Wenn ich heute meine Geburtsstadt Augsburg besuche, erkenne ich vieles nicht wieder. Vor allem die Fußgängerzone. An guten Tagen und zu den besten Zeiten und im Kerngebiet ist sie zwar noch fast die alte. Aber nur da. Bei vielen Gelegenheiten und vor allem an den Randbereichen komme ich mir in den Straßen, die früher eine Art verlängertes Wohnzimmer waren, fremd vor. Fast ein bisschen wie in einem fremden Land. Vielleicht bin ich überempfindlich. Andererseits schreiben mir oft Leser von ähnlichen Gefühlen.
Einer der Gründe für dieses Gefühl ist ganz klar das, was man in Medien und Politik verharmlosend „Partyszene“ nennt: Gruppen von oft gewaltbereiten jungen Männern mit Migrationshintergrund. Erst gestern habe ich auf meiner Seite von der massiven Zunahme von Gewalttaten in den Stadtzentren berichtetet (siehe hier).
Umso überraschter war ich über einen Kommentar in der „Welt“ unter dem Titel „Warum so viele Menschen nicht mehr in die Fußgängerzonen zurückkehren“. Der Autor Christoph Kapalschinski nennt in dem Text, der leider hinter einer Bezahlschranke steht, die Gewöhnung an den Online-Handel zu Corona-Zeiten als Hauptgrund dafür, dass die Umsätze in den Fußgängerzonen massiv zurückgegangen sind – und auch nach Ende der Virus-Panik anders als erhofft nicht wieder deutlich steigen.
„Nur noch jeder Dritte empfindet den anstehenden Buden-Rummel als Anreiz, Geschenke in der Stadt statt im Netz zu kaufen. Laut der Beratungsfirma EY sah das vor der Pandemie noch fast jeder zweite Befragte so“, schreibt Kapalschinski: „Die Innenstadt der 1990er-Jahre ist nicht mehr zu retten – nicht durch ein weiteres Hilfspaket für Galeria Karstadt Kaufhof, nicht durch Miet-Rabatte, neue Straßenlaternen oder eben schönere Weihnachtsmärkte.“
Das Rezept, das der Autor vorschlägt: „Die Kommunalpolitik muss den Zentren neue Funktionen geben und die Bevorzugung des Handels beenden. Sie muss darauf drängen, dass Ladenflächen zu Gastronomie, Büros oder Wohnungen werden. Dafür müssen die Rathäuser Bebauungspläne ändern, Verkehrskonzepte anpassen und Nahversorgung schaffen. Das ist eine harte, aber unausweichliche Aufgabe für diejenigen Kommunen, die früher eine große Bedeutung als Einkaufsstadt für Menschen aus dem Umland hatten.“
Damit mag Kapalschinski nicht Unrecht haben. Was aber fatal ist: In keinem einzigen Wort wird in dem Kommentar eine der wichtigsten Ursachen für das Problem benannt – dass der öffentliche Raum immer mehr verkommt. Entsprechend schlagen die Leser in ihren Kommentaren unter dem Artikel dem Autor auch sein Verdrängen und Verschweigen um die Ohren.
„Der Stadtkern in Städten ist eher abstoßend, denn man hört kaum noch ein deutsches Wort, die Umgebung ist meist verdreckt und lädt nicht mehr zum Bummeln ein. Rumänische Bettelbanden treiben auch noch ihr Unwesen und man wird von denen auch noch belästigt. Lieber ein Spaziergang im Wald, denn da ist die Welt noch einigermaßen in Ordnung“, schreibt etwa Leser Dieter W. „Bei uns in Hannover kehrt keiner mehr zurück, weil die Migrationskriminalität erdrückend ist“, beklagt sich ein Kommentator unter dem Pseudonym „Singsang“.
Jörn S. schreibt provokativ: „Wenn ich nur noch mit messersicherem Kettenhemd in die Stadt kann und die Parkgebühren zweistellig sind, hilft kein Raum- und Stadtplaner. Auch kein Rat muss sich Gedanken machen zur Neuordnung von Städten. Wenn ich vormittags durch die Stadt gehe, sehe ich meine Steuergelder umherlaufen. Wenn die wahren Probleme nicht 1. klar benannt und 2. nicht klar beseitigt werden, braucht niemand sich um eine andere Städteplanung zu kümmern.“
Irene G. stößt in dasselbe Horn: „Es war einmal … früher war ich begeisterte Stadtgeherin, mindestens einmal die Woche nach Stuttgart, Königstraße, Calwer Straße, Markthalle, Sommerfest, Weindorf und Weihnachtsmarkt waren ein Muss. Eine Vielzahl an Läden und Gastronomie luden innen und außen zum Verweilen ein. Die Wandlung der Stadt in den letzten ca 10, 15 Jahren macht keine Lust mehr auf einen Stadtbummel. Jetzt leben wir in Norddeutschland, hier gibt es sie, die kleinen Städte mit Vielfalt im besten Sinne, durch die man entspannt und sicher schlendern kann – hier macht einkaufen wieder Spaß. Sind die Großstädte sicher, wird Abwechslung an Waren und Gastronomie geboten, werden die Menschen auch nach und nach wieder kommen.“
Dieter N. kommentiert die Frage aus der Überschrift, warum die Fußgängerzonen leer bleiben, bitter: „Das ‘Warum‘ ist als rhetorische Frage gemeint, oder?“ Frank B. findet: „Verwahrlosung und Kriminalität, Bettler in den Innenstädten sind auch nicht zu vernarben der Ursachenforschung. Abends unterwegs zu sein ist nicht mehr sicher.“
Gudrun W. erinnert auch an die Ausgrenzung zu Corona-Zeiten, in der manche Geschäfte ihre Kunden regelrecht schikanierten (auch diesen Aspekt blendet der Autor aus): „Mich interessieren Billigläden, Barber Shops, Halal Döner Buden sowie Shisha Bars und die entsprechende Klientel nicht. Da nehme ich gerne aus Sicherheitsgründen Abstand. Hinzu kommt, dass ich mich noch allzu gut an eine gewisse Ausgrenzung bei anderen Einzelhändlern erinnere. Mein Geld bekommt ihr nicht mehr.“ Ähnlich sieht es Thomas N.: „Ich könnte mir vorstellen, daß es mehr ‚Corona Ungeimpfte‘ gibt, als man denkt. Und diese Menschen werden sich schon noch an die Schilder erinnern, auf denen drauf stand ‚Hunde und Ungeimpfte werden hier nicht bedient‘. Bestimmt meiden viele diese Geschäfte heute noch. Und das mit Recht.“
Auch der Aspekt, dass die autofeindliche Politik Einkäufer verdrängt, wird vom Autor gänzlich vernachlässigt. Leser Bernd B. schreibt dazu: „Vielleicht sind es auch die Stadtoberen und die Geschäfte selber, die einem den Einkauf in der Innenstadt vergrämen. Vom Lande kommend müssen wir erst mit Bus und dann mit dem Zug in die Innenstadt fahren. Da wir aber unseren Wochenendeinkauf noch zusätzlich erledigen wollen, fahren wir mit dem Auto. In Konstanz steht man erst einmal im Stau bevor man, soweit die Verkehrskadetten es ermöglichen, in ein Parkhaus fahren darf.“
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