Von Kai Rebmann
Die politischen Mühlen mahlen zuweilen sehr langsam. Das gilt insbesondere dann, wenn es darum geht, unbequeme Wahrheiten unter dem Deckel zu halten. Doch glücklicherweise gilt auch: Die Wahrheit sucht sich ihren Weg und kommt früher oder später immer ans Licht. Kaum schickt sich die Corona-„Pandemie“ an, in wenigen Wochen ihren dritten Geburtstag zu feiern, scheint es auch dem US-Senat zu dämmern, dass das Virus menschengemacht und aus einem Labor in Wuhan entwichen ist. Genauer gesagt, ist diese Erkenntnis im HELP-Ausschuss des Senats gereift, wobei diese Abkürzung für „Health, Education, Labor and Pensions“ steht. Wer von Anfang an eins und eins zusammengezählt hat, war ein böser Verschwörungstheoretiker. Dabei gehörte – nüchtern betrachtet – nicht sehr viel dazu, um die Zusammenhänge zwischen einem der weltgrößten Labore in Wuhan, in denen an und mit Coronaviren herumgebastelt wird, und dem Ausbruch in eben dieser Stadt zu erkennen. Jetzt scheint sich auch diese – und womöglich alles entscheidende – Verschwörungstheorie zu bewahrheiten.
Am 27. Oktober 2022 veröffentlichte der HELP-Ausschuss einen vorläufigen Bericht mit dem Titel „Eine Analyse über den Ursprung der COVID-19-Pandemie“. Die darin enthaltene Sprengkraft könnte größer nicht sein. Vor allem der Abschnitt IV „Grundlage für die Einschätzung, dass ein forschungsbezogener Zwischenfall der wahrscheinlichste Ursprung von SARS-CoV-2 ist“ sowie die dazugehörige Schlussfolgerung haben es in sich. Der Bericht spricht eine derart deutliche Sprache, dass wir die wichtigsten Passagen für Sie, liebe Leser, ins Deutsche übersetzt haben. Wir möchten die Erkenntnisse der Experten für sich sprechen lassen, so dass sich jeder sein eigenes Bild machen kann.
„Fast drei Jahre nach Beginn der COVID-19-Pandemie sind belastbare Beweise dafür aufgetaucht, dass die COVID-19-Pandemie das Resultat eines forschungsbezogenen Zwischenfalls war. Ein forschungsbezogener Zwischenfall steht im Einklang mit der frühen Epidemiologie, die eine rasche Ausbreitung des Virus in Wuhan zeigt, wobei die frühesten Alarmzeichen aus dem Umfeld des Campus am WIV (Wuhan Institute of Virology) im Zentrum von Wuhan kamen. Dies erklärt auch die geringe genetische Vielfalt bei den frühesten bekannten SARS-CoV-2-Infektionen beim Menschen in Wuhan, da der mutmaßliche Patient Null, ein infizierter Forscher, die wahrscheinliche Hauptquelle des Virus in Wuhan ist. Ein forschungsbezogener Zwischenfall erklärt auch das Fehlen eines Zwischenwirts sowie das Fehlen von Infektionen bei Tieren, bevor COVID-19-Fälle bei Menschen detektiert wurden.
Die Coronavirus-Forschung am WIV ist aufgrund von dessen Zusammenarbeit mit westlichen Wissenschaftlern bestens dokumentiert. Dennoch forschten in Wuhan noch weitere Institutionen an Coronaviren, unter anderem: Wuhan University, Huazhong Agricultural University, Hubei Centers for Disease Control and Prevention, Hubei Animal Centers for Disease Control and Prevention, Wuhan Centers for Disease Control and Prevention sowie das Wuhan Institute of Biological Products, eine Tochtergesellschaft der staatseigenen Sinopharm, die Impfstoffe herstellt.“
Corona-Forschung am Wuhan Institute of Virology
„Das WIV ist ein Epizentrum für fortschrittliche Coronavirus-Forschung, die darauf ausgelegt ist, künftige Pandemien vorherzusehen und zu verhindern, indem es das ‚Hochrisiko‘-Coronavirus mit dem Potenzial, auf den Menschen überzuspringen, sammelt, charakterisiert und damit experimentiert:
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Nach der SARS-Epidemie von 2002-2004 unternahmen WIV-Forscher ab 2004 jährliche Virus-Sammelexpeditionen nach Südchina und Südostasien, wo Fledermäuse Träger natürlicher SARS-Viren sind.
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WIV-Forscher nahmen Proben von Fledermäusen in Südchina und Südostasien, wo die SARS-Coronaviren, die SARS-CoV-2 am ähnlichsten sind, gesammelt und identifiziert wurden.
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Das WIV hatte mehr als 15.000 Proben von Fledermäusen gesammelt, aus denen es mehr als 1.400 Fledermausviren identifiziert hatte, darunter geschätzte 100 unveröffentlichte Sequenzen von mit SARS verwandten Coronaviren – der Gattung der Coronaviren, zu der SARS-CoV-2 gehört. Die Datenbank mit den vom WIV gesammelten Virussequenzen, einschließlich unveröffentlichter SARS-Coronaviren, wurde ab September 2019 offline genommen.
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Nach der Entnahme vor Ort wurden die Proben nach Wuhan gebracht, wo sie auf das Vorhandensein von Coronaviren untersucht wurden. WIV-Forscher führten Untersuchungen im Zusammenhang mit tierischen und menschlichen Zellen unter Verwendung rekombinanter genetischer Techniken mit dem ausdrücklichen Ziel durch, an den Menschen angepasste SARS-ähnliche chimäre Viren zu identifizieren. Das WIV führte diese Experimente in BSL2- und BSL3-Laboren durch.
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Die leitende Coronavirus-Forscherin Shi Zhengli gab bekannt, dass ihr Team zwischen 2018 und 2020 Zibetkatzen und humanisierte Mäuse, die menschliche ACE2-Rezeptoren exprimierten, mit chimären SARS-verwandten Coronaviren infiziert habe. Die Ergebnisse dieser Experimente wurden nie veröffentlicht.
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Die Zuschüsse der EcoHealth Alliance NIH und DARPA wurden in Übereinstimmung mit dem WIV dazu verwendet, genetische Rekombinationsexperimente an SARS-bezogenen Coronaviren mit spezifischen Merkmalen zu erstellen und durchzuführen, die diese Viren befähigten, ein ‚hohes Risiko‘ für ein zoonotisches Überspringen auf Tiere und Menschen zu beinhalten. SARS-CoV-2 teilt viele der Merkmale, nach denen diese Forscher in den SARS-verwandten Coronaviren gesucht haben, oder ein Interesse daran hatten, solche Merkmale zu erschaffen, falls sie nicht in natürlicher Form vorhanden waren.“
Belange der Verwaltung und Schulungen am WIV
„Akademische Artikel, Berichte und Sitzungen des WIV deuten ferner darauf hin, dass das WIV anhaltende Probleme mit der Biosicherheit hatte, die für die Eindämmung eines durch die Luft übertragbaren Atemwegsvirus wie SARS-CoV-2 von Bedeutung waren:
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Im Mai 2019 warnte der Direktor des WIV BSL4-Labors, dass in High-Containment-Laboren in China die Budgets für die Instandhaltung vernachlässigt würden und es Teilzeit-Forscher [Anm.: solche, die nicht dauerhaft am WIV arbeiten] daher ‚schwer hätten, potenzielle Sicherheitsrisiken im Anlagen- und Gerätebetrieb früh genug zu erkennen und zu verhüten‘.
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Die Leitung des WIV betonte während eines Treffens mit Vertretern des WIV im Juni 2019, dass die Bewältigung dieses Problems entscheidend sei, ‚um den Aufbau und die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie für die Nation voranzutreiben‘.
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Im Juli 2019 veröffentlichte der stellvertretende Direktor des BSL4-Labors einen Bericht über den Mangel an Biosicherheitsausrüstung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Erfüllung der Forschungserwartungen der Regierung.
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Im Juli 2019 begann der Nationale Volkskongress Chinas mit der Ausarbeitung des Gesetzes zur Stärkung der Verwaltung von Laboren, die an der Erforschung von Krankheitserregern beteiligt sind, und zur Verbesserung der Einhaltung nationaler Standards und Anforderungen für die Biosicherheit.
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Ein Bericht vom 12. November 2019 deutet darauf hin, dass am WIV irgendwann vor November 2019 ein Biosicherheitsproblem aufgetreten ist.
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Am 19. November 2019 veranstaltete das WIV eine spezielle Schulung der hochrangigen Biosicherheitsbeamten der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, bei der ‚wichtige mündliche und schriftliche Anweisungen‘ der Führung der VR China an das WIV bezüglich der ‚komplexen und ernsten Situation bezüglich der Biosicherheit‘ erteilt wurden. Auf diese eintägige Schulung für die Führungskräfte folgte am 20. und 21. November 2019 eine zweitägige Sicherheitsschulung für das Personal des WIV und anderer Hochsicherheitslabors im Raum Wuhan.“
Anomalien in der Epidemiologie des SARS-CoV-2-Ausbruchs
„SARS-CoV-2 ging nur in Wuhan auf den Menschen über. Dies steht im Gegensatz zu den Präzedenzfällen bei SARS, MERS und mehreren Ausbrüchen der Vogelgrippe, die alle viel weniger infektiös waren als SARS-CoV-2 und mit denen sich weniger Tiere angesteckt hatten.
Die geringe genetische Vielfalt der ersten SARS-CoV-2-Proben in Bezug auf eine der beiden frühen Linien, die enger mit Fledermaus-Coronaviren verwandt sind, legt nahe, dass die COVID-19-Pandemie höchstwahrscheinlich das Resultat eines oder höchstens zweier Spillover [= im Sinne von „Übertragungen/Übersprüngen“] ist. Die geringe anfängliche genetische Diversität von SARS-CoV-2 steht ebenso im Gegensatz zu dem Präzedenzfall der jüngsten zoonotischen Spillover von Atemwegsviren.
Belastbare Beweise für ein natürliches zoonotisches Spillover fehlen. Während das Fehlen von Beweisen an sich noch keine Evidenz besitzt, ist das Fehlen von bestätigenden Beweisen für eine oder mehrere zoonotische Spillovers nach drei Jahren der Pandemie höchst problematisch. Wenn die COVID-19-Pandemie das Ergebnis des zoonotischen Überspringens von SARS-CoV-2 in Wuhan von einem Zwischenwirt ist, sollte es Hinweise darauf geben, dass SARS-CoV-2 in Tieren zirkuliert hat, bevor es auf den Menschen übergegangen ist. Stattdessen gibt es keine Hinweise darauf, dass vor den ersten Fällen beim Menschen ein Tier mit SARS-CoV-2 infiziert war.“
HELP-Ausschuss fordert Umkehr der Beweislast
Die Schlussfolgerung des dem US-Senat unterstellten HELP-Ausschuss ist durchaus bemerkenswert. Es wird darin nicht nur klar Partei für die Labor-Theorie ergriffen, sondern auch eine Umkehr der Beweislast gefordert. Unter anderem heißt es: „Basierend auf der Analyse der öffentlich zugänglichen Informationen erscheint es vernünftig, daraus zu schließen, dass die COVID-19-Pandemie höchstwahrscheinlich das Resultat eines forschungsbezogenen Zwischenfalls war. Neue Informationen, die öffentlich zugänglich und unabhängig überprüfbar sind, könnten diese Einschätzung ändern. Die Hypothese eines natürlichen zoonotischen Ursprungs verdient jedoch nicht länger den Vertrauensschutz oder die Vermutung der Richtigkeit. Die folgenden kritischen offenen Fragen müssten angegangen werden, um mit größerer Sicherheit auf die Ursprünge von SARS-CoV-2 schließen zu können:
Welches ist der Zwischenwirt für SARS-CoV-2? Wo hat dieser den Menschen zuerst infiziert? Wo ist das Virenreservoir von SARS-CoV-2? Auf welche Weise hat SARS-CoV-2 seine einzigartigen genetischen Merkmale, etwa die Furin-Spaltstelle, erhalten?
Befürworter der Theorie eines zoonotischen Ursprungs müssen klare und überzeugende Beweise dafür vorlegen, dass ein natürliches zoonotisches Spillover die Quelle der Pandemie ist, wie es auch beim SARS-Ausbruch 2002-2004 belegt wurde. Mit anderen Worten: Es muss nachprüfbare Beweise dafür geben, dass es tatsächlich zu einem natürlichen zoonotischen Spillover gekommen ist, und nicht nur, dass ein solcher Spillover möglich erscheint.“
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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