Youtuber soll tausende Euro für seine eigene Telefonüberwachung zahlen Im Gefängnis bekam er eine Rechnung über 10.000 Euro – auch für die Festnahme

Immer wieder nimmt man sich vor, die unzähligen Absurditäten im deutschen Justizsystem nicht mehr an sich heranzulassen. Doch dann kommt ein Fall wie dieser – und der Vorsatz verpufft. Der Youtuber „Shlomo Finkelstein“, bekannt für provokative Videos und eine polarisierende Selbstdarstellung, sitzt seit August im Gefängnis. Doch das ist nicht alles: Die Staatsanwaltschaft Köln verlangt nun von ihm über 4.300 Euro, um die Kosten seiner eigenen Telefonüberwachung zu begleichen. Ein unfassbarer Zynismus.

Wie die „Junge Freiheit“ (JF) berichtet, erhielt Finkelstein ein offizielles Schreiben, in dem die Überwachungskosten detailliert aufgelistet sind. Dazu kommen fast 6.000 Euro für die „bundesländerübergreifende Verhaftung“. Mit diesem Wortungetüm ist gemeint, dass „Finkelstein“ nicht im Bundesland Nordrhein-Westfalen festgenommen werden konnte – dafür soll er nun extra bezahlen. Insgesamt wurde ihm eine Rechnung von über 10.000 Euro präsentiert. Und das für Maßnahmen, die ihm selbst geschadet haben. Der Artikel der JF, der hinter einer Bezahlschranke steht, offenbart Details, die man nicht mehr anders bezeichnen kann denn als Justizfarce.

Dass Verurteilte für Verfahrenskosten aufkommen müssen, ist bekannt – doch dass jemand die eigene Überwachung zahlen soll? Selbst in autoritären Regimen sind solche Szenarien doch eher selten: Dort überwacht der Staat seine Bürger, ohne ihnen auch noch eine Rechnung dafür zu präsentieren. Es ist ein Novum, das weitreichende Fragen aufwirft. Ist das inzwischen Standard in Deutschland oder nur ein besonders skurriler Einzelfall?

Auch die Umstände der Verhaftung klingen wie aus einem schlechten Film: Laut seinem Podcast-Kollegen „Kasper“ wurde Finkelstein von einem vermummten Polizeiteam mitten auf der Straße festgenommen. Vorausgegangen war offenbar die Telefonüberwachung, durch die die Behörden seinen Wohnort ermittelten. Neben „Shlomo“ selbst waren mindestens fünf weitere Personen betroffen – ein Eingriff, der zeigt, wie weit die Maßnahmen gingen.

Die Verurteilung „Shlomos“ selbst ist nicht minder fragwürdig. Der Youtuber wurde 2020 wegen Volksverhetzung und der Beschimpfung von Religionsgemeinschaften verurteilt. Dabei berief er sich auf die Kunst- und Meinungsfreiheit und agierte, wie er betonte, in einem satirischen Kontext. Doch das Gericht ließ diese Argumentation – anders als bei Böhmermann & Co. – nicht gelten und sah in seinen provokativen Aktionen, wie der Einblendung von Koranverbrennungen, eine gezielte Hetze gegen den Islam. Besonders brisant ist der Umstand, dass er seinen Spitznamen „Shlomo Finkelstein“ von rechtsextremen Kritikern aufgrund seiner offenen Israelsolidarität erhalten und ihn später selbstironisch übernommen hatte. Auch diese Hintergründe wurden vor Gericht ignoriert.

Ein satirisches Profilbild, das den Philosophen Samuel Johnson in karikierter Form zeigte, wurde ebenfalls als Volksverhetzung gewertet. Das Gericht argumentierte, die Darstellung sei antisemitisch und diene der Herabwürdigung von Menschen jüdischen Glaubens. Dabei übersah es, dass Finkelstein selbst diesen Kontext immer wieder aufgegriffen hatte, um auf absurde Angriffe gegen ihn hinzuweisen. Kritiker sehen in der Entscheidung ein alarmierendes Beispiel für die zunehmende Ausdehnung des Volksverhetzungsparagrafen, der inzwischen auch satirische und künstlerische Darstellungen umfasst.

Die anschließende Umwandlung seiner Bewährungsstrafe in eine Haftstrafe erfolgte, weil Finkelstein zwei Auflagen nicht erfüllte – allerdings, so betonte er, weil ihm die entsprechenden Schreiben aufgrund einer falschen Meldeadresse nicht zugestellt worden seien. Dass die Justiz dennoch eine Haftstrafe verhängte, wirft Fragen nach Verhältnismäßigkeit und politischer Motivation auf.

Dieser Fall weckt den Eindruck, dass die deutsche Justiz hier weit über das Ziel hinausgeschossen ist. Gerade in einem Land, das regelmäßig die Rechtsstaatlichkeit in anderen Ländern kritisiert, wirken solche Fälle wie ein grotesker Widerspruch. Es drängt sich geradezu der Verdacht auf, dass es hier nicht mehr um Gerechtigkeit geht – sondern um die exemplarisch harte Bestrafung eines unliebsamen Kritikers.

Die Signalwirkung dieses Falls ist – offenbar beabsichtigt – verheerend. Wenn Kritiker des politischen Mainstreams befürchten müssen, nicht nur strafrechtlich verfolgt, sondern in einer Weise behandelt zu werden, die jeden Maßstab an Verhältnismäßigkeit sprengt, erhöht das die ohnehin wachsende Angst in unserer Gesellschaft, abweichende Meinungen laut zu äußern. Solche Präzedenzfälle führen dazu, dass viele potenzielle Stimmen der Opposition aus Angst vor ähnlichen Konsequenzen verstummen – eine Entwicklung, die in einer funktionierenden Demokratie undenkbar wäre. Die Rechtsstaatlichkeit muss für alle gelten, nicht nur für die politisch Konformen. Man muss leider Klartext reden: Deutschland entfernt sich immer weiter von rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien. 35 Jahre nach dem vermeintlichen Zusammenbruch der linken Diktatur der DDR wird immer offensichtlicher, dass die alten Geister noch erschreckend lebendig sind.

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