Von Dana Samson
„Isoliert und trotzdem infiziert“ titelt die Bild. Kann das sein? In der belgischen Forschungsstation Prinzessin Elisabeth in der Antarktis, fernab der Zivilisation, in einem der abgelegensten und isoliertesten Orte der Welt, passiert dem Forschungsteam das Unglaubliche: Trotz vollständiger Impfung und Quarantäne vor der Anreise sind zwei Drittel Corona-positiv, alle 25 Forscher sind in Quarantäne, drei Covid-Fälle wurden evakuiert. Trotz strenger Gesundheitsvorschriften. Die Informationen wurden dem Magazin Soir Mag vom belgischen Polar-Sekretariat bestätigt.
Trotz der drakonischen Maßnahmen konnten die Infektionen nicht verhindert werden. „Diese Covid-Kontamination ist angesichts der geplanten Sicherheitsmaßnahmen gelinde gesagt überraschend“, schreibt Soir Mag diesbezüglich. Alle Forscher müssen doppelt geimpft sein und sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen. Sie hatten vor der Abreise nach Südafrika einen negativen PCR-Test nachzuweisen und mussten einen weiteren PCR-Test in Kapstadt, fünf Tage nach der Ankunft, machen. Zusätzlich mussten die Forscher in Kapstadt zehn Tage in Quarantäne.
Der erste Corona-Positive wurde am 14. Dezember, circa zehn Tage nach der Ankunft, unter den Teammitgliedern des zweiten Lieferfluges festgestellt. Die Person musste sich sofort in die Isolation begeben, dennoch waren zwei weitere Personen mit dem Virus infiziert. Die drei Corona-Positiven wurden am 23. Dezember evakuiert, trotzdem steckten sich weitere Forscher auf der Station mit dem Virus an. Alle Forscher sind bis zum 12. Januar in Quarantäne, sie sollen vor Ort gehalten werden, sofern sich deren Gesundheitszustand nicht verschlechtere und der strategische Rat des Polar-Sekretariats verbietet jedes neue Betreten der Station vor dem Verschwinden des Clusters, mindestens bis zu diesem Zeitpunkt.
Als ein Grund für die hohe Verbreitung wird die Konstruktion des Hauses genannt. Die Prinzessin Elisabeth-Polarstation ist ein Passivhaus und dadurch in der kalten Antarktis besonders gut gedämmt, dafür sei sie allerdings auch ein förderliches Umfeld für Corona. Derzeit sind 25 Menschen auf der Polarstation, fünf von ihnen befinden sich auf einer Expedition. Zwei Drittel der Menschen sind infiziert, keiner von ihnen leide an schweren Symptomen. In einem schweren Fall würde die Station den Patienten mit zwei Notärzten und allen notwendigen Geräten für die Behandlung und PCR-Test versorgen können.
Vermutlich handele es sich bei den Infektionen um die Omikron-Variante. Die Forscher müssen auf ihrem Weg zur Forschungsstation über Afrika fliegen, dort sind 99 Prozent der Corona-Fälle auf Omikron zurückzuführen und die Forscher haben sich vermutlich in der letzten Zwischenstation angesteckt.
Die Forscher auf der Polarstation sind positiv getestet, obwohl sie geimpft waren, eine Person sei sogar geboostert. Das teilte der leitende Betreiber der Station und verantwortliche für Sicherheitsmaßnahmen, einschließlich der Gesundheit, Alain Hubert, der zuständigen Bundesbehörde mit. Besonders interessant ist, dass alle Polarstationen in der Antarktis von Corona betroffen seien. Es ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Impfung nicht verhindert, dass Menschen sich mit Corona infizieren.
Auch die vorherige Isolation macht wenig Sinn, wenn sich die Menschen trotzdem auf kurzen Wegen beim Transfer anstecken. Die Sinnhaftigkeit der Masken, die die Forscher vermutlich in öffentlichen Räumen getragen haben, dürfte ebenfalls in Frage gestellt werden.
Schließlich beschloss der strategische Rat, die Forschungs- und Präsenzsituation im arktischen Sommer so weit wie möglich zu verkürzen und eine der zwei geplanten Kampagnen abzusagen. Auf Grund der derzeitigen Lage sei Alain Hubert allein vor Ort verfügbar und er könne nicht zwei Expeditionen gleichzeitig leiten.
An diesem Forschungsteam zeigt sich wunderbar die Absurdität der ganzen Maßnahmen. Sicherlich ist der Fall auch ein Indiz für die hohe Infektiosität der Omikron-Variante. Allerdings begaben sich die Forscher tagelang in Isolation und wurden getestet. Insgesamt werden sie eine sehr stressige und psychisch belastende Zeit gehabt haben. Für ihre Forschung werden sie diese Maßnahmen in Kauf genommen haben und gingen möglicherweise davon aus, dass sie aufgrund dieser nicht an Corona erkranken. Letzten Endes stellt sich aber die Frage, wofür sie das taten. Jetzt können sie ihrer Forschung nicht in Gänze nachgehen, wenn ein Teil abgesagt wird. Die Enttäuschung muss unendlich groß sein. Die Verwunderung über die Maßnahmen ist noch viel größer.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Dana Samson studiert an einer deutschen Universität und schreibt hier unter Pseudonym.
Text: ds
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