Corona-Tests: Stochern im Dunkeln Regierung kann keine genauen Angaben machen

Sie haben heute fast den Charakter von Gerichtsurteilen: Die Corona-Tests entscheiden darüber, ob jemand seine Wohnung verlassen darf oder nicht, ob jemand in seine Arbeit darf oder nicht, in seine Schule. Von den Tests hängt auch ab, ob die Corona-Beschränkungen generell gelockert oder wieder verschärft werden. Weil die Tests Schicksale entscheiden und unglaublich schwerwiegende Folgen haben, hat der Berliner Abgeordnete Marcel Luthe, fraktionslos doch mit FDP-Parteibuch, versucht, ihnen auf den Grund zu gehen. In einer parlamentarischen Anfrage wollte der Volksvertreter vom rot-rot-grünen Senat der Hauptstadt Details über die Tests und ihre Methoden erfahren. Und siehe da: „Nichts Genaues weiß man nicht“ ist der Grundtenor des Senats in seiner Antwort, die „reitschuster.de“ exklusiv vorliegt und die hier unten dokumentiert wird.

 

Ein Beispiel: „Eine behördliche Prüfung der Angaben der Hersteller zu Sensitivität und Spezifität von medizinischen Tests ist in Deutschland und in der EU vom Gesetzgeber grundsätzlich nicht vorgesehen“, heißt es in dem offiziellen Schreiben der Stadtregierung. Auch bei vielen anderen Fragen wird deutlich, wie sehr die Behörden im Dunkeln tappen. Oft lautet die Antwort: „Zu dieser Frage liegen dem Senat keine belastbaren Daten in entsprechender Detailtiefe vor.“  Liest man die Antworten aufmerksam und kritisch durch, kommt man zu dem Schluss, dass sich die Stadtregierung in Sachen Corona offenbar im Blindflug befindet. Und kaum etwas spricht dafür, dass die anderen Landesregierungen und die Bundesregierung mehr Durchblick haben.

Heute sind 517 (in Worten: fünfhundertsiebzehn) unterschiedliche In-Vitro-Diagnostika zur Feststellung einer Infektion mit SARS-CoV-2 sowie zum Nachweis von Antikörpern auf dem Markt. Sie alle haben eine unterschiedliche Sensitivität und Spezifität. Das wirft die Frage auf: Wie präzise sind die Werte, auf deren Grundlage die sogenannten „Corona-Ampeln“ gestellt werden? Keiner dieser Tests ist durch eine neutrale Stelle geprüft. In-Vitro-Diagnostika zu vertreiben und zu betreiben ist nach §§ 25 MPG lediglich anzeige-, aber nicht genehmigungspflichtig ist (siehe hier).

mvgDer Senat war auch nicht in der Lage mitzuteilen, welche Tests welcher Hersteller wie häufig in Berlin verwendet worden sind. Folglich ist auch unklar, wie zuverlässig die Testergebnisse sind. Doch auf ihrer  Grundlage trifft der Senat seine Entscheidungen in erster Linie. Rein mathematisch müsste bei jedem einzelnen Ergebnis erfasst werden, welcher Tests welches Herstellers mit welcher „Fehlerchance“ verwendet wurde. Das Ergebnis müsste dann mit dieser Fehlerquote in Relation gesetzt werden.

 

Auch die Charité hat im „Kommentar zum Extra-Ringversuch „Gruppe 340 Virusgenom-Nachweis-SARS-CoV-2“ durch Zeichhardt und andere vom 03.06.2020 eine Fehlerquote zwischen 0,3 % und 7,6 % bei den im Ringversuch verwendeten Testverfahren bestätigt. Wie viele der jeweils als positiv gemessenen Testergebnisse tatsächlich falsch-positive Ergebnisse sind, kann auf Grundlage der bisher erfassten Angaben nicht festgestellt werden.

„Da die ‘Berechnungen‘ des sogenannten Reproduktionswertes tagesaktuell von kleinsten Zahlen abhängen, müssen diese Angaben erfasst werden, wenn man halbwegs mathematisch sauber arbeiten will. Das tut der Senat – und auch der Rest der Laienspielschar in den Landesregierungen – aber nicht“, bemängelt der Abgeordnete Luthe: „Es stehen also die Erhebungsgrundlagen gar nicht fest, aber man begründet mit diesen unsicher erratenen Zahlen bundesweit politische Entscheidungen. Das ist nicht rational.“

Das Fazit des Liberalen ist, dass die Corona-Maßnahmen damit auf rechtlich extrem wackeligen Beinen stehen; „Es sind daher keine Tatsachen bekannt, die die Annahme einer Gefahr im gefahrenabwehrrechtlichen Sinne, also das Eintreten eines bestimmten Ereignisses wahrscheinlich erscheinen lassen.“

 

Vorbemerkung des Abgeordneten:
Vor dem Hintergrund dessen, dass der Senat mit der Steuerung von „Infektionszahlen“ eine Vielzahl von massivsten Grundrechtseingriffen begründet, ist es naturgemäß von großer Bedeutung, die Validität der Erhebung dieser Zahlen transparent nachvollziehen zu können.

1. Welche Tests welcher Hersteller unter welchem Handelsnamen wurden seit dem 04.02.2020 für „Corona- Tests“ in Berlin verwendet?

Zu 1.:
Zu dieser Frage liegen dem Senat keine belastbaren Daten in entsprechender Detailtiefe vor; aufgrund der außerordentlichen Belastung der fachärztlichen Labore im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ist eine Zuarbeit durch die Labore gegenwärtig nicht zu leisten.

2. Welche dieser Tests sind PCR- und welche antikörperbasiert?

Zu 2.:
Zu dieser Frage liegen dem Senat keine belastbaren Daten in entsprechender Detailtiefe vor; aufgrund der außerordentlichen Belastung der fachärztlichen Labore im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ist eine Zuarbeit durch die Labore gegenwärtig nicht zu leisten.

3. Welche Sensitivität und welche Spezifität weisen diese Tests jeweils auf?

Zu 3.:
Zu dieser Frage liegen dem Senat keine belastbaren Daten in entsprechender Detailtiefe vor; aufgrund der außerordentlichen Belastung der fachärztlichen Labore im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ist eine Zuarbeit durch die Labore gegenwärtig nicht zu leisten.

4. Welche Behörde in Berlin – oder in Deutschland – prüft auf welchem Wege die Angaben der Hersteller zu Sensitivität und Spezifität von medizinischen Tests im Allgemeinen?

5. Welche Behörde in Berlin – oder in Deutschland – prüft auf welchem Wege die Angaben der Hersteller zu Sensitivität und Spezifität von „Corona-Tests“?

Zu 4 und 5.:
Eine behördliche Prüfung der Angaben der Hersteller zu Sensitivität und Spezifität von medizinischen Tests ist in Deutschland und in der EU vom Gesetzgeber grundsätzlich nicht vorgesehen. Gesetzlich gefordert ist, dass die Leistungsparameter medizinischer Tests (wie Sensitivität und Spezifität) je nach Zweckbestimmung dem allgemein anerkannten Stand der Technik entsprechen müssen. Dies ergibt sich aus § 7 Absatz 1 Medizinproduktegesetz (MPG) in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 98/79/EG, welcher die grundlegenden An- forderungen für In-vitro-Diagnostika definiert. Im Allgemeinen erklärt der Hersteller des Testsystems die Einhaltung dieser Standards in eigener Verantwortung und ohne externe Überprüfung.

Eine Ausnahme bilden wenige In-vitro-Diagnostika, für die die Prüfung der Leistungsparameter durch eine Benannte Stelle vorgesehen ist. Testsysteme auf COVID-19-Infektionen zählen jedoch nicht dazu.

6. Welche Zu- oder Abschläge nimmt der Senat mit Blick auf die unterschiedliche Sensitivität und Spezifität der verschiedenen Tests auf die seiner „Berechnung“ zugrundeliegenden Fallzahlen vor? Hat sich diese Me- thode seit dem 01.04.2020 geändert und falls ja, wann und wie?

Zu 6.:
Der Senat nimmt keine Zu- oder Abschläge an den nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) übermittelten Fallzahlen vor.

7.Welche Tests welcher Hersteller – und welcher Importeure – hat die 100-% Landestochter Labor Berlin GmbH in welchen Zeiträumen bis heute verwendet? (e.g. 17.03. – 16.04. 50.000 Tests Coronavirus disease( COVID-19) IgM/IgG Antibody Test(Up-converting Phosphor

Technology), mvg

Hersteller Beijing Hotgen Biotech Co., Ltd., China; Importeur: Luxus Lebenswelt GmbH, Willich usw.). Es ist selbstverständlich kein „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, wo die Exekutive – in Form zweier vollständig in öffentlicher Hand befindlicher Krankenhausgesellschaften und deren gemeinsamer Tochtergesellschaft welche Tests einkauft, mit deren Ergebnissen Grundrechtseingriffe begründet werden sollen. Vorsorglich weise ich auf die entsprechende verwal- tungsgerichtliche Rechtsprechung, etwa die jüngste Entscheidung des VG Düsseldorf zu 29 K 2845/18 vom 21.10.2019 zum parallel ausgestalteten Landesrecht NRW hin.

Zu 7.:
Zu dieser Frage liegen dem Senat keine belastbaren Daten in entsprechender Detailtiefe vor; aufgrund der außerordentlichen Belastung der fachärztlichen Labore im Zusammen- hang mit der COVID-19-Pandemie ist eine Zuarbeit durch die Labore gegenwärtig nicht zu leisten.

8. Wie viele der Tests zu 7.) sind – bitte kalendertäglich sortiert – positiv, wie viele negativ gewesen?

Zu 8.:
Zu dieser Frage liegen dem Senat keine belastbaren Daten in entsprechender Detailtiefe vor; aufgrund der außerordentlichen Belastung der fachärztlichen Labore im Zusammen- hang mit der COVID-19-Pandemie ist eine Zuarbeit durch die Labore gegenwärtig nicht zu leisten.

9. Wie lautet der Inhalt der Herstellerangaben zu den Tests zu 7)? Bitte den vollständigen Wortlaut als Anlage beifügen?

Zu 9.:
Zu dieser Frage liegen dem Senat keine belastbaren Daten in entsprechender Detailtiefe vor; aufgrund der außerordentlichen Belastung der fachärztlichen Labore im Zusammen- hang mit der COVID-19-Pandemie ist eine Zuarbeit durch die Labore gegenwärtig nicht zu leisten.

10. Wie viele Tests insgesamt sind an den einzelnen Kalendertagen seit dem 01.03.2020 in Berlin durchgeführt worden?

Zu 10.:
Angaben zu den durchgeführten Tests liegen nur wochenweise vor.

11. Wie viele dieser Tests waren negativ, wie viele positiv?

Zu 11.:
Angaben zu den Tests liegen nur wochenweise vor. Die Anzahl der negativen Tests wurde als Differenz Testdurchführungen (gesamt) – Positive Tests berechnet.

12. Sind nach Kenntnis des Senats Personen mehrfach mit unterschiedlichem Ergebnis getestet worden? Welches der Ergebnisse wurde – oder würde – in einem solchen Fall statistisch erfasst?

Zu 12.:
Hierzu liegen dem Senat keine Angaben vor.

Bild: Pixabay/bearbeitet/Reitschuster
Text: red

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