Jan Böhmermann, als Kabarettist getarnter Agitator, provoziert wieder einmal auf Kosten von uns Gebührenzahlern im ZDF. Unter dem Titel „WDR-Kinderchor feat. Jan Böhmermann – ‘Meine Oma 2.0‘“ startet er pünktlich zu Weihnachten eine neue Attacke auf den guten Geschmack und auf diejenigen, die seine Arbeit finanzieren. „Meine Oma weiß, es gibt gar kein Corona, Corona, Corona“, lautet diesmal der Refrain des Kinderchors. Und weiter: „Glaubt nicht mehr an Tagesthemen und ans Moma, meine Oma hat das Spiel schon früh durchschaut. Meine Oma feiert Aprés-Ski in Ischgl, in Ischgl, in Ischgl, sie hat keinen Bock auf Social Distancing sucht den Thrill, den Thrill, den Thrill.“ (anzusehen hier).
Abgesehen davon, dass man für acht Milliarden Fernsehgebühren zumindest einen halbwegs anständigen Reim erwarten könnte, wird hier weiter das Grundprinzip des gebührenfinanzierten Fernsehens mit Füßen getreten. Wenn sich private Medien über ihr Zielpublikum lustig machen, ist das ihr gutes Recht in einem freien Land. Nur müssen sie dann eben mit den Konsequenzen rechnen: Dass ihre Auflagen zurückgehen und sie ihre eigene Existenzgrundlage gefährden. Die öffentlich-rechtliche Kaste dagegen missbraucht die Gebührenpflicht zur Verhöhnung der Gebührenzahler. Etwa, wenn Böhmermann singen lässt, Husten und Fieber seien der Oma schnuppe und sie stürme in Schwarz-Rot-Gold den Reichstag.
Zynisch ist die neue Publikumsbeschimpfung vor allem deshalb, weil gerade viele alte Menschen unter der Isolation durch die Corona-Maßnahmen massiv leiden. Statt „Aprés-Ski in Ischgl“ und „Thrill“, wie Böhmermann suggeriert, leben viele etwa in den Altersheimen weitgehend abgeschottet von der Umwelt.
Am Schluss tritt dann Böhmermann selbst mit einem zynischem Lächeln vor die Kamera und singt mit gespieltem Frohsinn: „Meine Oma liegt seit vorgestern im Koma, im Koma, im Koma. Mit ’nem Plastikschlauch in ihrem Tracheostoma. Pandemie vorbei und meine Oma auch“.
In traditionelleren Gesellschaften wie der russischen, ukrainischen oder georgischen wäre so ein Spott über ältere Menschen in dieser pauschalen, zynischen Form kaum denkbar. Nicht, weil er verboten würde, sondern weil Achtung vor der Lebensleistung von Senioren dort zum gesellschaftlichen Konsens gehört. Und man alten Menschen nicht in dieser spöttischen Form den Tod wünscht. In Deutschland scheint es zumindest bei gewissen Akteuren des öffentlich-rechtlichen Fernsehens umgekehrt zu sein. Ihre Verachtung für die älteren Menschen verbergen sie kaum.
Im vergangenen Jahr hatte zum Jahreswechsel der WDR mit seinem Song „Meine Oma ist ne alte Umweltsau“ für Empörung gesorgt. Später bezeichnete ein Mitarbeiter der Anstalt die Großeltern derjenigen, die seine Arbeit finanzieren, als Nazisäue. Die Jugendwelle „Funk“ der öffentlich-rechtlichen freute sich im März darüber, dass durch Corona vor allem alte Menschen sterben. In einem Hass-Spiel verteilte „Funk“ später Punkte für alle, die Kinder zerquetschen zur Bekämpfung von Corona.
Was darf Satire? Viel. Ja, auch solche Lieder darf sie produzieren. Sie darf sich auch über den Tod lustig machen („Oma vorbei“). Aber bitte nicht zwangsfinanziert auf Kosten der Opfer dieses Zynismus! Früher machten Satiriker auf Kosten der Regierung Witze, so dass die Regierten herzhaft lachen konnten über die Mächtigen. Agitatoren wie Böhmermann machen auf Kosten der Regierten Witze, so dass die Regierenden herzlich über den „Pöbel“ – so werden die Menschen dargestellt – lachen können.
Einziger Trost: Die gebührenfinanzierte Geschmacklosigkeit hatte bis Samstagnachmittag nicht einmal 60.000 Aufrufe auf Youtube. Weniger als durchschnittliche Videos von vielen Bloggern, die keinen Cent Gebühren bekommen und kritisch berichten.
Interessant ist auch, wie sich früher konservative Medien wie die Welt wegducken bei dem Thema. Dort ist ein Artikel zu lesen, in dem der massive Ärger und Protest gegen das Böhmermann-Lied schlicht verschwiegen wird.
PS: Im ersten Kommentar hier schrieb mir ein Leser, Böhmermann sei doch keine Beachtung wert. Es wäre vielleicht so, wenn solche Auftritte nicht mit unseren Gebühren zwangsfinanziert wären und nicht aufgrund dieser Gelder ein breites Publikum erreichen würden. So ist es leider geradezu verpflichtend, auf solche Auftritte zu achten.
Bild: Screenshot ZDF
Text: red
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