Von Kai Rebmann
Wer unliebsame Weihnachtsgeschenke oder Erinnerungsstücke an eine längst verflossene Liebe auf einem der einschlägig bekannten Online-Marktplätze verkaufen will, der sollte jetzt noch schnell handeln. Denn mit dem Jahreswechsel tritt eine für Privatverkäufer nicht ganz unwichtige Gesetzesänderung in Kraft. Ab dem 1. Januar 2023 müssen Amazon, Ebay und Co. sämtliche Transaktionen ihrer Nutzer den jeweils zuständigen Finanzämtern melden. Grundlage hierfür ist das sogenannte Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG), das wiederum auf die EU-Richtlinie 2021/514 (DAC 7) zurückgeht. Von einigen ganz bestimmten Ausnahmen abgesehen, können Privatverkäufer vom Fiskus künftig zur Kasse gebeten und zur Zahlung von Einkommen- und/oder Umsatzsteuer aufgefordert werden.
Am 22. März 2021 wurde die oben besagte Richtlinie in Brüssel auf den Weg gebracht, um „die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (ABl. L 104/1 vom 25. März 2021) (Amtshilferichtlinie)“ zu verbessern, „die der Weiterentwicklung und Verbesserung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dient.“ Den Mitgliedsstaaten wurde bis 31.12.2022 Zeit gegeben, diese Vorgabe in nationales Recht umzusetzen. Diesem Diktat sind Bundestag und Bundesrat jetzt auf den letzten Drücker nachgekommen. Im November 2022 wurde das PStTG durch das Parlament gewinkt, wenige Tage vor dem Jahreswechsel hat nun auch der Bundesrat seinen Segen erteilt.
Was es mit dem neuen Gesetz auf sich hat und welche Folgen sich für Privatverkäufer sowie die Betreiber von Online-Marktplätzen ergeben, erklärt Steuerberaterin Dr. Heidi Friedrich-Vache: „Ziel des Plattformen-Steuertransparenzgesetz ist die Herstellung von Transparenz über geschäftliche Aktivitäten auf digitalen Plattformen, um deren korrekte steuerliche Erfassung sowohl bei den Ertragsteuern als auch bei der Umsatzsteuer sicherzustellen. Bisher konnten Finanzbehörden diese Geschäfte nur schwer ermitteln und es besteht die Vermutung, dass ein erhebliches Steuerpotential nicht erfasst wird. Daher werden nun spezifische Melde- und Sorgfaltspflichten eingeführt, da die Betreiber digitaler Plattformen als diejenigen gelten, die über die notwendigen Informationen im Rahmen ihres Geschäftsmodells verfügen bzw. diese erlangen können. Die gewonnenen Informationen werden im Wege der EU-Amtshilfe bzw. auf Basis internationaler Abkommen automatisch mit betroffenen EU-Mitgliedstaaten bzw. den Behörden qualifizierter Drittstaaten ausgetauscht. Damit müssen Nutzer von digitalen Plattformen damit rechnen, dass alle entgeltlichen Aktivitäten über diese Plattformen europaweit und international für den Fiskus transparent werden.“ Im Klartext: Informationen über persönliche sowie steuerbezogene Daten der Nutzer von Online-Marktplätzen können künftig über Landesgrenzen hinweg zwischen den Behörden von „EU-Mitgliedsstaaten und qualifizierter Drittstaaten“ frei ausgetauscht werden.
Was passiert sonst noch mit den Daten?
Die Privatverkäufer müssen ihre im Internet erzielten Einkünfte bzw. Umsätze nicht selbst dem Finanzamt melden. Dies geschieht im Rahmen des automatischen Informationsaustausches auf EU-Ebene durch die Betreiber der Online-Marktplätze. Eine der wenigen Ausnahmen betrifft Nutzer, die innerhalb eines Jahres weniger als 30 Verkäufe durchführen und (!) dabei weniger als 2.000 Euro umsetzen. Man muss also nicht regelmäßig als Verkäufer in Erscheinung treten, um vom Finanzamt steuerlich einem gewerblichen Verkäufer gleichgestellt zu werden. Schon der Verkauf eines Pkw reicht in der Regel aus, um die im PStTG formulierte Freigrenze zu überschreiten. Im Vorteil sind Privatverkäufer, die auf mehreren Marktplätzen aktiv sind. Denn die genannten Freigrenzen gelten laut Paragraf 4 Absatz 5 Nr. 4 PStTG jeweils für die „Inanspruchnahme derselben Plattform“.
Zu den Daten, die über nicht freigestellte Privatverkäufer ab sofort auf EU-Ebene und gegebenenfalls darüber hinaus ausgetauscht werden, gehören gemäß Paragraf 14 PStTG insbesondere folgende Informationen: Vor- und Nachnamen, Anschrift des Wohnsitzes, jede Steueridentifikationsnummer, Identifikationsnummer für Umsatzsteuerzwecke, Geburtsdatum, Kennung des eigenen Finanzkontos oder jenes eines Dritten, falls das beim betreffenden Marktplatz gemeldete Konto nicht auf den eigenen Namen lautet.
Im Umkehrschluss dürfte das bedeuten, dass jeder Nutzer diese Daten beim Betreiber eines von ihm genutzten Marktplatzes hinterlegen muss, damit dieser im Bedarfsfall – sofern die Freigrenzen überschritten werden – dem Finanzamt melden kann. Was darüber hinaus noch mit diesen Daten geschieht, darüber kann wohl nur spekuliert werden. Mit dem PStTG will der Fiskus künftig also nicht nur bei Privatverkäufen mitverdienen, sondern schafft – gewollt oder ungewollt – ein zusätzliches Instrument zur weiteren Schwächung des Datenschutzes.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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