Von Daniel Weinmann
„Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“ Dieser Tweet der ehemaligen Dozentin für interkulturelle Kompetenz an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen schlug enorme Wellen (reitschuster.de berichtete).
Die Reaktion der Behörden folgte überraschend schnell: Nur zwei Tage später teilte das nordrhein-westfälische Innenministerium mit, dass die Deutschtürkin nicht länger an der Polizei-Hochschule beschäftigt werde und keinen neuen Lehrauftrag bekomme.
Von einer Entlassung oder einem Rauswurf, zu der viele Medien den Schritt des Ministeriums hochdramatisierten, kann keine Rede sein. Hauptamtlich ist Aslan verbeamtete Lehrerin in Nordrhein-Westfalen. Als Lehrbeauftragte in der Ausbildung angehender Polizisten war sie in ihrer Freizeit tätig. Die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen hat Aslan lediglich eine bereits zugesagte Lehrbeauftragung wieder zurückgezogen und ihre Bestellung als Gutachterin für Abschlussarbeiten an der Hochschule widerrufen.
»Wir sehen die Freiheit der Lehre in Gefahr«
So unerwartet die Freistellung erfolgte, so erwartbar war der große Zuspruch für die ehemalige Dozentin. In einem offenen Brief, den die „Zeit“ veröffentlichte, haben sich mehr als 450 Wissenschaftler, Politiker und Semi-Prominente wie der sogenannte Satiriker Jan Böhmermann hinter die Hochschullehrkraft gestellt. Vor allem die Grünen erwiesen sich als Aslan-Versteher.
Die Unterzeichner zeigen Verständnis für deren Vorwurf, dass die Polizei ein Problem mit Rassismus und Rechtsextremismus in den eigenen Reihen habe. Immerhin distanzieren sie sich „in aller Form“ von Aslans Wortwahl. „Was wir in den vergangenen zwei Tagen im Anschluss an diesen Tweet erleben mussten, erfüllt uns mit großer Bestürzung und Besorgnis“, schreiben die Unterstützer. Sie werde mit Verleumdungen, Beleidigungen und Bedrohungen überzogen. „Etablierte Parteien und Polizeigewerkschaften gehen mit Falschbehauptungen gegen sie vor“, behaupten die selbsternannten Pächter der Wahrheit – ohne näher zu beleuchten, welche Behauptungen aus welchem Grund falsch sein sollen.
„Wir halten die Entwicklungen im Fall Bahar Aslan für einen fundamentalen Angriff auf die Meinungsfreiheit und die Wissenschaftsfreiheit. Wir sehen die Freiheit der Lehre in Gefahr“, lautet ihr einseitiges Verständnis vom Recht auf freie Meinungsäußerung. Politiker und Gewerkschaftler würden „Einschüchterungsversuche“ betreiben.
»Ja, ich sympathisiere mit Linksextremisten!«
Dazu gesellt sich eine gute Portion linksgrüner Larmoyanz: „Während wir in der Organisation Polizei zum Teil viel Verständnis im Umgang mit rechten Grenzüberschreitungen feststellen, macht uns die Unerbittlichkeit im Umgang mit einer migrantischen Frau, die sich für eine bessere Polizei einsetzt, fassungslos.“
Aslans Gebaren mag ein mittlerweile gelöschter Tweet erklären, den sie im Januar 2021 abgesetzt hatte: „Ja, ich sympathisiere mit Linksextremisten!“ Zugleich kündigte sie an, ein Antifa-Magazin zu abonnieren, also gleichsam ihre „Steuern in die Antifa zu investieren“ und provozierte: „Sie dürfen sich gern bei meinem Dienstherren über mich beschweren.“
Der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Michael Mertens, ließ sich von der Solidarität für Aslan nicht beeindrucken. Eine „Pauschalverurteilung der Sicherheitsbehörden geht gar nicht“, sagte er am Pfingstmontag. Der Fall müsse arbeits- und strafrechtlich aufgearbeitet und geprüft werden. Der Innenpolitiker der nordrhein-westfälischen CDU, Christos Katzidis, erwartet derweil eine strafrechtliche und disziplinarrechtliche Prüfung.
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Bild: Screenshot Youtube-Video Gky-TV