„Ungeimpfter“ Auszubildenden wird mit Kündigung gedroht Neues Infektionsschutzgesetz: Angehende Zahnarzthelferin darf Prüfung nicht machen

Von Alexander Wallasch

Immer mehr Ungeimpfte und Impfskeptiker machen ihren Frust über aus ihrer Sicht unsinnige und drangsalierende Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz öffentlich. Mitarbeiter vor allem aus Pflegeberufen melden sich empört zu Wort.

Reitschuster.de greift diese Stimmen auf: Ein leitender Arzt eines Krankenhauses empört sich, eine Mitarbeiterin der Pathologie und jetzt eine junge Frau, die sich in einem emotionalen Video (reitschuster.de bemüht sich aktuell um eine Kontaktaufnahme) als Auszubildende zur zahnmedizinischen Fachangestellten vorstellt.

Sie erzählt, sie sei im dritten Lehrjahr und befinde sich kurz vor den Prüfungen:

Am Freitag letzter Woche habe ich Bescheid bekommen, dass ich mich bis zum 15. März 2022 vollständig impfen lassen muss. Das heißt, bis Ende Januar muss die erste Impfung gemacht werden. Heute in der Schule kam dann die liebe Nachricht, wenn wir es nicht machen, werden wir gekündigt plus wir dürfen nicht zu den Prüfungen gehen. Ich habe es nicht so ganz geglaubt und war auch erst einmal zu baff. Somit habe ich beim Gesundheitsamt angerufen, bei der Bundesreferenz, bei Landes- und Bundesärztekammer, Zahnärztekammer, und alle sagen mir das gleiche, ich werde nicht zu den Prüfungen zugelassen (…). Daraufhin bin ich zu meinem Chef gegangen und habe ihm die Situation geschildert. Und er sagte zu mir, dass das stimmt. Und das, wenn ich mich bis zum 15. März 2022 nicht impfen lasse, ich somit entlassen werde.

Reitschuster.de telefoniert. Eine Pressestelle des Gesundheitsamtes will klären, ob es sich so verhält, wie die Dame im Video geschildert hat, sie will zurückrufen. Nachdem das Anliegen notiert wurde, lässt sie es sich nicht nehmen, zurückzufragen, warum sich die junge Dame denn nicht einfach impfen lässt, was wäre das denn für ein Theater um einen kleinen Pieks und sie fragt weiter, wer sich denn von einer Ungeimpften behandeln lassen will.

Auch ein Telefonat mit dem Verband medizinischer Fachberufe e.V., der auch die unabhängige Interessenvertretung für die Berufsangehörigen in Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztpraxen sowie zahntechnische Laboratorien ist, ergibt nichts Positives für die junge Frau. Eine Pressesprecherin des Verbandes stellt klar, dass auch die zahnmedizinische Fachangestellte (früher Zahnarzthelferin) unter „die neuste Änderung der Änderung“ des Bundesinfektionsschutzgesetzes fällt, also einer Impfpflicht bis zum 15. März 2022 unterliegt.

Eine Sprecherin sagt, es wäre eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Das heißt, diese Pflicht würde beispielsweise nicht für Zahntechniker gelten, aber in dem Moment, wo der Zahntechniker in der Praxis eingesetzt würde, unterlege er automatisch einer Impfpflicht – das wäre mit „einrichtungsbezogen“ gemeint.

Wie das konkret vor Ort durchgesetzt werden würde, weiß eine Sprecherin noch nicht, aber es gäbe besagte Impfverpflichtung. Wenn der Stichtag der 15. März wäre, müssten die Erstimpfungen, so wie es die junge Frau schilderte, entsprechend früher beginnen.

Die Mitarbeiter in Arzt- und Zahnarztpraxen wären auch schon bei der vorhergehenden Verschärfung dabei gewesen, sagt eine Sprecherin des Verbandes weiter, sie hätten sich täglich testen lassen müssen. Das wäre „eigentlich nichts Neues“, erfahren wir.

Über neunzig Prozent der Mitarbeiter in den Arztpraxen sind schon geimpft, ergibt eine Blitzumfrage des Kassenärztlichen Bundesverbandes. Sehr viele Praxisinhaber hätten die Impfung gleich für das komplette Team organisiert, weiß eine Sprecherin. Teilweise hätte man das an unterschiedlichen Tagen machen müssen, wegen der Impfwirkungen.

Und reitschuster.de erfährt weiter, dass es ohnehin schon einen Fachkräftemangel in diesen Berufen gibt, das wäre auch in den Arzt- und Zahnarztpraxen so. Aber man hätte eine sehr hohe Impfquote, deshalb würden es wohl nicht so hohe Ausfälle sein, die Belastung läge dennoch bei den Praxisinhabern. Eine Sprecherin weist abschließend noch darauf hin, dass es auch indikationsbezogene Impfabsagen gibt. Wenn so etwas zutreffen würde, könne die junge Dame ja auch damit kommen.

Das allerdings gibt das Video nicht her. Die Auszubildende im dritten Lehrjahr hat selbst bei mehreren relevanten Stellen nachgefragt, und der Verband für ihre Berufsgruppe bestätigt jetzt, dass sie um die Impfung nicht herumkommt. Dass sie also bei Verweigerung spätestens zum 15. März 2022 nicht mehr im Beruf arbeiten kann, gekündigt wird, also auch keine Prüfung ablegen kann.

Mein neues  Video:

 


 

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

 
Bild: Screenshot Facebook-Post
Text: wal

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