Von Daniel Weinmann
Stolze 4,125 Millionen Euro hat das Anwesen gekostet, das der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn zusammen mit seinem Ehemann Daniel Funke in der Berliner Villenkolonie Dahlem gekauft hat. Zuzüglich rund einer halben Million an Nebenkosten. Laut Maklerwerbung ist es ein „traumhaftes Baudenkmal in Bestlage“. Das feudale Anwesen bietet 285 Quadratmeter Wohnfläche auf einem gut 1300 Quadratmeter großen Grundstück.
Der heutige Fraktionsvize der Union, dessen fragwürdige Verflechtungen von Beruf und Privatleben während der Pandemie bislang nie ganz geklärt wurden, wehrte sich lange gegen Berichte über den Kaufpreis. Gleich gegen mehrere Medien hatte er gerichtliche Verfügungen erwirkt, die die öffentliche Nennung der genauen Summe untersagten. Doch der Druck wurde zu groß, im Frühjahr 2021 musste Spahn sein Schweigen brechen.
Pikant: Der größte Teil der Kredite für den Kauf stammt „Spiegel“-Informationen zufolge ausgerechnet von der Sparkasse Westmünsterland, wo Spahn von 2009 bis 2015 im Verwaltungsrat saß. Zudem sitzt er für den Wahlkreis im westlichen Münsterland seit 2002 im Bundestag. Das Geldhaus ließ eine Grundschuld über 1,75 Millionen Euro ins Grundbuch eintragen. 313.000 Euro sicherte sich die Provinzial Nordwest Lebensversicherung.
»Die Geschichte vom stattlichen Erbe des Vaters ist Unsinn«
Die für den restlichen Kredit in Höhe von 2,5 Millionen Euro benötigte Sicherheit – das Anwesen wurde ohne Eigenkapital finanziert – erhielt die Sparkasse Westmünsterland „Spiegel“-Informationen zufolge aus einer Erbschaft seines Ehemanns. Funke habe 2019 von seinem verstorbenen Vater geerbt. Das Geld liege in Österreich, berichtete die „Zeit“ im Mai 2021 und bezog sich auf eine entsprechende Anfrage, die von einem Spahn-Vertrauten beantwortet wurde.
Laut „Spiegel“ scheint etwas faul zu sein an diesem Konstrukt. „Der Schatz vom Attersee“ titelt das Magazin, das während der Coronakrise vor allem durch liebedienerische Interviews mit den Pandemie-Protagonisten wie Christian Drosten und Ugur Sahin auffiel. Das Autoren-Quintett hat nicht zuletzt das Umfeld von Funkes verstorbenem Vater unter die Lupe genommen, der in Baden-Württemberg Lehrer war. „Die Geschichte vom stattlichen Erbe des Vaters ist Unsinn“, lautet das Ergebnis: Funke habe kein Vermögen und auch mit Österreich nichts am Hut gehabt, beteuerten gleich mehrere Befragte.
Mit Geldanlagen über Jahrzehnte zum stattlichen Vermögen?
Funke und Spahn gingen in die Gegenoffensive: So etwas habe man nie behauptet. Er könne nicht nachvollziehen, wie es zu dieser Darstellung kam, ließ Spahn seinen Sprecher mitteilen. Mehr noch: „Dass Herr Funke Senior nicht vermögend war und nie in Österreich gelebt hat, ist dem Ehepaar Funke/Spahn bekannt.“ Die „Zeit“ lässt sich davon wenig beeindrucken. Gleich mehrfach sei von einer Erbschaft die Rede gewesen, insistiert die Wochenzeitung.
Spahn will davon nichts wissen – und behauptet gegenüber dem „Spiegel“, er habe sich durch Investments – darunter Wertpapiere und Immobilien – über zwei Jahrzehnte ein Vermögen angespart. Zudem habe er samt Gatte Guthaben aus Bauspar- und Altersvorsorge eingesetzt. Hut ab: Angesichts der aufzubringenden Summe ist an Bankkaufmann Spahn offensichtlich ein exzellenter Geldmanager verloren gegangen.
Ob sich die Millionen-Finanzierung tatsächlich so zugetragen hat, bleibt derweil offen. Die Autoren boten den Bauherren an, Belege zu präsentieren – und versprachen im Gegenzug Vertraulichkeit. Spahn und Funke wollten nicht darauf eingehen. Privatsache!
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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: photocosmos1/Shutterstock