Von Daniel Weinmann
Erinnern Sie sich noch: Im August rührte Karl Lauterbach die Werbetrommel für das Virostatikum Paxlovid – „zur Vermeidung von Komplikationen“. Warum es trotz seiner vielfachen Corona-Impfungen überhaupt zu Komplikationen habe kommen können, ließ der Bundesgesundheitsminister offen. Ungeklärt blieb auch, warum er ausgerechnet ein Präparat einnahm, das laut Robert Koch-Institut nur bei un- oder nicht vollständig Geimpften eingesetzt werden sollte (reitschuster.de berichtete).
Überhaupt hatte es mehr als nur einen faden Beigeschmack, dass ein exponierter und immer noch von vielen Bürgern als kompetent angesehener Politiker anhand der eigenen Erkrankung eine Therapieempfehlung per Twitter gab. „Mit 4. Impfung plus Paxlovid im Erkrankungsfall lassen sich bei Älteren fast alle Todesfälle vermeiden“, postete der SPD-Politiker – bar jeglicher Evidenz – an seine vielen Fans.
Mehr noch: Lauterbach wollte das Präparat zu einem „zentralen Mittel in der Pandemiebekämpfung“ machen, wie er im „Spiegel“ ankündigte. Zudem hatte er die glorreiche Idee, dass jedes Pflegeheim neben einem Impf- auch einen Paxlovid-Beauftragten küren und einen Vorrat des Medikaments einlagern solle, um dieses bei Bedarf schnellstmöglich einsetzen zu können.
Ein möglicher Grund für die vielen würdigen Worte: Anfang dieses Jahres hatte der Bund auf Kosten der Steuerzahler eine Million Packungen beschafft, die nun kaum Abnehmer finden. Während sie in den USA tagtäglich bis zu 40.000 Mal täglich zum Einsatz kommt, ist die Corona-Pille hierzulande ein Ladenhüter – trotz der von Lauterbach eingeführten Vergütung von 15 Euro für jede ärztliche Verordnung.
Potenzielle Verluste von 17 Milliarden Euro
Die AfD möchte nicht zulassen, dass Lauterbachs Lobeshymnen still und leise im Kuriositäten-Kompendium des Pandemie-Paranoikers verschwinden und hat bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige gegen Lauterbach gestellt. Man sehe in den Äußerungen über das Pfizer-Präparat einen Verstoß gegen die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes, teilte der rechtspolitische Sprecher Thomas Seitz per Pressemitteilung mit.
Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte spielt das unwürdige Spiel mit. Da fast die Hälfte der im Großhandel vorrätigen Packungen schon im Februar kommenden Jahres ihr Verfallsdatum erreicht und einen potenziellen Verlust von 17 Milliarden Euro für die Steuerzahler nach sich gezogen hätten, verlängerte sie unlängst kurzum die Haltbarkeitsdauer von einem Jahr auf 18 Monate.
Verstöße gegen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes können laut Jurist Seitz mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft oder mit Geldbußen bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Karl Lauterbach dürfte das keine schlaflosen Nächte bereiten. Schließlich kam der Minister bisher bei sämtlichen seiner ungezählten Fehltritte ungeschoren davon.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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