Torpedierter U-Boot-Deal: Frankreich schäumt gegen Australien 56-Milliarden-Euro-Deal versus Atomtests der Franzosen

Von Alexander Wallasch

Als hätte die Weltgemeinschaft aktuell nicht genug zu tun, COVID-19 für ihre Bevölkerungen wie auch immer zu managen, kommt jetzt auch noch Ärger dazu zwischen Partnern, den man so eigentlich nicht erwartet, geschweige denn hätte kommen sehen. Und schon brechen alte Wunden wieder auf.

Während sich eine Reihe von Staaten gerade darum bemühen, mit den Taliban Kontakte aufzubauen – Deutschland bringt sogar hunderte von Millionen Euro als Mitgift mit – zieht Frankreich seine Botschafter aus Washington und Canberra ab. Der Westen streitet untereinander und sucht gleichzeitig Frieden mit dem ultimativ Bösen.

Hintergrund ist ein geplatzter U-Boot-Deal. Der Rückruf der Botschafter soll sogar auf direkten Wunsch des französischen Präsidenten angeordnet worden sein.

Zunächst zum Anfang der Verwerfung: 2016 wurde eine Vereinbarung beschlossen, die beinhaltet, dass Frankreich Australien U-Boote im Wert von 56-Milliarden-Euro liefern soll. Vergangenen Donnerstag war dieser Deal allerdings hinfällig geworden, als Australien verkündete, sie wollen keine konventionellen U-Boote mehr, sondern nuklearbetriebene aus britischer und US-amerikanischer Produktion.

Warum das alles? Wozu das Risiko solcher Verstimmungen unter Verbündeten? Es soll hier wohl um eine starke Antwort gehen, die sich gegen China richtet. Speziell der Indopazifik wird genannt, hier wollen die USA, Großbritannien und Australien ihre militärische Präsenz intensivieren. Dazu hat man eine Allianz verkündet, welche eben die Ausstattung Australiens mit solchen U-Booten einschließt.

Der französische Außenminister brachte aufgebracht Donald Trumps „America First“-Doktrin ins Spiel, die seiner Auffassung nach mit diesem Deal unter Präsident Joe Biden fortgeführt werden würde.

Dass die Australier jetzt gegenüber den Franzosen allerdings alles andere als verlegen oder gar peinlich berührt wären, mag ein Facebook-Post aus Down Under belegen. Besagter Kommentar zeigt stellvertretend, dass dieser Konflikt geeignet sein könnte, alte Wunden wieder aufzureißen:

Ein Martin S. teilte am 19.09.2021:


„So the French are we bit offended because we no longer want to play submarines with them. I seem to remember that we Aussies were a we bit offended back in the 70,80,90’s when the French were testing their atomic bombs practically in our back yard an they told us to go to buggery when we treid to reason with them to stop.
From 1960 to 1995 the French exploded 198 atomic blasts where 44 were atmospheric (the worste type) and 2 of those were in an area where back in 1973 HMAS Supply (!) and kiwi ships „Otago“ and „Canterbury“ were protesting what they were doing.
They didn’t take any notice of us then and have spent a lifetime telling everyone how SAFE their Atomic testing was, to avoid compensation claims, mainly from the Pacific Islanders that they affected.
So sorry France, I might have a b it more sympathy for your loss if you apply the same sympathy and help for those who are still suffering from your SAFE Atomic tests.“

Der Australier erinnert hier an die Atombombentest der Franzosen und an jahrzehntelange Versicherungen, wie sicher diese gewesen seien.

Allerdings gehört zur Wahrheit auch dazu, dass Frankreich formal noch unter Staatspräsident Hollande anerkannt hatte, was diese Tests für Schäden insbesondere auf dem Muruoa-Atoll angerichtet hatten. Zuvor hieß es nach offizieller Sprachregelung der Franzosen immer nur – darauf spielt hier der australische Facebook-Post an – die Tests für die Atombombe wären sauber gewesen, es hätte keinerlei Auswirkungen für Mensch und Umwelt gegeben.

Die Wahrheit sieht freilich ganz anders aus:
„In Polynesien wird eine signifikant höhere Zahl von Leukämie-Fällen, also Blutkrebs, registriert, ebenso ein Übermaß an Fällen von Schilddrüsenkrebs, um nur zwei der bekanntesten Krankheiten anzusprechen, die auf radioaktive Verstrahlung zurückgeführt werden.“

Die australische Regierung bleibt derweil gelassen und nimmt die Wut der Franzosen lediglich zur Kenntnis. Ja, es wäre „bitter“ für die Franzosen, so Premierminister Scott Morrison, aber Frankreich sei und bliebe „für uns ein wichtiger Freund und Verbündeter, und wir werden auch künftig vertrauensvoll zusammenarbeiten“. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian spricht derweil weiter von einem „Dolchstoß in den Rücken“.

Ein ehemaliger hoher deutscher Diplomat ordnet gegenüber reitschuster.de die Lage zwischen den befreundeten Staaten bzw. die französische Drohkulisse gegenüber Australien allerdings deutlich nüchterner ein:

„Was teilweise in der Presse gesagt wird, ist falsch. Die sind nicht abberufen worden – das käme fast dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gleich. Der Fachausdruck heißt im vorliegenden Falle: Zur ‚Berichterstattung zurückgerufen‘. Selbstverständlich ist das ein deutliches Zeichen, aber nicht mehr. Die Botschafter kehren irgendwann wieder zurück, sie werden Gespräche bei ihren beheimateten Außenministerien geführt haben, die man über die sonst üblichen Kanäle nicht führen kann oder wollte. Abberufung heißt im Grunde genommen die Rückstufung der Botschaft auf eine Geschäftsträgerebene. Aber das ist keine große Sache eigentlich: Der Botschafter wird nach Hause gerufen und nach Hintergründen befragt. Insgesamt ist das eine sehr, sehr niedrige Drohkulisse bzw. nur eine Kulisse.“

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

Bild: Screenshot Bild.de 
Text: wal

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