Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
Mittwoch Abend auf der A44 von Düsseldorf in Richtung Aachen zog urplötzlich eine endlos erscheinende Kette von Mannschaftswagen der Polizei an uns vorbei. Nicht in deutscher Formation, also mit 50 km/h, brav in einer Reise, rechte Fahrspur, Fähnchen am Fahrzeug, sondern energisch, schnell, immer wieder Spurenwechsel, fast, als würden sie ein Rennen fahren, wer als erster am Einsatzort ankommt. Und wo dieser Einsatzort sein wird, daran gab es in diesem Teil Nordrhein-Westfalens in dem Moment keinen Zweifel: das von den Einwohnern längst verlassene Minidorf Lützerath am Braunkohletagebaugebiet Garzweiler. Dort hausten seit Tagen wenige Hundert Klima-Extremisten und wollten mit gefährlichem Firlefanz den Lauf der Dinge aufhalten, also das Klima retten.
Wenn diese Leute in ihrer Naivität nicht so tragisch wären, fast könnte man lachen. Aber da ein kleiner Teil von reisenden Revolutions-Laiendarstellern immer bei solchen Gelegenheiten auftaucht und versucht, Randale zu machen, muss man es leider ernstnehmen. Molotow-Cocktails und Steine wurden geworfen, als die Polizei bei Kälte und Regen anrückte.
Lange Ausdauer?
Vier Wochen wollten die Klimaextremisten durchhalten und den Abriss des verlassenen Dorfes verhindern.
Am Ende waren es ein paar Stunden, bis das Dorf unter Kontrolle von Polizei und Behörden war. Klar, ein paar saßen noch ein paar Stunden auf ihrem selbstgebauten Baumhäusern, dann zog – es gibt einen Gott – Sturm auf und die Herrschaften von der Klimafront zogen warme Decken und heißen Tee der Klimarettung vor.
Da demonstrieren ein paar unermüdliche „Aktivisten“ gegen die Klimaerwärmung und werden vom Klima vertrieben, das gerade kalt ist und rauh weht. Wunderbar.
Beendeter Spuk
Also, ich will es nicht verniedlichen. Die Polizei setzte Bagger ein, um Holzhütten und Barrikaden abzuräumen. Dann stießen Einsatzkräfte auf unterirdische Gänge, in denen sich Klima-Extremisten verschanzt hatten. Mit großer Ruhe, aber konsequent beendeten die Polizeibeamten den Spuk und trugen auch noch die letzten weinenden Klima-Kämpfer davon.
Der Lützerath-Einsatz ist ein Musterbeispiel an akribischer Vorbereitung. Über Tage haben die Behörden öffentlich angekündigt, was sie machen werden, haben zu Bürgergesprächen eingeladen und die eindeutige Rechtslage erläutert. Nach der entscheiden in einem Rechtsstaat Parlamente und im Streitfall Gerichte. Das macht Länder wie Deutschland aus.
Reul vs. Faeser
Und man braucht gut ausgebildete Polizisten und einen konsequenten Politiker, der Verantwortung übernimmt. In diesem Fall Landesinnenminister Herbert Reul von der CDU, für mich neben Joachim Herrmann von der CSU Deutschlands bester Innenminister. Wenn ich mir anschaue, wie konsequent Reul gegen Organisierte Kriminalität, Rockerbanden, militante Islamisten und Neonazis vorgeht, und wenn ich mir dann Bundesinnen-Nancy anschaue, dann möchte ich weinen. Aber ihr habt ja so gewählt, wie ihr gewählt habt.
In einem demokratischen Rechtsstaat darf jeder denken und sagen, was er oder sie will. Und wenn jemand sich ungerecht behandelt fühlt, dann gibt es Gesetze und Gerichte. Und bei Wahlen entscheiden die Bürger, wie es die nächsten Jahren weitergehen soll. Gibt es da mal Fehler? Na, klar. Überall, wo Menschen was machen, kann es Fehler geben. Aber unser System, das letztens von eine esoterisch ausgerichteten Rentner-Gang gestürzt werden sollte, im äußersten Fall mit Armbrust, ist besser als jedes andere, das ich kenne. Und es lohnt sich, dieses System mit Klauen und Zähnen zu verteidigen. Gegen seine Feinde und Wirrköpfe aller Art.
Anmerkung von Boris Reitschuster: Ich sehe Deutschland in Sachen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie inzwischen wesentlich kritischer als Klaus Kelle. Aber Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Mein Video-Tipp:
Man muss es gesehen haben, wie sich die Grüne-Abgeordnete Henneberger in Sachen Lützerath und Enerie um Kopf und Kragen redet. Alles, was es dazu brauchte, war ein Journalist, der kritische Fragen stellt statt Bauchpinselei zu betreiben. Stellen Sie sich mal vor, das Beispiel würde Schule machen! ;-))
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seiner Internet-Zeitung „The Germanz“ erschienen.
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