Als ein Kollege mir die Nachricht zuschickte, hielt ich sie zuerst für einen Scherz. Aber nach allem, was ich weiß, ist es keiner. „Einer der ersten Corona-Patienten war im November 2019 ein Kollege des deutschen ‚Corona-Papstes‘ Dr. Christian Drosten, der mit ihm an der wichtigsten Studie zur genetischen Veränderung von Fledermaus-Coronaviren beteiligt war“, schreibt das Portal „Freie Welt“ (FW): „Drosten leugnet seit Februar 2020 den möglichen Laborursprung des SARS-CoV2-Virus – dabei kannte er mindestens einen der ‚Patienten Null‘ beruflich.“
Aber alles der Reihe nach. Mehreren US-Regierungsbeamten zufolge waren die ersten Covid-19-Patienten im November 2019 drei Forscher des Wuhan-Instituts für Virologie (WIV): Ben Hu, Yu Ping und Yan Zhu, wie Journalisten berichten, die maßgeblich an der Berichterstattung über die „Twitter-Files“ in den USA beteiligt waren.
Ben Hu war laut Autorin Alina Chan der „Musterschüler“ der „Fledermausfrau“ des Wuhan-Instituts, Dr. Shi Zhengli. Zudem hat er zahlreiche Studien über Fledermaus-Corona-Viren geschrieben, die gentechnischen Veränderungen unterzogen wurden.
Schon im Januar 2021 hatte das US-Außenministerium berichtet, Mitarbeiter des Wuhan-Labors seien im November 2019 mit COVID-ähnlichen Symptomen erkrankt. „Ein paar Monate später wurde berichtet, dass im November 2019 drei Wuhan-Forscher ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten“, wie „FW“ ausführt: „Ein anderer Bericht deutete darauf hin, dass die Frau eines Wuhan-Forschers im Dezember 2019 an einer COVID-ähnlichen Krankheit starb“, so die NGO White Coat Waste. Nun wollen die Journalisten die Identität der drei ‚Patienten Null‘ erfahren haben.“
Und hier wird es wirklich brisant. Ben Hu, einer der ersten Erkrankten, war 2017 Chefautor der wichtigsten Studie über Versuche des Wuhan-Instituts, die dort fünf Jahre lang mit gentechnisch modellierten, also veränderten Fledermaus-Viren durchgeführt wurden. Geldgeber der Untersuchungen mit den hochgefährlichen Fledermaus-Coronaviren aus einer Höhle in der Provinz Yunnan war laut „FW“ das US-Institut für Ansteckende Krankheiten NIAID – von keinem geringerem als Anthony Fauci, dem US-Pedant von Drosten. Mit dabei: die berüchtigte EcoHealth Alliance.
Redakteur von einer der Studien in „Nature Medicine“ war dem Bericht zufolge Christian Drosten, der inzwischen berühmte und für viele auch berüchtigte Chefvirologe der Berliner Charité. „Es ist davon auszugehen, dass der Redakteur den Chefautor der Studie beruflich kannte. Drosten wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern“, schreibt die „FW“.
Nach den Angaben von Richard Ebright von der Rutgers University geht es bei dieser Studie ohne Zweifel um sogenannte „Gain of Function“-Forschung. Bei dieser wird ein Virus gezielt so verändert, dass es besonders ansteckend wird. Diese „Gain of Function“-Forschung ist hoch umstritten und war in den Vereinigten Staaten zwischen 2014 und 2017 wegen ihrer hohen Risiken verboten.
Laut „FW“ bzw. den Autoren der „Twitter-Files“ erhielt Ben Hu bzw. das Institut in Wuhan von 2018 bis 2019 mehr als 41 Millionen US-Dollar vom NIAID von Fauci und der Entwicklungshilfeagentur USAID für Forschung an Fledermauscoronaviren. Das ist dem Ergebnis einer Informationsfreiheitsanfrage der Nichtregierungsorganisation „White Coat Waste“ zu entnehmen.
Verdächtige Furin-Spaltstellen
Schon 2018 hatte das Wuhan-Institut zusammen mit der EcoHealth Alliance von Peter Daszak und Ralph Baric der Universität von North Carolina 14 Millionen Dollar von der Forschungsabteilung des US-Pentagon DARPA bekommen, um sogenannte „Furin-Spaltstellen“ in SARS-artige Coronaviren einzufügen und sie beim Menschen ansteckender zu machen, so „FW“: „DARPA lehnte den Antrag aufgrund seiner hohen Gefährlichkeit ab. Laut der London Times haben US-Mitarbeiter ausgesagt, dass dieselben Experimente trotz Pentagon-Ablehnung 2019 mit EcoHealth-Finanzierung durchgeführt wurden. Laut White Coat Waste war Ben Hu der Forschungsleiter.“
Es kommt noch dicker: Ein weiterer „Patient Null“ am Wuhan-Institut, Yan Zhu, erhielt laut dem Bericht 2020 zusammen mit Dr. Shi Zehngli eine Danksagung in Christian Drostens umstrittener Studie „Detection of 2019 novel coronavirus (2019-nCoV) by real-time RT-PCR“. Darin wurde der PCR-Test zum angeblich weltweiten Goldstandard für Coronatests erklärt. „Die Studie wurde im Januar nach nur 24 Stunden zur Veröffentlichung angenommen, was eine ausführliche Bewertung durch Kollegen (peer review) ausschließt“, wie „FW“ schreibt: „Im November 2020 zerpflückte eine Gruppe von Kollegen Drostens PCR-Studie und fand ‚schwerwiegende Fehler‘, die ihrer Meinung nach eine Rücknahme oder Richtigstellung erforderten.“
Die Studie „Detection of 2019 novel coronavirus“ wurde laut „FW“ auch durch die EU und das Bundesforschungsministerium finanziert. Leiter des Projekts „RAPID – Risikobewertung bei präpandemischen respiratorischen Infektionserkrankungen“, das das um ein Vielfaches tödlichere MERS-Coronavirus erforschen sollte und ausdrücklich „Gain-of-Function-Versuche“ beinhaltete, war demnach Christian Drosten. Zwischen 2015 und 2019 erhielt das Wuhan-Institut 219.010 Euro demnach von der EU über das Europäische Virusarchiv EVAg, das von Drosten mitbegründet wurde und eng mit dem Wuhan-Institut zusammenarbeitet.
Warmer Geld-Regen
Die EU hat außerdem die Intergovernmental Science Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services IPBES mit 4 Mio. € finanziert, deren Vorsitzender von der EcoHealth Alliance Peter Daszak seit 15 Jahren eng mit der Coronavirus-Forscherin Dr. Shi Zhengli zusammenarbeitet.
„Die jüngsten Offenlegungen von US-Geheimdienstinformationen, wonach das SARS-CoV-2-Virus das Resultat hoch risikoreicher Gain-of-function-Experimente im Wuhan-Institut für Virologie war und Forscher dieses Instituts sich als erste mit dem künstlich hergestellten Coronavirustyp infizierten, zeigt, was von dem angeblichen ‚wissenschaftlichen Konsens‘ eines zoonotischen Ursprungs des SARS-CoV-2-Virus zu halten ist“, so der Hamburger Forscher Roland Wiesendanger zur „FW“.
„Der unwissenschaftliche Ausschluss der Laborhypothese durch die Brandmarkung als ‚Verschwörungstheorie‘ durch 27 internationale Virologen im Februar 2020 sowie die Diffamierung der Wissenschaftler, welche die Laborhypothese von Anfang an für möglich hielten, durch die Mainstream-Medien, sind ein besonders eindrückliches Beispiel dafür, welche Fehlentwicklungen es in den vergangenen drei Jahren während der Pandemie gab. Jeder Vertreter von Politik und Medienwelt, der sich einer Aufarbeitung dieser Fehlentwicklungen in dieser besonders kritischen Phase der jüngsten Vergangenheit verschließt, macht sich schuldig durch das Verhindern von notwendigen Korrekturen bei Entscheidungsprozessen und Maßnahmen in zukünftigen Katastrophenfällen“, so Wiesendanger.
In den großen Medien sind zwar zahlreiche Berichte darüber zu finden, dass offenbar der „Patient Null“ ausfindig gemacht worden ist, wie hier in der „Frankfurter Allgemeine“. Zu den Verbindungen zu Drosten konnte ich bei einer Internet-Suche allerdings nichts finden in den Berichten der großen Medien.
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