WM-Posse um Kapitänsbinde: Wie die „Moralapostel“ sich selbst entlarven Das peinliche Einknicken von Neuer & Co. vor Fifa und den Scheichs

„Die Gratismut-Helden gegen Ungarn entlarven sich als Feiglinge in Katar“ – unter diesem Titel hatte ich bereits im September über die Posse um die Kapitänsbinde von Manuel Neuer bei der Fußball-WM im Katar geschrieben. Dass es so bunt kommen würde, wie es jetzt kam, konnte ich damals jedoch noch nicht ahnen. Schon der Verzicht auf die Regenbogen-Farben in der Binde und das Ausweichen auf die „One-Love“-Binde war ein peinliches Einknicken der selbsternannten „Kämpfer für alles Gute“. Doch jetzt geht den katarischen Herrschern und damit auch dem Weltfußball-Verband Fifa, der am Gängelband der reichen Scheichs hängt, auch die One-Love-Binde zu weit. Und wer macht wieder als erster Männchen? Neuer und die selbsternannten „Mutigen“.

Lange hatten der DFB und sein Torwart angekündigt, die ohnehin politisch kastrierte „One-Love-Binde“ auch gegen den Willen der Fifa tragen zu wollen. Doch dann war es vorbei mit dem Mut. „Geldstrafen hätten die Nationalmannschaften wohl akzeptiert, aber von der Fifa angedrohte persönliche Strafen wie Gelbe Karten gegen ihre Kapitäne wollten die europäischen Verbände dann doch nicht riskieren“, schreibt FOL: „Aus diesem Grund verzichten die Kapitäne der an der Aktion für Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit beteiligten Verbände auf das Tragen der ‘One Love‘-Kapitänsbinde.“

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Besonders bizarr: Laut Experten, die unter „Collinas Erben“ auf Twitter aktiv sind, hätte die Fifa für die angedrohten und von Neuer & Co. befürchteten Strafen gar keine Handhabe gehabt.

Den Aussagen zufolge könnte die Fifa zwar anordnen, dass eine bestimmte Art von Kapitänsbinde getragen werde und eine Missachtung dieser Anordnung auch bestrafen. Aber: „Solange eine Botschaft keinen eindeutig unsportlichen Charakter hat, gibt es für den Referee keinen Grund, die Gelbe oder Rote Karte zu zeigen.“ Es sei merkwürdig, wenn die Fifa, die gerne betont, gegen Diskriminierung zu sein, ein Anti-Diskriminierungs-Symbol verbiete: „Das ist genau die Aussage von ‚One Love‘. Ich bezweifle, dass die Anweisung an die Referees, das Tragen dieser Binde mit Gelb zu ahnden, vom Regelwerk gedeckt ist.“

Allerdings sei davon auszugehen, dass die Fifa persönliche Strafen um jeden Preis durchdrücken würde, auch gegen den Geist des eigenen Regelwerks, meinen die Regel-Experten: „Wenn die Fifa das verfügt, werden sich die Unparteiischen dem nicht widersetzen. Und am Ende findet man noch einen Dreh, die Verwarnung regeltechnisch zu legitimieren (Widersetzung gegen eine Anordnung des Referees oder Ähnliches).“

Feige Bettvorleger

Einmal ganz abgesehen davon, wie sinnvoll es ist, in einem fremden Land mit völlig fremden Traditionen westeuropäische Werte durchzudrücken, und dass das etwas von kolonialem Denken hat – Neuer & Co. machen sich komplett lächerlich und unglaubwürdig. Denn sie haben – egal wie sinnvoll das war –  angekündigt, wie ein Löwe zu springen und sind als feige Bettvorleger gelandet.

Erinnern Sie sich noch an den riesigen Zoff bei der Fußball-Europameisterschaft vergangenen Jahres? Mit stolzgeschwellter Brust und so, als sei massiver Mut erforderlich, kämpften der Deutsche Fußballbund, Manuel Neuer und die üblichen Verdächtigen dafür, die Münchener Allianz-Arena beim Spiel gegen Ungarn in Regenbogenfarben erleuchten zu lassen. Um die angeblich ach so homophoben Ungarn zu erziehen (die sich übrigens überhaupt nicht als homophob sehen, sondern ihrerseits Ländern wie der Bundesrepublik eine Frühsexualisierung in Kindergarten und Schule vorwerfen und da nicht mitmachen wollen).

Gefühlte Widerstandskämpfer

Wenigstens zu einem ist die Weltmeisterschaft in Katar auf jeden Fall gut: Wie sonst hätte der feige Gratismut unserer Moral-Lautsprecher derart offensichtlich, ja brutal entlarvt werden können? Was auch immer diese WM bringt – eines sollten sich ihre Protagonisten und ihre Drahtzieher in Medien und Politik auf jeden Fall abschminken: die auch vorher schon absurde Rolle als Widerstandskämpfer.

„Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein“, sagte einst Kurt Tucholsky. Umgemünzt auf Neuer und die ganzen „Moral-Krieger“ in Deutschland könnte man sagen: „Nichts ist einfacher und nichts erfordert weniger Charakter, als sich in offenem Einklang zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Ja.“

PS: Die Nationalspieler des Iran haben heute beim Abspielen der Nationalhymne demonstrativ nicht mitgesungen. Im Gegensatz zu Neuer & Co. riskieren sie damit in der Mullah-Diktatur wirklich etwas. Was für ein Gegensatz unseren feigen Möchtegern-Helden. Man kann sich nur schämen für die deutsche Nationalmannschaft und den DFB.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

amzn

Bild: Tweet DFB

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