Von reitschuster.de
Langjährige Fans der Tagesthemen dürften am Montagabend mit Schnappatmung vor dem Fernseher gesessen haben. Und tatsächlich war es schwere Kost, die die ARD ihren Zwangsabonnenten da im Anschluss an die Nachrichtensendung aufgetischt hat. Manch einer wird sogar gehofft haben, sich auf der Fernbedienung einfach nur verdrückt zu haben oder die Einstellung seiner Antenne überprüft haben. Aber es stimmte tatsächlich, Thomas Berbner durfte sich vor laufender Kamera kritisch und fast schon mit beißender Ironie über die Energiepolitik der vergangenen Jahre äußern. Der NDR-Journalist ließ dabei weder Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die er für den völlig überhasteten Atomausstieg verantwortlich machte, noch den aktuellen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ungeschoren davonkommen. Beide sind in der ARD-Fangemeinde absolute Publikumslieblinge und gelten eigentlich als unantastbar.
„Woher kommt der Strom, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint?“, wollte Berbner wissen und legte damit den Finger tief in die offene Wunde der grünen Energieutopisten. Er erinnere sich noch gut an das Jahr 2011, als er als Berlin-Korrespondent tätig gewesen sei und die „Fragwürdigkeiten des deutschen Atomausstiegs“ miterlebt habe. Angela Merkel habe nach der Fukushima-Katastrophe dem politischen Druck nachgegeben und die Grünen hätten „die große Vision eines Umbaus unseres Landes hin zu erneuerbaren Energien“ an die Wand gemalt, resümierte Berbner. Das „große Ziel des Ausstiegs aus der Atomkraft“, der vielen gar nicht schnell genug gehen konnte, sei ja viel wichtiger gewesen, weshalb diesem alles andere untergeordnet worden sei.
Es folgte die vielleicht wichtigste Passage dieses bemerkenswerten Kommentars: „Heute, zehn Jahre später, können wir nüchtern bilanzieren: Hätten wir nicht so fleißig Atomkraftwerke abgeschaltet, wären wir heute viel unabhängiger von russischem Gas. Kein großes Industrieland ist uns auf dem Irrweg des überstürzten Ausstiegs aus der Atomkraft gefolgt“. Es werde höchste Zeit für eine an den Realitäten ausgerichtete Energiepolitik, mahnte der NDR-Mann und stellte dabei die fast schon süffisante Frage, ob sich auf dieser Welt nicht vielleicht doch noch irgendwo ein paar Brennstäbe finden lassen, „damit wir unsere letzten drei Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus betreiben können.“
Thomas Berbner ist Wiederholungstäter
Berbner beschrieb Deutschland in seinem Kommentar für die Tagesthemen als ein großes Industrieland mit einer Bevölkerung von mehr als 80 Millionen Menschen, die im Winter nicht frieren wollen. Was bis vor Kurzem noch als selbstverständlich galt, könnte angesichts explodierender Energiepreise und physischer Knappheit bestimmter Energieträger schon bald bittere Realität werden. Szenarien vom Blackout oder abgedrehten Heizungen im Winter, die stets als wilde Verschwörungstheorien von Spinnern abgetan wurden, erscheinen plötzlich so realistisch wie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr.
Der Leiter der NDR-Fernsehredaktion kann als so etwas wie das schwarze Schaf unter den regierungstreuen ARD-Journalisten angesehen werden. In der jüngeren Vergangenheit wich Thomas Berbner schon mindestens zweimal in fast schon eklatanter Weise von der Linie des Regierungssenders ab. Wenige Tage nach der Stuttgarter Krawallnacht im Juni 2020 sprach er in den Tagesthemen von jungen Einwanderern, unter denen sich eine „gefährliche Haltung“ verbreite, geistigen Brandstiftern und einer schweigenden Mehrheit, die all diese Auswüchse hinnehme. „Vielleicht ist der Tag nicht fern, dass niemand mehr Polizist werden möchte“, konstatierte Berbner damals. Kritiker bescheinigten dem Journalisten daraufhin „AfD-Niveau“.
Mit seinem Kommentar vom 23. November 2021 schlug Berbner dem Fass endgültig den Boden aus, als er es allen Ernstes wagte, sich im Programm der ARD gegen die allgemeine Impfpflicht auszusprechen. Er erinnerte die Politiker an ihr immer wieder abgegebenes Versprechen, dass es in Deutschland keine Impfpflicht geben werde und wies auf die schwindende Glaubwürdigkeit der Regierungen in Bund und Ländern hin, die in dem „Hin und Her der Maßnahmen“ ohnehin schon schwer gelitten habe. Berbner stellte die Frage, ob man Impfgegner und Impfskeptiker von der Polizei verfolgen lassen und in Handschellen zum Amtsarzt führen wolle.
Es scheint sich etwas zu regen bei den Sendern des ÖRR. Auch wenn der aktuelle Kommentar von Thomas Berbner oder die von Prof. Klaus Stöhr im ZDF ausgesprochene Entwarnung vor der „Sommerwelle“ noch Einzelfälle sind, so erwachen offenbar auch die Mainstreammedien langsam, aber unsanft aus ihrem Dornröschenschlaf und müssen die harten Fakten der Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen.
Bild: Alexander Osenniy / Shutterstock
Text: reitschuster.de
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