Geheime und freie Wahlen sind der Grundpfeiler und die Voraussetzung jeder Demokratie. Mehr noch: Sie sind ihr Allerheiligstes. Wenn dieser Grundpfeiler angegriffen wird, ist die Demokratie in Gefahr. Leider herrscht in Deutschland 2020 eine Stimmung, in der Forderungen nach Abschaffung dieses heiligen Prinzips laut werden. In einem öffentlich-rechtlichen Sender. Ohne einen Aufschrei. Während ein missglückter, schlüpfriger Witz in einem politisch nicht passenden Magazin tagelang die Republik bewegte und zu Entrüstungsstürmen führte, ruft ein faktischer Aufruf zur Abschaffung geheimer Wahlen durch den Politikwissenschaftler Benjamin Höhne vom Institut für Parlamentarismusforschung im gebührenfinanzierten MDR keinerlei Reaktion hervor (ebenso wie eine Ankündigung einer Linken-Politikerin zu Beginn des Jahres, das eine Prozent der Reichen in Deutschland zu erschießen). Das zeigt, wie weit die Maßstäbe in unserem Land verrückt sind.
„Es ist wichtig, eine Debatte darüber anzustoßen, ob die geheime Wahl noch die zeitgemäße Wahl angesichts der doch turbulenten politischen Situation noch ist“, so der Politikwissenschaftler Höhne in dem von einem früheren SED-Kader geleiteten MDR mit einem Feuer in den Augen, mit dem er in jedem Film über die Ketzerverfolgung einen Inquisitor spielen könnte. Sein Institut gehört zur quasi-amtlichen „Stiftung für Wissenschaft und Politik“. Erstaunlich, was man für die „Demokratie-Abgabe“, wie die Rundfunkgebühr von ihren Nutznießern gerne genannt wird, alles zu hören bekommt.
Die Wähler, so der Vize-Institutschef, hätten ein Anrecht darauf, zu wissen, wie ihre Abgeordneten abstimmen. Offiziell heißt es auf der Webseite des Instituts: Es „will dazu beitragen, die demokratische Ordnung in der Gesellschaft zu verankern und fortzuentwickeln.“ In Richtung Sozialismus? Denn nach dem klingt Höhnes Anregung. Die Moderatorin im MDR wagte keinen Widerspruch. Sie kommentierte die Aussage nur mit einem „Mhm“. Sodann meinte sie, was in Gera passiert ist, sei kein Einzelfall, die „Mauer der Abgrenzung zur AfD“ bröckle.
Der Stein des Anstoßes: Der Stadtrat im Thüringischen Gera hat genau das gemacht, was in unserer Demokratie seit vielen Jahrzehnten Brauch ist: Er hat einen Vertreter der stärksten Fraktion zum Vorsitzenden gewählt. Und das ist die AfD. Deren Kandidat, der Arzt im Ruhestand Reinhard Etzrodt, erhielt bei der geheimen Wahl am Donnerstagabend 23 von 40 Stimmen. Egal was man von der AfD hält: Ungeschriebene Gesetze der Demokratie einfach zu brechen, wenn sie aufgrund des Wählerwillens nicht passen, ist zutiefst undemokratisch (auch der Bundestag tat dies, als er 2017 noch schnell die Regeln für den Alterspräsidenten umschrieb aus Angst, AfD-Mann Alexander Gauland könne das werden). Noch undemokratischer ist es, öffentlich diejenigen an den Pranger zu stellen, die an diesen demokratischen Traditionen festhalten.
Partei mit Diktatur-Vergangenheit
Dass eine freie, demokratische Willensentscheidung von Volksvertretern in dieser Weise geschmäht wird, ist einer Demokratie unwürdig. Ebenso wie reihenweise Wählerbeschimpfung im Anschluss. Besonders lautstark kritisierte die Entscheidung in der Thüringischen Provinz SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: Der Mann, der endgültig das Tabu brach und bereit ist zu einer Koalition mit der Mauerschützen-Partei „Die Linke“ im Bund. Der politische Kompass in unserem Land ist völlig verstellt. Während uns die meisten Medien einreden wollen, schwarz sei weiß, und ständig von einem „Rechtsruck“ im Lande reden, ist Linksaußen längst in der Mitte von Politik und Medien angekommen. Und tonangebend.
Bild: Screenshot/MDR
Text: red