Willkommen in der Bundeszensurkonferenz Journalisten gegen Pressefreiheit

Eine Philippika von Alexander Fritsch

Warnhinweis:
Der folgende Beitrag ist für Mitglieder der Bundespressekonferenz (BPK) nicht geeignet. Er enthält nackte Tatsachen, eindeutige Positionen und eine normale Sprache, die den journalistischen Leser der Wirklichkeit aussetzen und dadurch sein Wohlbefinden beeinträchtigen könnten. Vorstand und Mitgliedern der BPK sollte der Text nur unter Anleitung eines Vorgesetzten und in Anwesenheit eines Anwalts zugänglich gemacht werden.

Dies ist ein Bericht über den schier unglaublichen Versuch einer deutschen Journalistenorganisation, die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit in Deutschland zu beschneiden.

Bevor wir zum Kern der Sache vorstoßen, wollen wir ganz kurz das Feld ein wenig bestellen – damit wir nachher den wirklich unfassbaren Vorgang in seiner ganzen Pracht auch voll erfassen können. Also:

„Benchmarking“ heißt übersetzt so viel wie „Maßstäbe vergleichen“

Das ist in der freien Wirtschaft eine weltweit anerkannte Methode, um zu überprüfen, wo man mit einem Produkt im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten so steht.

Man kann nicht nur Waren und Dienstleistungen „benchmarken“, sondern auch alles andere. Wenn man zum Beispiel wissen will, ob man gerade beleidigt wurde, dann kann man überprüfen, was in Deutschland nach aktueller Rechtsprechung als zulässige Meinungsäußerung gilt – und was nicht mehr.

„Stück Scheiße“ und „Geisteskranke“

So darf man die Grünen-Politikerin Renate Künast bezeichnen. Jedenfalls hat das Landgericht Berlin entschieden, dass das unter die Meinungsfreiheit fällt – ebenso wie:

  • hohl wie ein Schnittlauch
  • krank im Kopf
  • Drecksschwein
  • Fresse polieren
  • perverse Drecksau.

In einem ersten Urteil hatte das Gericht auch noch andere Äußerungen (u. a. „Drecksfotze“) gebilligt. Das wurde im Beschwerdeverfahren dann aber zurückgenommen.

„Faschist“

So darf man den AfD-Politiker Björn Höcke nennen. Jedenfalls hat das Verwaltungsgericht Meiningen entschieden, dass das unter die Meinungsfreiheit fällt. Deren Schutz stehe über dem ehrverletzenden Charakter, den die Bezeichnung „Faschist“ haben könne.

Man darf getrost annehmen, dass hauptberufliche Hauptstadtkorrespondenten in Berlin diese Urteile kennen. Sie müssen sie kennen: Denn die Verfahren waren naturgemäß politisch hochbedeutsam, hatten sogar international erheblich Staub aufgewirbelt und betrafen außerdem einen Kernbereich der bundesdeutschen Grundrechte: die Meinungsfreiheit.

Damit kommen wir vom Benchmarking zum Zusammenschluss der hauptberuflichen Hauptstadtkorrespondenten in Berlin: der „Bundespressekonferenz e. V.“, kurz: BPK. Als eingetragener Verein ist die BPK steuerbegünstigt.

„Zweck des Vereins ist es, Pressekonferenzen zu veranstalten und seinen Mitgliedern Möglichkeiten einer umfassenden Unterrichtung der Öffentlichkeit zu verschaffen. Soweit es dazu erforderlich erscheint, vertritt der Verein auch die Interessen seiner Mitglieder.“

(Bundespressekonferenz e. V. – Satzung, § 3)

Nicht erst, aber vor allem seit Amtsantritt von Angela Merkel als Bundeskanzlerin steht die BPK zunehmend in der Kritik. Von Jahr zu Jahr deutlicher zeigt sich in den Pressekonferenzen, dass deutsche Hauptstadtkorrespondenten sich immer mehr auf die Seite der Regierung schlagen, statt sie mit der professionell gebotenen Distanz und Skepsis zu hinterfragen.

Regierungsvertreter und Medienvertreter haben sich zu einem polit-medialen Kartell zusammengefunden. Journalisten sind nicht mehr Kontrolleure der Politik, sondern deren Propagandisten. Auf den Pressekonferenzen der BPK hat man den fatalen Eindruck:

Überall im Saal nur noch Regierungssprecher

Ausländische Korrespondenten, in deren Heimatländern Journalisten ihre kritische Kontrollfunktion gegenüber den Mächtigen noch ernst- und wahrnehmen, wundern sich immer öfter über ihre deutschen „Kollegen“ und deren geradezu unterwürfige Ergebenheit gegenüber der Politik.

Die regierungstreuen Truppen der BPK belassen es aber nicht dabei, das kritische Hinterfragen der Regierung sozusagen auf null herunterzudimmen. Vielmehr gehen sie dazu über, kritische Fragen in den Pressekonferenzen zu stigmatisieren und den Fragestellern – vor allem Boris Reitschuster – deren Arbeit massiv zu erschweren.

Von der BPK wird es BPK-Mitgliedern schwer gemacht, den satzungsgemäßen Vereinszweck der BPK zu erfüllen

Besonders tun sich dabei Mitarbeiter der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hervor. Die hat sich inzwischen nicht nur vom journalistischen Berufsethos verabschiedet, indem sie die Selbstdeformation zum Zentralorgan der deutschen Merkelisten zuließ, sondern sie hat sich auch aller lästiger zivilisatorischer Anstandsregeln entledigt.

Im stillen – oder womöglich auch nicht ganz so stillen – Einvernehmen mit dem BPK-Vereinsvorstand hat die SZ eine, man kann es nicht anders nennen, Diffamierungskampagne namentlich gegen Boris Reitschuster gestartet. Offenkundiges Ziel ist es, den inzwischen fast einzigen offen regierungskritischen deutschen Hauptstadtkorrespondenten aus der BPK zu mobben.

Unterstützt wird die SZ bei diesem durchweg ekligen Geschäft vom Blogger Tilo Jung. Das ist ein Berufsjugendlicher, dessen Geschäftsmodell vorwiegend darin besteht, seine nicht vorhandene politische und historische Bildung zu Geld zu machen – zum Beispiel, indem er bei Twitter allen Ernstes erklärte, in der DDR sei ein „rechtes“ Regime an der Macht gewesen.

Genau dieser Knilch erklärt nun, Boris Reitschuster sei kein Journalist

Die Schmähartikel und offenen Briefe, die sich offensichtlich vor allem gegen Reitschuster richten, sind dem BPK-Vorstand natürlich bekannt – ganz sicher sogar: Denn BPK-Vorstandsmitglieder, die vereinsrechtlich eigentlich auch die Interessen ihres Mitglieds Boris Reitschuster zu vertreten haben, gehören zu den Unterzeichnern.

Nun hat Reitschuster insgesamt 15 Jahre lang als Korrespondent in Moskau gelebt, die meiste Zeit davon unter Putin. Und er war immer und überall ein unabhängiger Journalist. In Russland erhielt er mehrfach Morddrohungen, die man als kritischer Medienmensch dort bekanntermaßen durchaus ernst nehmen sollte.

Entsprechend abgehärtet ist der Mann, das haben inzwischen auch die SZ und Tilo Jung feststellen müssen. Weil es nun so gar nicht gelingen will, Reitschuster aus der BPK zu vertreiben, hat sich der Vorstand der Bundespressekonferenz in Berlin etwas Neues einfallen lassen:

Jetzt versucht man, Reitschuster juristisch zu verfolgen

Freilich geben Reitschusters eigene Texte da nichts her, denn der Mann arbeitet sauber. Also haben die BPK-Vereinsmeier nach unten gescrollt: zu den Leserkommentaren. Auch für die ist, rein rechtlich, der Betreiber eines Blogs in gewisser Weise mit verantwortlich. Zumindest muss er dafür sorgen, dass bestimmte Kommentare – in denen etwa zu Straftaten aufgerufen wird oder die echte Beleidigungen enthalten – angemessen schnell gelöscht werden.

Nun sind aber auch Reitschusters Leser weit überwiegend absolut wohlerzogene und kultivierte Menschen, entsprechend erfolglos blieben die BPK-Fahnder. Und weil sich so gut wie nichts fand, was von Rechts wegen wirklich eine Löschaufforderung gerechtfertigt hätte, wechselte man im Vereinsvorstand die Taktik.

Man markierte in den Leserkommentaren nun einfach fast alles, was sich irgendwie kritisch mit der Bundespressekonferenz befasste – und verlangt von Boris Reitschuster jetzt, all diese Kommentare zu löschen. Oder anders:

Mit steuerlicher Förderung führt der Verein in eigener Sache einen Feldzug gegen die Meinungsfreiheit

Wie gnadenlos absurd das ist, zeigt ein Blick auf die Wörter, von denen der BPK-Vorstand will, dass sie von Boris Reitschusters Blog gelöscht werden. Ein Auszug:

  • Zottel (über Tilo Jung)
  • Honks
  • Systemstricher
  • sozialistische Journalistentruppe
  • „Merkt euch die Namen“
  • Hofschranzen
  • Hofberichterstatter
  • Schreiberlinge
  • widerlich
  • charakterlos
  • Hofnarr (über Tilo Jung)
  • gestörte Vögel
  • Deppen
  • intrigante Schlangengrube
  • Propagandisten
  • Lügenpresse
  • Selbstdarsteller, arme Sau (über Tilo Jung)
  • geistige Kleingärtner
  • eierlose Kollegen
  • Schreiberlinge
  • bemitleidenswerte Kreaturen aus dem Enddarm der Regierenden
  • linksversifft
  • Kasperletheater
  • geistige Umnachtung
  • Marionetten der Regierung
  • neidische „Kollegen“
  • hohle Phrasen-Show.

Jeder Anwalt hat jetzt Atemnot vor Lachen.

Sehen wir einmal davon ab, dass ich persönlich einiges davon aus Stilgründen nicht unbedingt sagen oder schreiben würde (obwohl es zuweilen durchaus witzig ist): Meint der BPK-Vorstand allen Ernstes, diese Meinungsäußerungen seien verboten? Oder man müsste sie verbieten? Oder man könne verlangen, sie zu löschen?

Ernsthaft jetzt?

Welche Vorstellung von Artikel 5 unseres Grundgesetzes und der Meinungsfreiheit hat die Bundespressekonferenz eigentlich? Ein Grundrecht, für das Generationen von Menschen leidenschaftlich gekämpft haben – in einem Kampf, für den sehr viele Mutige und Freiheitsliebende, gerade auch Journalisten, buchstäblich ihr Leben opferten?

Und jetzt wollen sogenannte Hauptstadtkorrespondenten, dass freie Bürger im Internet Journalisten nicht mehr „Hofschranzen“ oder „Schreiberlinge“ nennen dürfen? Oder die BPK ein „Kasperletheater“? In Deutschland, im Jahr 2021?

Es ist eine Schande.

Vom rechtlichen Gebot der Gleichbehandlung scheint der BPK-Vorstand übrigens ebenso wenig gehört zu haben wie vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit – denn die Vereinsfunktionäre sind sehr einseitig empfindlich: immer dann, wenn es um sie selbst oder um das BPK-Mitglied Tilo Jung geht.

Auf dessen Seite dürfen Leser in ihren Kommentaren das BPK-Mitglied Boris Reitschuster unbehelligt als „Blinden“, „Scheißhuster“  und als „Knalltüte“ bezeichnen – und es ist nicht bekannt, dass der BPK-Vorstand da eine Löschung verlangt hätte.

Aber „Zottel“ und „Schreiberlinge“, das geht natürlich gar nicht.

Und die Moral von der Geschicht‘?

Natürlich geht es der BPK maßgeblich auch darum, Boris Reitschuster einzuschüchtern und ihm möglichst viel Arbeit zu machen – damit er möglichst wenig Zeit hat, weiter aus und über die Bundespressekonferenz zu berichten.

Reitschuster lässt sich aber weder einschüchtern noch unterkriegen. Wenn der Vorstand der Bundespressekonferenz mit Kreml-Methoden die Meinungsfreiheit bekämpfen will, soll er das tun. Das sagt gar nichts über Reitschuster aus, aber viel über die BPK und ihren Vorstand.

Und Sie, liebe Leser, sollten sich auch weder einschüchtern noch unterkriegen lassen. Bitte, schreiben Sie weiter Kommentare, massenhaft. Von hundert Leserzuschriften ist – vielleicht – gerade mal eine dabei, die wirklich beleidigend ist oder zu einer Straftat aufruft. Die wird dann eben gelöscht.

Zeigen wir den sogenannten Hauptstadtkorrespondenten, wie Meinungsfreiheit geht.

P.S.:

Lieber Vorstand der BPK,

um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, habe ich nachfolgend die Begriffe aufgelistet, mit denen ich Sie bzw. andere BPK-Mitglieder in Verbindung gebracht habe. Es handelt sich durchweg um zulässige Meinungsäußerungen, aber das müssen Sie mir natürlich nicht glauben.

Wenn Sie also weitere Vereinsmittel aus den Beiträgen Ihrer Mitglieder für eine rechtliche Prüfung aufwenden wollen, die das alleinige Ziel hat, bürgerliche Grundrechte in Frage zu stellen, steht es Ihnen selbstverständlich völlig frei, dies zu tun.

Viel Glück dabei, und gute Reise.

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  • Meinungsfreiheit bekämpfen
  • sogenannte Hauptstadtkorrespondenten.
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Da es sich hier um einen Bericht über die Bundespressekonferenz handelt, deren Mitglied ich bin, möchte ich explizit betonen, dass ich mir die Inhalte nicht zu eigen mache. Ich will und kann meinen Autoren aber auch nicht verwehren, ihre eigene Meinung zu diesem Thema kund zu tun. 

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Alexander Fritsch, Jahrgang 1966, studierte Volkswirtschaft und Philosophie in Frankreich und Deutschland und arbeitet seit 25 Jahren als Journalist. Außerdem berät er als Business Coach Unternehmen und Verbände, vorrangig bei den Themen Kommunikation und Strategie. 2015 kandidierte er für den Bundesvorsitz des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) und erhielt 118 Stimmen; damit unterlag er nur knapp den jetzigen Vorsitzenden Michael Konken mit 130 Stimmen.

 

Bild: Boris Reitschuster
Text: Gast
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