Wie unsere Medien die RKI-Protokolle herunterspielen Die krassesten Beispiele

Die gute Nachricht vornweg – es gibt sie noch, die „Gallischen Dörfer“ unter unseren großen Medien. Allen voran in Sachen Corona die „Berliner Zeitung“. Sie hat den Mut, von der Staatslinie abzuweichen in Sachen Corona. Und jetzt sogar so weit zu gehen, die Kollegen offen zu kritisieren für ihren Umgang mit den Themen – und den RKI-Files, die jetzt in vollem Umfang geleakt wurden (siehe hier).

Tatsächlich fällt auf, wie die Mehrzahl der großen Medien – wenn auch nicht alle – versuchen, den handfesten Skandal herunterzuspielen. Dabei enthalten die Unterlagen zahlreiche politische Bomben. Die fünf größten habe ich heute in einem eigenen Artikel ausgeführt (siehe hier). Wobei noch heftigere jederzeit dazukommen können, wenn man beachtet, dass es sich um Tausende von Seiten handelt.

Hinzu kommt, dass es offenbar Unterschiede gibt zwischen der Version der RKI-Files, die von den Behörden aufgrund eines Gerichtsbeschluss widerwillig freigegeben wurden – und denen, die nun ein Insider an eine Journalistin durchgestochen hat. Das wirft zahlreiche Fragen auf (siehe hier). Die aber in den meisten großen Medien gar nicht erst gestellt werden.

„Was ist los mit den deutschen Leitmedien?“, wundert sich die Kollegin Ruth Schneeberger in der „Berliner Zeitung“ in ihrer Überschrift. Und weiter: „Dass es nun weiterer Anstrengungen bedarf, um die offensichtlichen Widersprüche zu klären, die sich aus den RKI-Protokollen ergeben, liegt auf der Hand… Doch was tun große Teile der Presse, deren ureigenste Aufgabe es nun wäre, sich die Protokolle genauer anzuschauen? Sie wiegeln ab. Zunächst war auffällig, dass den ganzen Tag lang nach Erscheinen der neuen RKI-Files außer kleineren oder Alternativmedien kaum jemand berichtete, obwohl es eine – wenn auch sehr kurzfristig einberufene – Pressekonferenz dazu gab, die in Berlin etwa in Laufweite zum ARD-Hauptstadtstudio stattfand.“

„Erst am Abend berichteten die ersten Medien und auch die dpa zögerlich – und merkwürdig verdreht“, stellt Schneeberger zu Recht fest: „Anstatt erst mal die Neuigkeiten zu verkünden, lauteten die ersten Meldungen, so auch beim ZDF: Das RKI sei empört über die Leaks. Damit wurde schon mal gegen die erste journalistische Grundregel verstoßen, zuallererst die Fakten zu benennen: nämlich dass es überhaupt solche Leaks gegeben hat, von wem sie stammen und was darin zu finden ist.“

Weiter schreibt Schneeberger: „Die ARD berichtete dann zwar in der ‘Tagesschau‘ anderthalb Minuten über die RKI-Files und ließ auch kritische Stimmen zu Wort kommen. In dem gesamten Beitrag wurde aber nicht einmal der Name der Journalistin genannt, die das Ganze initiiert hatte. Das ist unseriös.“

Ich finde, damit tut Schneeberger der ARD zu viel Ehre. Ich halte den Tagesschau-Beitrag für ein Propaganda-Stück – und bringe unten extra für Sie die Transkription, damit Sie sich selbst ein Bild machen können – ob meine strenge Interpretation oder die großzügige der Kollegin Schneeberger Ihnen zusagt.

Doch auch Schneeberger kritisiert die ARD weiter:  „Offenbar war es dem öffentlich-rechtlichen Sender wichtiger, vorab online einen sogenannten Faktencheck zu veröffentlichen, in dem auf die schon während der Pandemie bewährte Weise alle Zweifel an der Rechtschaffenheit der Maßnahmen zerstreut wurden.“

Die privaten Medien arbeiteten aber nicht besser als die gebührenfinanzierten. „Am gestrigen Mittwoch dann bequemten sich auch die größeren Print- und Leitmedien, sich zu der Sache zu äußern – nachdem sie mit den Hauptkritisierten gesprochen und diese ihnen versichert hatten, es gebe keinerlei Anlass zur Sorge“, so Schneeberger: „Anstatt aber diese erwartungsgemäßen Sprechblasen zu hinterfragen, schließen sich Teile der Leitmedien diesen Narrativen einfach an – wie auch schon oft genug während der Pandemie.“

Besonders auffällig sei das in einem Text der „Süddeutschen Zeitung“ vom gestern, so die Kollegin, die früher selbst für das Blatt gearbeitet hat. Schon Überschrift und Vorspann zeigen, woher der Wind weht: „Es gibt da nichts zu verbergen“ und „Und wo ist jetzt der Skandal?“.

In dem Text springt dann „Christina Berndt, die etwa während Corona sehr oft im Fernsehen für die Impfung warb und dabei versicherte, es könne keine Langzeitwirkungen geben und man müsse daher auch keine Angst vor schweren Nebenwirkungen haben, und die trotzdem zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres 2021 gewählt wurde, vor allem dem Berliner Charité-Virologen Christian Drosten zur Seite“, wie Schneeberger darlegt: . „Der gerade zusammen mit dem (mit der SZ einst verbandelten) Investigativjournalisten Georg Mascolo ein Buch zur Aufarbeitung geschrieben hat.“

Erstaunliche Verbindungen.

Drosten könne sich nicht erklären, wie das Zitat, dass ungezielte Testungen nicht zielführend seien, in die RKI-Protokolle gelangte.

In dem Artikel erfahren wir auch, es sei schon lange bekannt gewesen, dass das RKI ein Problem mit dem Nutzen von Masken habe.

Wie bitte? Ich war in der betreffenden Zeit in der Bundespressekonferenz, wo regelmäßig auch RKI-Chef Wieler auftrat. Und die Masken stets eisern verteidigte.

In dem Artikel wird dann auch noch Karl Lauterbach zitiert. Mit der Aussage, es sei richtig, nicht allzu viel auf das Robert-Koch-Institut als beratende Behörde zu hören.

Da wäscht offenbar eine Hand die andere. Lauterbach verlinkte den Artikel der „Süddeutschen“ auf X mit einem Lob: „Ein weiterer sehr differenzierter Artikel @sz von ⁦ @ChristinaBerndt zu den ⁦ @rki_de Protokollen.“

Da haben sich zwei gefunden!

Auch beim „Spiegel“ ist ein langer Artikel zu finden unter der Überschrift „Worum es in der Diskussion über die Pandemie der Ungeimpften geht“, der nichts anderes ist als eine große Nebelkerze. Das Verdikt von Schneeberger: „Der Text legt aber vor allem sehr ausführlich dar, wer außer Jens Spahn (CDU) als damaliger Gesundheitsminister noch alles den bösen Satz von der angeblichen Pandemie der Ungeimpften geäußert habe… Es geht in diesem Text um fast nichts anderes als darum, wer wann diesen Satz gesagt hat – und das Hamburger Magazin hilft Karl Lauterbach sogar dabei, so zu tun, als hätte nur sein Vorgänger Spahn dieses Narrativ verbreitet und nicht auch er selbst.“

„Warum tun diese Leute das? Warum biedern sie sich so an die Politik an und verbreiten Narrative, die ihnen helfen, sich aus der Affäre zu ziehen?“, fragt Schneeberger: „Obwohl genau das Gegenteil ihre Aufgabe wäre? Nämlich als vierte Gewalt die Entscheidungsträger aus der Politik zu kontrollieren und kritisch zu hinterfragen, anstatt wie eine PR-Abteilung für die Regierenden zu fungieren? Was ist passiert mit diesen deutschen Leitmedien, die einst so unerschrocken das ‘Sturmgeschütz der Demokratie‘ (im Falle des Spiegel) verkörperten und keine Angst davor, sondern eher Spaß daran hatten, sich mit den größten Playern im Politbetrieb anzulegen (wie eigentlich jahrzehntelang die SZ)?“

Die Erklärung der Kollegin: „Es liegt hier wohl daran, wie diese Medien selbst sich während der Pandemie verhalten haben und dass viele der dortigen Journalisten bis heute nicht wahrhaben wollen, dass sie vielleicht in der einen oder anderen Einschätzung, in der sie offenbar fragwürdigen Experten gefolgt sind, grundfalsch lagen. Dabei ist Irren menschlich und kommt täglich vor; wir alle machen Fehler. Man sollte allerdings gerade als Journalist in der Lage sein, seine eigene Einschätzung, die Weltlage, die Quellen, die Experten, politische Akteure und auch wissenschaftliche Erkenntnisse immer wieder neu zu hinterfragen.“

Leider trifft das offenbar auf viele Kollegen – und auch Politiker – nicht zu.

Schneeberger legt den Finger noch weiter in die Wunde: „Und da ich weiß, dass sich dieselben teils schwerst Impfgeschädigten auch an andere Verlage und Fernsehstationen Hilfe suchend gewendet haben, dort aber in der Mehrzahl abgewiesen oder ignoriert wurden, frage ich mich: Was ist da los? Wie kann man es erstens übers Herz bringen, diese oft schweren und schlimmen Schicksale zu ignorieren, und zweitens wie zuvor weiterzumachen mit der Berichterstattung über die angeblich so sicheren und wirksamen Impfstoffe und die Unhinterfragbarkeit der Maßnahmen?“

Die Kollegin ist dann mutig genug, ihre Kritik nicht auf das Phänomen Corona zu begrenzen: „Nichtsdestotrotz lässt sich dieser Trend auch abseits von Corona beobachten, und hier auch eher über die politischen Lager hinweg: Gerade die großen Medien und der ÖRR, die eigentlich aufgrund ihrer personellen und finanziellen Kapazitäten in der Lage wären, besonders gute unabhängige journalistische Arbeit zu leisten, scheinen in vielen großen Debatten unserer Zeit zu versagen und sich immer öfter an von der Regierung vorgegebene Narrative zu klammern und sie bisweilen bis aufs Blut – auch gegen Leser oder Zuschauer – zu verteidigen.“

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Whisteblower an eine unabhängige Journalistin wandte und nicht, wie früher in solchen Fällen üblich, an eines der großen Medien. Ein User auf X schrieb dazu sarkastisch: „Guten Tag, liebe Leser. Wir haben während der Corona-Krise als Kritiker und Korrektiv staatlicher Entscheidungen versagt und beschlossen, dieses Versagen bis heute zu verschleiern. Wir befinden uns in Abwicklung. Wir werden ersetzt durch kleinere unabhängigere Formate.“

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Außer einem großen Dankeschön an die Kollegin Schneeberger.

Die Tagesschau vom 25. Juli 2024 über das RKI-Leak (siehe hier):

Moderatorin:
In der Zeit der Corona-Pandemie kam dem Robert-Koch-Institut eine zentrale Rolle bei der Eindämmung des Virus in Deutschland zu. Jetzt hat eine freie Journalistin Dokumente des RKI veröffentlicht. Sie gab an, es handele sich die Sitzungsprotokolle des Krisenstabs aus der Zeit zwischen 2020 und 2023. Bereits im Frühjahr waren RKI-Dokumente offengelegt worden. Dass darin zunächst einige Passagen geschwärzt waren, hatte für Diskussionen gesorgt.

Sprecherin 1:
Nur für den Dienstgebrauch waren die Sitzungsprotokolle des RKI-Krisenstabs eigentlich bestimmt. Rund 4.000 Seiten, seit heute Morgen nun, sind sie vollständig und ungeschwärzt online. Ein früherer Mitarbeiter des Robert-Koch Institutes soll diese einer freien Journalistin zugespielt haben. Namen von RKI-Mitarbeitenden nun lesbar, auch Details etwa zur Impfung oder zur Notfallzulassung.

Gerd Antes, Medizinstatistiker:
Und letztlich waren es immer völlig eindeutige Entscheidungen, aber die Komplexität des Geschehens, die kam nie an die Öffentlichkeit und das ist jetzt damit noch mal geliefert worden.

Sprecherin:
Bisher hatte das RKI lediglich einen Teil der internen Dokumente nach einer Klage offengelegt. Zu den geleakten Files heute heißt es, man habe diese bisher weder geprüft noch verifiziert. Unabhängig davon wolle man selbst alle Dokumente so schnell wie möglich veröffentlichen.

Martin Stürmer, Virologe:
Man sollte damit offen umgehen, was damals intern auch besprochen worden ist. Da stecken jetzt keine Böswilligkeiten dahinter, sondern das ist der offene Umgang mit den Fakten, die man zu den entsprechenden Zeitpunkten einfach nur hatte. Und ich glaube, dann würde das Dilemma, in dem die Politik gestanden hat, auch deutlich klarer zum Ausdruck kommen.

Sprecherin:
Viele Fragen sind hinsichtlich der Corona-Maßnahmen noch ungeklärt. Man müsse, so der Virologe, systematisch aufarbeiten, aus den Fehlern der Pandemie zu lernen.

Moderatorin
Weitere Einzelheiten und Hintergründe zu den RKI-Dokumente finden Sie auf tagesschau.de.

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