Von Kai Rebmann
ARD und ZDF sind per Gesetz eigentlich zur Neutralität verpflichtet. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „eigentlich“. Denn die öffentlich-rechtlichen Sender lassen keine passende und vor allem unpassende Gelegenheit aus, ihre Pay-TV-Abonnenten wider Willen mit rotgrüner Indoktrination zu behelligen. Jüngstes Beispiel: Eine vom ZDF durchgeführte „Umfrage“ zu den beliebtesten Weihnachtsmenüs der Deutschen. Die Anführungszeichen beziehen sich auf den Umstand, dass die von den Mainzelmännchen angestrengte Meinungserhebung alles war, nur eben keine seriöse Umfrage.
Zunächst sollte man von einem milliardenschweren Sender erwarten können, dass er für Umfragen – ganz gleich zu welchem Thema – ein seriöses Institut beauftragt. Nicht so beim ZDF. Die Mainzer fragten ihre Follower auf Instagram, was bei ihnen zum Fest auf den Tisch kommt und fassten das vermeintliche Ergebnis so zusammen: „Tatsächlich essen die meisten aus der ZDF-Community zu Weihnachten vegetarisch. Hättet ihr das gedacht?“ Es spottet jeder Beschreibung, an wie vielen Ecken und Enden der ÖRR-Sender hier versucht, eine „Umfrage“ in seinem Sinne zu interpretieren – und den Gebührenzahler in die Irre zu führen.
Zu viele handwerkliche Fehler: Versehen ausgeschlossen!
Tatsächlich wurde von den Mitgliedern der „ZDF-Community“ von insgesamt zehn zur Verfügung stehenden Optionen die Antwortmöglichkeit „vegetarisch“ am häufigsten genannt. Aber: Die neun weiteren Menüs sind allesamt nicht (ausschließlich) vegetarisch und landeten in dieser Reihenfolge auf den Plätzen: Kartoffelsalat und Wurst, Raclette, Gänsebraten, Rouladen, Ente, Fondue, Schnitzel, Truthahn, Karpfen.
Die schiere Masse an handwerklichen Fehlern lässt einen zu dem Schluss kommen, dass eine „versehentliche“ Irreführung der Zahler der öffentlich-rechtlichen Zwangsgebühren ausgeschlossen werden kann:
1. Es handelte sich um eine nicht-repräsentative Umfrage, was das ZDF aber verschwieg. An der Umfrage beteiligte sich ausschließlich die „ZDF-Community“. Ebenso gut könnte man diese Frage auch unter den Grünen-Wählern stellen. Was dabei wohl herauskommen würde?
2. Die Anzahl der Antworten insgesamt sowie die Anzahl der auf die jeweiligen Optionen entfallenen Stimmen wurden nicht veröffentlicht. Anhand des dargestellten Balkendiagramms lässt sich jedoch entnehmen, dass selbst innerhalb der „ZDF-Community“ eine überwältigende Mehrheit an Weihnachten ein nicht-vegetarisches Menü bevorzugt. Schon die Grundaussage, wonach „die meisten zu Weihnachten vegetarisch essen“ ist also falsch.
3. Die Fragestellung wurde so gewählt, dass die „Umfrage“ garantiert das gewünschte Ergebnis liefert. Während alle nicht-vegetarischen Gerichte fein säuberlich und vor allem im Einzelnen aufgeführt wurden, fasste das ZDF alle fisch- und fleischlosen Gerichte unter dem Sammelbegriff „vegetarisch“ zusammen. Eine halbwegs ergebnisoffene Fragestellung hätte zum Beispiel lauten können: Was essen Sie Weihnachten am liebsten: Fisch, Fleisch/Wurst, Vegetarisch oder Vegan?
Würstchen mit Kartoffelsalat bleibt unangefochtener Spitzenreiter
Wie es richtig geht, zeigt eine Umfrage des Statistischen Bundesamts. Destatis hat sich mit in einer aktuellen Veröffentlichung vom 13. Dezember 2022 mit derselben Fragestellung beschäftigt wie das ZDF, nur eben unter Berücksichtigung seriöser Kriterien. Demzufolge kann von einer Trendwende beim weihnachtlichen Schlemmen keine Rede sein. Die ersten sechs Plätze belegen (Angaben in Prozent): Würstchen mit Kartoffelsalat (36), Entenbraten (27), Raclette (23), Gänsebraten (20), Fisch (16) und Fondue (14). Mehrfachnennungen waren offensichtlich möglich.
Große Enttäuschung für das ZDF: Kein einziges dieser Gerichte kann als rein vegetarisch definiert werden. Das mussten inzwischen auch die Mainzelmännchen einsehen. Die zweifelhafte „Umfrage“ wurde gelöscht und durch die folgende Richtigstellung ersetzt: „Vielen Dank für die vielen Hinweise auf unseren bedauerlichen und ärgerlichen Fehler. Wir hatten geschrieben, dass die meisten Teilnehmer unserer Umfrage an Weihnachten vegetarisch essen wollen. Das gibt das Stimmungsbild aber – wie viele hier korrekt angemerkt haben – so natürlich nicht her. Dem Ergebnis für Vegetarisch stehen eine Vielzahl anderer (Fleisch-) Gerichte gegenüber, die in Summe (es waren mehrere Antworten möglich) einen deutlich größeren Anteil haben.“
Das ZDF ist mit seinem Veggie-Framing also grandios gescheitert. Dennoch muss es zu denken geben, wenn vermeintliche „Umfragen“ in den sozialen Medien dazu missbraucht werden, um ein gewünschtes Stimmungsbild zu erzeugen. In einem anderen Zusammenhang hatte Dr. Viola Priesemann, Mitglied des Expertenrats der Bundesregierung, im September versucht, mittels einer Twitter-Umfrage die Beibehaltung bzw. Verschärfung von Corona-Maßnahmen zu rechtfertigen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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