Gastbeitrag vom „subjektiven Studenten“
Wir alle machen Fehler. Man identifiziert ein Problem und überlegt sich, wie man dieses Problem gelöst bekommt. Hat man eine Möglichkeit gefunden, versucht man diese umzusetzen in der Hoffnung, dass durch den Lösungsversuch nicht noch mehr Probleme auftauchen als vorher.
Als Beispiel hierfür lässt sich das Erlauben von Spielkonsolen in der Erziehung heranziehen. Die Eltern haben wenig Zeit für sich (Problem) und machen sich Gedanken, wie sie abends ein wenig Zweisamkeit genießen können. Das regelmäßige Absetzen des Kindes vor den Fernseher bietet sich an und scheint dieses Problem zu lösen, denn auch dem Kind gefällt diese Lösung wunderbar. Allerdings zieht diese Lösung eventuell Nachteile auf der Ebene der Entwicklung des Kindes nach sich, an die zuvor nicht gedacht wurde. Auch auf der Ebene der Gesundheit kann es zu Nachteilen kommen, die einem zwar bei kurzem Nachdenken vorher hätten bewusst sein können, jedoch in der Dringlichkeit des ursprünglich identifizierten Problems untergegangen ist.
Solche (und andere) individuelle Fehlentscheidungen sind zwar für die einzelnen Akteure tragisch, haben jedoch keine (oder wenn nur geringe) kollektive Folgen. Andere Eltern können die Entwicklung beobachten und es selbst besser machen. Man lernt eben überwiegend aus gemachten Fehlern.
Wenn einem Staat jedoch ein solcher Fehler passiert, sind die Folgen tragischer, kollektiver und größer, da es dann nicht nur eine Familie betrifft – sondern uns alle.
Dass staatliche Maßnahmen sehr gut überlegt sein müssen und schon ein kleiner Eingriff in das komplexe System „Gesellschaft“ schwerwiegende Folgen haben kann – das hat die Geschichte gezeigt.
Aktuell wird eine neue und in der Form noch nie dagewesene staatliche Maßnahme diskutiert – die Impfpflicht.
Das Problem ist identifiziert. Wir haben eine Pandemie – sie erhöht (nach offiziellem Narrativ) das Leid in dieser Gesellschaft massiv, da das Virus gefährlich ist, sich immer weiter ausbreitet und das Gesundheitssystem massiv belastet. Die Lösung scheint klar – die Impfpflicht hilft uns aus dieser Misere, beendet das Leid und ermöglicht es uns, endlich wieder frei zu leben.
Zu diesem identifizierten Problem gibt es abweichende Auffassungen, die für eine ausgewogene Debatte essentiell sind und die diesem Narrativ widersprechen. Aber für den vorliegenden Text sei zunächst angenommen, dass sowohl das Problem korrekt identifiziert wurde und dass auch die Lösung das Problem zunächst bereinigt. Jedoch wirkt ein solcher Eingriff nicht nur auf der Ebene des identifizierten Problems, sondern auch auf etlichen anderen Ebenen, welche aktuell nicht diskutiert werden. Diskutiert wird in erster Linie die epidemiologische Perspektive (Hilft uns diese Impfung jetzt?) und die juristische Perspektive (Ist die Impfpflicht rechtlich durchführbar?). Die Reduzierung des Diskurses auf einen Aspekt ist gefährlich.
In der Debatte zu den möglichen Folgen der Impfpflicht gibt es gewichtige Punkte, die ebenfalls in der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen sollten und hoffentlich die Herrschenden dazu veranlassen, die Finger von einer solchen Maßnahme zu lassen.
Denkbare Folgen einer Impfpflicht, die in der aktuellen Debatte leider keine Rolle zu spielen scheinen:
– Weiterer sich verhärtender Vertrauensverlust in die staatlichen Institutionen.
– Mögliche Gewöhnung der Gesellschaft an eine staatliche Top-Down-Medizin, die die Verantwortung in Bezug auf die Gesundheit der Bürger immer weiter verlagert zum Staat.
– Zunehmende Akzeptanz kollektiver, staatlicher Maßnahmen, die potenziell in der Zukunft zu enormen Leid führen können.
– Möglicher weiterer Abbau noch freier betreibbarer Betten in den deutschen Krankenhäusern durch erhöhten Mangel an Fachkräften im medizinischen Sektor, die sich weiterhin gegen eine Impfung entscheiden. Dies würde die Arbeitsbelastung für die noch arbeitenden Pfleger erneut erhöhen, was wiederum zu Abgängen führen kann.
– Wirtschaftliche Folgen durch vermehrte Arbeitslosigkeit der Ungeimpften, die sich auch durch eine Pflicht nicht überzeugen lassen, was natürlich direkte Folgen hat für die ärmsten Bürger in dieser Gesellschaft und für internationalen Handelspartner. Die Corona-Krise hat gezeigt, wie abhängig die Länder untereinander sind in Bezug auf Waren und Dienstleistungen.
– Vermehrte Belastung des Sozialstaats durch Ungeimpfte, die keinen Job finden und auf den Sozialstaat angewiesen wären.
– Vermehrte Anzahl von Obdachlosen, wenn Ungeimpfte aus dem Sozialsystem ausgeschlossen werden sollten, was wiederum die Armutskriminalität erhöhen könnte.
– Zunahme von ungeimpften Fachkräften und Leistungsträgern, die das Land verlassen.
– Weiterer Ausbau von Bereichen, in denen die eigene mündige Haltung zwar grundsätzlich erlaubt, aber immer schwerer umgesetzt werden kann und was eine immer unmündigere Gesellschaft zur Folge haben könnte.
– Akzeptanz und Ausbau einer digitalen „QR-Code-Gesellschaft“, in der eine Vernetzung notwendig ist, um an dieser teilnehmen zu können.
– Etablierung einer utilitaristischen Gesundheitsethik, in der bald nicht nur der fehlende Impfstatus, sondern auch bestimmte Lebensstile sanktioniert werden, die „wissenschaftlich“ nachgewiesen eher zu Infektionen oder Krankenhausaufenthalten führen.
– Eventuelle Spätfolgen der (wiederholten?) Impfungen.
– Sämtliche unerwartete Nebenfolgen, die sich aus dem Wechselspiel der genannten möglichen Folgen ergeben können und aktuell nicht abzusehen sind.
– Mögliche Folgen, die mir und meinen Unterstützern nicht eingefallen sind.
Jeder, der ernsthaft in unserer Demokratie für einen solch massiven Eingriff seine Stimme erhebt, sollte sich in der Diskussion um diese Frage um Demut bemühen und sich bewusst machen:
Du spielst hier mit dem Feuer. Sei bitte vorsichtig.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen, und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
(TBD) Der subjektive Student, Jahrgang 1996, wurde im Ruhrgebiet geboren. Er studiert aktuell und hat in der Corona-Krise aus einem persönlichen Leidensdruck heraus begonnen, seine eigene Sicht auf die „Pandemie“ auf seinem YouTube-Kanal mit anderen zu teilen.
Bild: ShutterstockText: Gast