebten Attentat am 13. Juli 2024, als der per Streifkugel am Ohr blutende Präsidentschaftskandidat mit erhobener Faust seinen Willen zum Kampf gegen das „Woke Unrecht“ zum Ausdruck brachte, gilt D.J. Trump als ein „Held“. Wer selbst, unter Schock stehend, im vermeidlichen Todeskampf (die Kugel verpasste knapp sein Gehirn) rasch wieder aufsteht und zum Widerstand aufruft, der hat echte-angeborene Power – und das im 79. Lebensjahr! So lautet etwa das Argument der mir bekannten „Trumpies“. Hinzu kamen seine originellen Medien-Auftritte als „McDonalds- Müllwagenfahrer- und Opa-Trump-mit-Enkelkind“– das war perfekt organisiert und umgesetzt!
Aber Trump ist doch ein Straftäter! – posaunt dann die Fraktion der „Donald-Hasser“. Meine US-„Trumpies“ haben diesem „der böse Donald als Gauner“- Mythos das Folgende entgegengesetzt. Die Vorwürfe gegen D. J. Trump – „Verfälschung von Geschäftsunterlagen, Mitnehmen von Geheimdokumenten, mögliche Beeinflussung der Wahl-2020“ seien an den Haaren linker Demokraten herbeigezogene Fake-Anschuldigungen, um den „populären Helden Donald“ in Misskredit zu bringen. Eine typische „Trumpie-Response“ lautet wie folgt: „Ich habe auch schon mehrfach falsch geparkt, wurde angezeigt, habe Strafe gezahlt, bin aber dennoch ein guter-ehrlicher US-Bürger“.
Kurz gesagt: die „Strafverfahren“ wegen irgendwelcher „Papierdelikte“– ohne, dass Menschen zu Schaden kamen – haben dem „Blonden Donald“ eher geholfen als Nachteile gebracht; sie belegen, dass der Milliardär Trump kein Heiliger, sondern ein Mensch mit Fehlern ist, und genau „so einen autonomen Kämpfer für die USA“ haben die US-Bürger am 5. 11. 2024 mehrheitlich zum 47. Präsidenten gewählt.
Abschließend die Frage: Was hat Donald Trump mit Ludwig van Beethoven zu tun? Während Trumps erster Amtszeit als 45. Präsident (2018) ist ein noch heute online verfügbarer Anti-Donald-Hetz-Artikel „Trump vs. Beethoven? Take a guess who comes out on top“ erschienen, auf den ich hier nicht eingehen möchte. Am 15. August 2023 folgte dann auf der X (früher Twitter)-Page „Trump History (Parody)“ das attraktive Trump-Beethoven-Bild mit der (übersetzten) Unterschrift: „D.T. erteilt seinem Musikschüler L. v. Beethoven eine Klavierstunde-1798, koloriert“.
Donald Trump gives a piano lesson to his musical apprentice, Ludwig van Beethoven – 1798, colorized. pic.twitter.com/s1qUs5r77s
— Trump History (@Trump_History45) August 15, 2023
Dieses hübsche Gemälde soll vermutlich als Anspielung für die Tatsache gelten, dass Donald Trump ein Musikliebhaber ist. Neben berühmten „Edel-Bierfiedler-Songs“ der 1970er-Jahre, z. B. von der Band „The Beatles“, schätzt Trump auch klassische Musik, wie jene von Mozart und Beethoven. Demgemäß wurde dann auch vor der US-Wahl auf der „Republican National Convention“ am 18. Juli 2024 beim Hereinschreiten der Trump-Gattin Melania ein Ausschnitt aus der vor 200 Jahren uraufgeführten 9. Sinfonie Ludwig van Beethovens gespielt, die oben besprochen wurde,– siehe das folgende YouTube-Video.
Die Trump-Gegner waren über diese Würdigung von Beethovens letzter Meister-Sinfonie durch die verachteten „Republikanisch-konservativen Hinterwäldler“ wenig erfreut; sie reagierten mit Unverständnis und Hetz-Kommentaren, da ihnen offensichtlich keine rationalen Argumente eingefallen sind.
Fazit
Der „US-Ober-Trumpie Donald John“ ist ein echter „Beethovenie“, jedoch eindeutig kein „Swiftie“. Am 15. September 2024 postete er auf „X“, nachdem sich die populäre „Scheergeigerin“ für Kamala Harris ausgesprochen hatte, den folgenden undiplomatischen Satz: „I hate Taylor Swift!“. Dazu sollte gesagt werden, dass man die kinderlose Country-Pop-Sängerin ignorieren kann (wie ich es tue), aber „Hass & Hetze“ hat die Führerin einer weltweiten, mehrheitlich weiblichen „Swiftie-Sekte“ definitiv nicht verdient!
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Prof. Dr. Ulrich Kutschera ist ein in Deutschland und den USA tätiger Evolutionsbiologe. Nebenberuflich ist er als Buchautor und Musikproduzent tätig. Weitere Infos siehe hier: http://www.evolutionsbiologen.de/media/files/flyer.pdf
Bild: spatuletail/Brian Friedman/Anna Moneymaker/Shutterstock, Ekaterina Quehl