Von Kai Rebmann
Der Skandal um den offenbar „politisch gewünschten“ Corona-Alarmismus in Dauerschleife machte in diesen Tagen selbst in den ansonsten so linien-, sprich regierungstreuen Medien die Runde. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil ein weiteres Verschweigen und Unter-Den-Teppich-Kehren angesichts der Faktenlage schlicht zwecklos erscheinen.
Worüber die meisten Kollegen aktuell weniger gern sprechen bzw. schreiben: Der Kurs einer möglichst harten Maßnahmen-Politik der Fraktion um Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie die beiden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) wurde erst durch das eigene Stillhalten ermöglicht, zumindest aber maßgeblich begünstigt. Und das sogar noch unter Missachtung – um nicht zu sagen: Verrat – aller journalistischen Grundsätze.
Majestätsbeleidigung auf der Bundespressekonferenz
Rückblick: Im Januar 2021 war es Boris Reitschuster, der Angela Merkel auf der Bundespressekonferenz in die Mangel nahm und der damaligen Kanzlerin dadurch schon vor dreieinhalb Jahren das Eingeständnis entlockte, worüber jetzt alle so entsetzt tun. Auf die Frage nach der Grundlage für den stringenten Corona-Kurs der Bundesregierung musste Merkel einräumen: „Es gibt in dem Ganzen auch politische Grundsatzentscheidungen, die haben mit Wissenschaft nichts zu tun. […] Mit der Einladung von bestimmten Wissenschaftlern wollen wir auf bestimmte Fragen, die uns interessieren und die nicht politischer Natur sind, Antworten bekommen.“
Mit anderen Worten: Man hat sich ganz bewusst nur mit solchen „Experten“ umgeben, die die politisch gewünschten Ratschläge erteilen würden.
Ironischerweise waren es aber eben solche kritischen Nachfragen von Boris Reitschuster, die wenige Monate später unter Angabe fadenscheiniger Gründe zu dessen Ausschluss aus der Bundespressekonferenz führten. Doch auch damit noch nicht genug: Anstatt ihrem Kollegen zur Seite zu springen, sprangen zahlreiche Vertreter der selbsternannten „Qualitätsmedien“ als Trittbrettfahrer auf diesen Zug auf und feierten den Ausschluss Reitschusters regelrecht.
Verrat an journalistischen Grundsätzen
Als besonders anschauliches Beispiel sei hier die „Süddeutsche Zeitung“ vorgestellt. Am 29. Dezember 2021 leitete die SZ einen Artikel hinter der Bezahlschranke mit der Überschrift „Bundespressekonferenz: Störsender“ wie folgt ein: „Die Bundespressekonferenz ist einzigartig: Journalisten befragen und kontrollieren dort die Regierung. Doch manche missbrauchen die Veranstaltung für Propaganda und Verschwörungsmythen.“
Tatsächlich ist es ein wahres Kunststück, in nur zwei Sätzen so viel Selbstentlarvung und Irreführung der eigenen Leser unterzubringen.
Punkt 1: Was die SZ ihrem Publikum hier als „einzigartig“ suggeriert – die Befragung und insbesondere Kontrolle (!) der Regierung – ist der eherne Grundsatz und die klassische Arbeitsplatzbeschreibung eines jeden Journalisten. Zumindest war das bis vor einigen Jahren noch so.
Punkt 2: Wer hier mit „Störsender“ und „manche“ gemeint ist, die angebliche „Propaganda und Verschwörungsmythen“ verbreiten, ist offenkundig. Tatsache ist aber, dass es Journalisten wie Boris Reitschuster waren, die auf der Bundespressekonferenz stets den Finger in die Wunde gelegt haben, während die Fragen vieler anderer Kollegen eher einem Bewerbungsschreiben als künftige Regierungssprecher glichen.
Punkt 3: Wie wir heute wissen, haben sich die auf der Bundespressekonferenz durch den Inhaber dieser Seite geäußerten „Verschwörungsmythen“ in nicht geringem Umfang bestätigt. Seien es die Fragen zur Maskenpflicht, zu Schulschließungen oder nicht zuletzt zur Impfpflicht: eine wissenschaftliche Evidenz zu all diesen und weiteren Fragen gab es nie, jedenfalls nicht zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt. Sie wurden von den Verantwortlichen deshalb erlassen, weil sie es konnten – dank der freundlichen Unterstützung wohlgesonnener „Journalisten“.
Es ist nur folgerichtig, wenn Wolfgang Kubicki (FDP) jetzt schon ampelintern den Rücktritt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach fordert oder so etwas wie eine zaghafte, zumindest mediale Aufarbeitung der Corona-Jahre in die Gänge zu kommen scheint. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dies alles um Jahre zu spät kommt, da die warnenden Stimmen zur entscheidenden Zeit nicht nur überhört, sondern geflissentlich ignoriert worden sind.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Screenshot Video Boris ReitschusterBitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.
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