Wenn von Geimpften kein Risiko mehr ausgeht, warum müssen sie weiter Masken tragen? Heute auf der Bundespressekonferenz

Sehen Sie hier mein Video von der heutigen Bundespressekonferenz

Die Corona-Politik der Bundesregierung stellt einen fast schon regelmäßig vor schwierige Fragen. Auch wegen ihrer Widersprüchlichkeit. Warum Geimpfte etwa von Ausgangssperren ausgenommen werden sollen, nicht hingegen von der Maskenpflicht – die ja vielerorts auch im Freien gilt und auch dann, wenn auf Straßen keinerlei Gedränge herrscht. Ich bat heute die Bundesregierung, diesen Widerspruch aufzuklären. Die Antwort lesen Sie unten. Ebenso wie meine weiteren Fragen an die Bundesregierung und ihre Antworten. Danach, wie viele der Corona-Kranken und Toten eine Impfung hinter sich haben, was die Regierung auf die Kritik der Amtsärzte an den Sonderrechten für Geimpften zu antworten hat, was mit dem Masken-Müll geschieht und wie es um die „Aktion Abendsonne“ steht.

Sonderrechte für Geimpfte

FRAGE REITSCHUSTER: Eine Verständnisfrage an Frau Nauber (Sprecherin von Jens Spahn). Es heißt, dass von Geimpften kaum noch eine Gefahr ausgeht. Deswegen werden weitreichende Erleichterungen diskutiert, etwa eine Ausnahme von der nächtlichen Ausgangssperre. Gleichzeitig bleibt aber die Maskenpflicht in Kraft. Können Sie diesen Widerspruch für mich auflösen? Danke.

NAUBER: Vielleicht möchte der Kollege vom Justizministerium anfangen.

ZIMMERMANN: Ich kann zunächst auf die Äußerungen der Ministerin verweisen. Sie hat auf der einen Seite völlig richtig gesagt:

„Die Impfung weist uns den Weg aus der Pandemie.“

Sie hat aber auch betont, dass der Erfolg der Impfung nicht bedeutet, dass wir jetzt achtlos werden dürfen. Auch bei Geimpften besteht ein Restrisiko. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass diese Anforderungen eines Abstandsgebotes und des Tragens von Masken vergleichsweise geringfügige Grundrechtseingriffe sind und häufig in Situationen erforderlich sind, in denen bei einer Vielzahl von Personen keine Kontrolle stattfinden kann, welche davon geimpft sind oder nicht. Deswegen ist es zumindest zum jetzigen Zeitpunkt vertretbar, auf diese Regelung noch nicht zu verzichten, sondern sie aufrechtzuerhalten.

NAUBER: Dem kann ich eigentlich nichts mehr hinzufügen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Verstehe ich es richtig, dass, wenn man die Maskenpflicht beibehalten will, die Gefahr nicht gegen null gehen kann? Die Maskenpflicht würde ja keinen Sinn mehr machen, wenn die Gefahr gegen null geht.

ZIMMERMANN: Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Frage verstanden habe.

Solange ein Restrisiko besteht, dass das Ausmaß hat, wie es im Moment noch besteht, soll die Maskenpflicht aufrechterhalten werden. Ich glaube, ich habe die Frage nicht ganz verstanden.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Die Frage war: Wenn die Gefahr gegen null geht, wenn man also sagt „Es ist keine Gefahr“, wie ist es dann aus verfassungsrechtlicher Sicht rechtfertigbar, dass man diese Pflicht noch bestehen lässt? In meinen Augen entweder oder. Das war die Frage.

ZIMMERMANN: Sollte das Risiko ganz ausgeschlossen sein, was im Moment nicht der Fall ist, dann wäre auch die Maskenpflicht nicht mehr aufrechtzuerhalten. Aber da sind wir im Moment nicht.

SEIBERT: Sie sind doch auch immer dabei, wenn Herr Professor Wieler hier zusammen mit dem Gesundheitsminister auftritt. Das RKI hat sich doch genau dazu geäußert. Auch bei geimpften und genesenen Personen bleibt ein individuelles Restrisiko. Ich kann es Ihnen hier nicht quantifizieren, aber es ist erheblich geringer als bei jemandem, der weder geimpft noch genesen ist. Deswegen sind wir eben nicht bei null, und deswegen ist der Appell und auch die Aufforderung, weiterhin Abstandsgebote einzuhalten und Masken zu tragen, nicht nur gesundheitspolitisch sinnvoll, sondern auch zumutbar.

Anteil der Geimpften an Corona-Fällen

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Nauber, gibt es Erhebungen darüber, wie viele Prozent der positiv Getesteten, der in Krankenhäuser Eingelieferten und der an COVID-19 Verstorbenen geimpft sind? Wenn ja, welche, und wenn nicht, warum nicht?

NAUBER: Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen. Ich kann gern schauen, ob es Daten darüber gibt.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Können Sie das nachreichen?

NAUBER: Wenn es dazu Daten gibt, dann kann ich dazu gern etwas nachreichen.

Kritik der Amtsärzte

FRAGE REITSCHUSTER: Teilweise hat Herr Seibert meine Frage schon beantwortet. Es geht um eine Kritik des Verbandes der Amtsärzte. Er hat gesagt, die aktuelle Impfdokumentation sei nicht fälschungssicher, darum mache es keinen Sinn, solange man das nicht fälschungssicher habe.

Der zweite Kritikpunkt war, dass durch eine Ausnahme von der Einreisequarantäne und möglicherweise von der Testung Mutanten eingeschleppt werden könnten. Das sagt der Verband der Amtsärzte.

Wie stehen Sie zu diesen Kritikpunkten?

SEIBERT: Zu der Frage der Fälschungen habe ich mich gerade geäußert. Es gibt immer ein Missbrauchsrisiko. Deswegen ist der digitale Weg sicherlich der, den wir gehen wollen. Dazu hat die Kollegin etwas gesagt. Mir ist es aber trotzdem wichtig, dass Menschen nicht in irgendeiner Weise das Gefühl bekommen, es handele sich dabei um ein Kavaliersdelikt, sondern es ist Urkundenfälschung und strafbar.

ZIMMERMANN: Zu der Fälschungsfrage habe ich insoweit keine Ergänzung. Dem kann ich mich anschließen.

Richtig ist, dass man die Entwicklung von Virusvarianten im Blick behalten muss. Dass man das fortlaufend beobachten muss, ist in der Verordnung auch ausdrücklich festgehalten, etwa in der Begründung. Es gibt aber eben auch Ausnahmen von den sogenannten Absonderungspflichten, also von der Quarantäne, wenn man Kontakt zu einer Person hatte, für die der Nachweis besteht, dass sie mit einer Virusvariante, die in Deutschland noch nicht verbreitet ist, infiziert ist oder wenn es um eine Einreise aus einem Virusvariantengebiet dieser Kategorie geht. Das ist in der Verordnung berücksichtigt worden.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Herr Seibert, Sie haben die erste Frage mit einem Appell nur teilweise beantwortet. Die Forderung der Amtsärzte ist, zu warten, bis es fälschungssicher und auch klar erkennbar ist. Wie stehen Sie zu dieser Forderung?

SEIBERT: Ich denke, die Justizministerin hat sich dazu vielfach geäußert. In dem Moment, in dem die wissenschaftlichen Erkenntnisse ergeben, dass von einer geimpften oder genesenen Person nur noch ein deutlich minimiertes Risiko ausgeht, muss eine Regierung, muss ein Staat darüber nachdenken, ob Grundrechtseinschränkungen, um solche handelt es sich bei Ausgangs- und Kontaktsperren ja, noch vertretbar sind und noch aufrechterhalten werden können. Genau deswegen haben wir in dieser Verordnung diese Ausnahmen beschlossen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
Bild: Boris Reitschuster
Text: br

Weitere Dialoge auf der Bundespressekonferenz:

Masken-Müll

FRAGE REITSCHUSTER: Ich habe eine Frage an das Umweltministerium zum Thema „Abfall von Masken“. Es gab immer wieder Berichte mit dem Titel „Ärger um Entsorgung“. Haben Sie da ein Monitoring? Wie beobachten Sie das? Welches Resultat gibt es da?

FICHTNER: Wir monitoren nicht als Selbstzweck. Zu Masken kann ich sagen: Die sollten Sie bitte im Restmüll entsorgen. Dann werden sie rückstandsfrei verbrannt. Recycling ist gut, Recycling von Coronaviren ist schlecht.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Die Frage war aber auch, ob Sie es beobachten. Haben Sie Erkenntnisse, wie groß das Problem ist, inwieweit das eingehalten wird, weil es immer wieder Berichte gab, dass es Probleme gibt? Sind Ihnen die bekannt? Was machen Sie dagegen?

FICHTNER: Wir haben keine Mitarbeiter, die jetzt Masken zählen, die irgendwo in der Umwelt landen. Die haben wir nicht. Das würde auch nichts bringen. Unser Appell ist: Bitte werfen Sie die gebrauchten Coronamasken in den Restmüll.

Operation Abendsonne

FRAGE REITSCHUSTER: An Herrn Seibert: Es gibt Berichte, wonach jetzt noch 71 Beamte vor der Wahl befördert werden. Daran gibt es Kritik. Man nennt das „Operation Abendsonne“ und sagt, da würden einfach noch einmal Karrieren gefördert. Können Sie zu dieser Kritik in den Medien kurz Stellung nehmen?

SEIBERT: Dazu ist ja schon Stellung genommen worden. Ich kann Sie auf das verweisen, was einzelne Ministerien dazu bereits der Presse zugeleitet haben. Auswahlentscheidungen bei Stellenbesetzungen finden entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgaben nach einer Bestenauslese statt. Da zählen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung. Gerade der Vergleich mit dem Jahr 2019 verdeutlicht: Die Zahl der bisher in diesem Jahr vorgenommenen Beförderungen ist nicht ungewöhnlich. Ansonsten weiß ich jetzt nicht, was Sie dazu konkret von mir hören wollen. Ministerium für Ministerium kann darauf antworten.

Ich kann Ihnen für das Bundeskanzleramt, für das Bundespresseamt, für die Kulturstaatsministerin sagen, dass das Kanzleramt frei werdende Arbeitsplätze bedarfsgerecht besetzt, um sicherzustellen, dass die Aufgaben des Hauses qualifiziert erfüllt werden können. In diesem Zusammenhang erfolgen Beförderungen aber, wie ich gerade gesagt habe, unter Beachtung der personalrechtlichen und der haushaltsrechtlichen Vorgaben. Entsprechende Entscheidungen stehen jeweils am Ende vorbereitender Verfahren. Zu konkreten Personalangelegenheiten und einzelnen Stellen äußern wir uns wie üblich nicht. Das ist das, was ich Ihnen für Bundeskanzleramt, Bundespresseamt und die Kultur- und Medienbeauftragte sagen kann.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Will sich die Kanzlerin aufgrund der Vorwürfe das noch einmal anschauen?

SEIBERT: Ich habe dazu jetzt für das Kanzleramt Stellung genommen. Es gibt dazu jetzt von mir aus nicht mehr zu sagen.

HELMBOLD: Ich hätte eine Ergänzung für das Verteidigungsministerium, gerade auch weil die Berichterstattung nicht das abbildet, was wir auch an Informationen zur Verfügung gestellt haben. Ich möchte zur Berichterstattung sagen: Alle Stellen, die in Rede stehen, werden grundsätzlich intern besetzt, sprich, es ist kein neues Personal eingestellt worden. Außerdem muss man betonen: Die Prüfung von Personalbedarf ist ein kontinuierlicher Prozess bei allen Ressorts, und wir müssen dabei zum Beispiel berücksichtigen, ob neue Aufgaben für das BMVg hinzukommen oder ob sich der Umfang ändert. Beispiele haben wir bei uns auch. So ist zum Beispiel die Beteiligung an der Hensoldt AG eines von den Dingen, die dann auch neue Fachaufsichtserfordernisse bedeuten. Wir haben außerdem noch mit der Aufarbeitung eines Untersuchungsausschusses zu tun, wo wir auch ganz klare Aufträge haben, Fachaufsichtsfunktionen zu stärken. Die führen dann zu neuen Aufgaben, die wiederum gegebenenfalls zu neuen Stellen führen.

Was ich auch noch hinzufügen muss: Einige von diesen Stellen, die hier in Rede stehen, sind auch umgewidmet worden. Das bedeutet, dass wir militärische Dienstposten auch wieder in den Bereich des Militärs zurückführen wollen und sie im Ministerium in zivile Stellen umgewandelt haben. Das bedeutet, dass in Teilen den Stellen, die neu geschaffen worden sind, auch Stellen, die im gleichen Zuge abgeschafft worden sind, gegenüberstehen. Das Ganze rundet dann das Bild ab und würde auch zu einer vollkommen anderen Schlussfolgerung führen.

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