Von Kai Rebmann
Während in Berlin ein Flüchtlings-Gipfel nach dem anderen ohne nennenswerte Ergebnisse verstreicht, wissen die Städte und Gemeinden schon längst nicht mehr, wie sie der sich immer mehr zuspitzenden Lage vor Ort noch Herr werden sollen. In der Not wurden in den vergangenen Monaten schon Altenheime geräumt oder langjährige Mieter aus gemeindeeigenen Wohnungen gekündigt, um Platz für die Neuankömmlinge zu schaffen. Es sind genau solche Maßnahmen, die einem wohl zuerst in den Sinn kämen, wenn man vorhätte, das Volk bewusst gegen Flüchtlinge aufzubringen.
Oder man macht es wie das Land Nordrhein-Westfalen, in diesem Fall vertreten durch die Bezirksregierung Münster, und holt zu einem millionenschweren Flüchtlings-Wumms aus. Ein Leser schickte uns eine sogenannten „Letter of Intent“ (Absichtserklärung) über die Umgestaltung des bisherigen 4-Sterne-Hotel Van der Valk in Gladbeck.
Die Dimensionen dieser offenbar geplanten Partnerschaft sprengen alle Dimensionen, sowohl hinsichtlich der Kosten als auch des sonstigen Umfangs. Kurz gesagt: Den Flüchtlingen wird ein Rundum-Sorglos-Paket geboten, von dem die meisten Arbeitnehmer mit einer regulären 40-Stunden-Woche nur träumen können – von Rentnern, die ein ganzes Leben lang gearbeitet haben, mal ganz abgesehen.
Monatliche Kosten deutlich über 600.000 Euro
Laut Punkt 3 der Absichtserklärung (liegt reitschuster.de vor) beabsichtigen die Parteien folgende monatliche „Pacht- und Vergütungsstruktur“: Kaltpacht 320.000 Euro, Miete für Möbel 40.000 Euro sowie Zusatz-Dienstleistungen 245.316,50 Euro. Hinzu kommen noch Verpflegungsdienstleistungen in Höhe von bis zu 18,50 Euro pro Person und Tag sowie verbrauchsabhängige Kosten für Müllentsorgung und weitere Nebenkosten. Alleine die Fixkosten summieren sich unter dem Strich auf deutlich mehr als 600.000 Euro im Monat.
Was unter den „Zusatz-Dienstleistungen“ zu verstehen ist, wird in dem Dokument so beschrieben: „Darunter fallen die Gemeinschaftswäsche, inklusive Bettwäsche- und Handtuchwechsel für bis zu 618 Personen, Betrieb einer Gemeinschaftswascheinrichtung für die Bewohner, Reinigung, Hausmeistertätigkeiten, Winterdienst, Grünpflege und Kioskbetrieb.“
Wer kennt sie nicht, die freundlichen Mitarbeiter vom örtlichen Bauhof, die beim Otto-Normalbürger im Winter zum Schneeschippen vorbeikommen und im Sommer zum Rasenmähen? Oder ist es wirklich zu viel verlangt, wenn sich Flüchtlinge im Rahmen ihrer sicherlich vorhandenen Möglichkeiten für das Gemeinwohl einbringen? Anscheinend ja, zumindest wenn es nach der Bezirksregierung in Münster geht.
Pachtvertrag über 10 Jahre
Ob das 4-Sterne-Hotel Van der Valk in Gladbeck jemals wieder seiner bisherigen Bestimmung zugeführt wird, darf getrost bezweifelt werden. Denn der beabsichtigte Pachtvertrag soll nach Möglichkeit bis spätestens Ende November 2023 unterzeichnet werden und in Kraft treten. Weiter heißt es dazu: „Eine Verpachtung der Immobilie als Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge soll für die Dauer von 10 Jahren fest erfolgen.“
Oder anders ausgedrückt: Die Flüchtlinge werden kommen, um – gegebenenfalls in wechselnder Besetzung – zu bleiben. Deshalb werden im 4-Sterne-Hotel auch umfangreiche und kostenintensive „Umbau- und Ausstattungsmaßnahmen“ notwendig. Diese Baukosten sollen „vollumfänglich durch den Pächter getragen werden“, wie es in der Absichtserklärung heißt. Geschehen soll das durch die „vollständige Umlage der Kosten auf die monatliche Pacht für einen Zeitraum von 10 Jahren.“ Nach „gegenwärtigem Verhandlungs- und Planungsstand“ sollen diese Baukosten bei maximal einer Million Euro (netto) liegen.
Aber: Dieser Betrag dürfte kaum ausreichen, weshalb wohlweislich von einer Soll-Bestimmung die Rede ist. In der Absichtserklärung heißt es deshalb: „Den Parteien ist jedoch bewusst, dass insbesondere mögliche Änderungen respektive Erweiterungen der Umbau- und Ausstattungsmaßnahmen, behördliche Auflagen und Weisungen, etwaige Lieferengpässe oder inflationsbedingte Preisaufschläge die Baukosten erhöhen können.“
Fass ohne Boden
Oder anders ausgedrückt: Hier scheint sich für den Steuerzahler ein Fass ohne Boden aufzutun. Denn auch unser Leser, der eigenem Bekunden zufolge in der Immobilienbranche tätig ist, geht von ganz anderen Baukosten aus. Seiner Erfahrung zufolge machen die Planungskosten regelmäßig etwa 10 Prozent der Baukosten aus. Laut Absichtserklärung trägt der Verpächter, also der Betreiber des Hotels, „die gesamten Planungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 500.000 Euro (netto).“ Den Angaben des Lesers zufolge wäre demnach mit Baukosten in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro zu rechnen.
Ausgehend von der Maximalbelegung mit 618 Flüchtlingen ergeben sich allein aus der Kaltpacht, den „Zusatz-Dienstleistungen“ und der Miete für die Möbel monatliche Fixkosten in Höhe von knapp 1.000 Euro pro Kopf. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass ein Doppelzimmer in einem 4-Sterne-Hotel eine Mindestgröße von 22 Quadratmetern aufweisen muss, ergäbe sich bei einer Doppelbelegung eine Miete in Höhe von rund 90 Euro pro Quadratmeter (2 x 1.000 / 22)! Die Umlage für die Baukosten in unbekannter Höhe sowie weitere Aufwendungen sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Und: In den kommenden Jahren werden sich diese Kosten noch massiv erhöhen. Sowohl die Kaltpacht als auch die Miete für die Möbel „sollen sich im Rahmen einer Staffelpacht respektive Staffelmiete jährlich alle 12 Monate nach Pacht- respektive Mietbeginn respektive nach dem letzten Anpassungsdatum automatisch um 3,00 Prozent erhöhen“, wie es in der Absichtserklärung heißt. Dasselbe gilt in entsprechender Weise für die Kosten der „Zusatz-Dienstleistungen“ und Verpflegungsdienstleistungen.
So viel scheint sicher: Der anvisierte Flüchtlings-Wumms von Gladbeck wird einmal mehr nicht nur für politische, sondern vor allem auch gesellschaftliche Diskussionen sorgen – und das bis weit über die Landesgrenzen von Nordrhein-Westfalen hinaus!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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