Zu viele Notrufe: Krisensitzung bei Berliner Feuerwehr "Zeitweise kein einziger Rettungswagen mehr zur Verfügung"

„Dann wird es Tote geben“: Es sind drastische Sätze, die bei der Krisensitzung der Berliner Feuerwehr am heutigen Montag gefallen sind. Anlass für die außerordentliche Personalversammlung, bei der sich die Wut der Feuerwehrmänner entlud: „Die derzeitige Notlage, nahezu täglich wird der Ausnahmezustand ausgerufen“, wie die Berliner Zeitung berichtet: „Zeitweise steht kein einziger Rettungswagen mehr zur Verfügung.“

Wegen zahlreicher Probleme droht nach Angaben eines Feuerwehrmanns das Schlimmste. Der Beamte sagte laut dem Bericht vor versammelter Mannschaft zu Landesbranddirektor Karsten Homrighausen: „Wenn wir so weitermachen wie wir gerade fahren, dann wird es Tote geben.“ Notrufe wegen Schlafstörungen, Übelkeit oder Verstauchungen würden Wagen und Mannschaften binden, die dann „bei echten Notfällen wie etwa Schlaganfall oder Herzinfarkt“ fehlten.

Auch die Zustände an den Krankenhäusern sind den Angaben zufolge besorgniserregend. So hätte erst kürzlich ein neun Wochen altes Baby reanimiert werden müssen. Was dann geschah, macht sprachlos: „Kurz bevor die Kollegen im Krankenhaus eintreffen, ruft uns das Krankenhaus an und sagt: Wir können nicht behandeln.“ Die Besatzung musste weiterfahren, wie der Beamte auf der Versammlung laut Berliner Zeitung berichtete: „Die sind dann umgedreht, mit der Mutter an Bord. Sowas kann nicht sein!“

Weiter heißt es in dem Bericht: „Ein Vertreter des Personalrats sagt bei der Versammlung zuvor, man sei derzeit ‘im Notstand‘ und habe ‘akut ein Problem‘. Das werde von der Behördenleitung so aber nicht ausgesprochen. Ein zentraler Vorwurf in diesem Zusammenhang, für den es viel Applaus gab: Je höher die Rangordnung, desto weniger werde Verantwortung übernommen.“

Aktuell kommt es laut Berliner Zeitung „nahezu täglich zum Ausnahmezustand“ beim Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr: „2020 gab es nach Informationen der Feuerwehr 1280 Einsätze täglich. Seit Mai 2021 seien die Zahlen sprunghaft angestiegen, auf durchschnittlich 1430 (bis September). Es sei nicht erkennbar, wodurch diese Erhöhung der Einsatzzahlen verursacht wird, hieß es am Montag.“

Ich überlasse es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ob Sie davon ausgehen, dass hier ein weißer Elefant im Raum steht oder nicht. Zumindest war das mein erster Gedanke. Schade, dass zumindest laut dem Bericht der Berliner Zeitung keine entsprechenden Fragen gestellt wurden auf der Personalversammlung. Und sie auch die Berliner Zeitung selbst nicht thematisiert.

Kein weißer Elefant im Raum ist dagegen, dass die Zustände bei den Berliner Rettern ein Armutszeugnis für den rot-rot-grünen Senat sind. Der kümmert sich mit Vorliebe um Nischenthemen. Lebensrettung gehört da offenbar nicht dazu.

PS: Mir kam nach dem Schreiben dieses Artikels eine Zuschrift von einem Leser in den Sinn, mit dem ich inzwischen im regelmäßigen Austausch bin und dem ich vertraue. Er schrieb mir:

„Herzprobleme/Feuerwehr
Ich fahre ca. einmal pro Monat im Rettungsdienst mit, ca. sechs bis acht Einsätze.
Kann aus eigener Erfahrung bestätigen: Patienten rufen den Rettungsdienst wegen Herz- und Kreislauf-Problemen. Sie berichten, dass sie vor einigen Stunden geimpft worden sind.
Wir bringen sie ins Krankenhaus und tragen zum Beispiel „Synkope‘ ein. Das mit der Impfung wird nicht erwähnt.
Dieser Fall kommt auf fast jeder Schicht mindestens einmal vor.“

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!


Bild: Mo Photography Berlin/Shutterstock
Text: br

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