Von Kai Rebmann
Sie gelten als die natürlichen Feinde der Meinungsfreiheit; die Zensoren, die in den sozialen Medien ihr Unwesen treiben und sich dabei ungeniert den Anschein geben, im Auftrag der Regierungen zu handeln. So wie zum Beispiel die einschlägig erfahrenen Fachkräfte von Bertelsmann bei Facebook, die jede missliebige Meinung, die nicht bei Drei auf den Bäumen ist, dem Vergessen anheimfallen lassen wollen.
Im Gegenzug werden die Zensoren mit Steuergeldern alimentiert und für ihre Dienste über den grünen Klee gelobt. Zuletzt geschehen im Februar 2023, als die EU-Kommission unter anderem Google, Microsoft oder TikTok für deren vorbildliche Umsetzung des „freiwilligen EU-Verhaltenskodex“ hinsichtlich der Verbreitung tatsächlicher oder vermeintlicher „Fake News“ hervorhob. Twitter hingegen, so verlautete es damals aus Brüssel in sehr diplomatischem Ton, sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Dabei hätte sich die Überraschung eigentlich in Grenzen halten müssen. Denn nichts anderes hatte der neue Twitter-Chef Elon Musk bei der Übernahme der Plattform im Spätjahr 2022 angekündigt – weniger Zensur, mehr Meinungsfreiheit!
Schnappatmung in Berlin und Brüssel
Ebenso wenig überraschend ist eine weitere Ankündigung der EU im Zusammenhang mit ihren Zensurvorgaben. Was bisher unter einer „freiwilligen Verpflichtung“ firmierte und damit ein Widerspruch in sich darstellte, soll demnächst auch offiziell genau das werden, was es offenbar schon jetzt ist – eine Verpflichtung.
Unter dem Banner „Kampf gegen Desinformation“ tritt am 25. August 2023 ergänzend der sogenannte „Digital Service Act“ in Kraft, hinter dem sich nichts anderes verbirgt als weitere Zensurvorgaben in Richtung der (sozialen) Medien.
Dementsprechend groß war die Aufregung, als Elon Musk vor wenigen Tagen den Austritt von Twitter aus dem „freiwilligen“ EU-Verhaltenskodex bekanntgegeben hat. Was bei einer tatsächlichen Freiwilligkeit der Mitgliedschaft eigentlich kein Problem darstellen sollte, sorgte bei den Protagonisten in Berlin und Brüssel für Schnappatmung, zumindest aber erhöhten Puls.
So äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser – kein Witz – ausgerechnet auf Twitter: „Desinformation, Lügen und Propaganda befeuern Hass und sind Gift für die Demokratie.“ Das Gesetz, welches Faeser bezeichnenderweise als „unser Recht“ titulierte, gelte für alle Plattformen und man werde es auch durchsetzen, drohte die SPD-Politikerin.
Ähnlich äußerte sich Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, der klarstellte, dass die Verpflichtungen auch für Twitter bestehen blieben. „Man kann weglaufen, aber man kann sich nicht verstecken“, so der Franzose. „Unsere Teams“ seien auf die Durchsetzung von geltendem Recht vorbereitet, wie Breton hinzufügte.
Musk droht mit Veröffentlichung von Zensuranträgen
Dem Tesla- und Twitter-Chef sind solche Drohungen einerlei. Vielmehr will Elon Musk das Zensur-Diktat aus Brüssel galant umschiffen und die EU mit den eigenen Waffen schlagen. Konnten von Zensur, Sperrung oder gar Löschung des eigenen Accounts Betroffene bisher nur rätseln, weshalb sie die entsprechende Maßnahme getroffen hat, soll die Beweislast bei Twitter künftig auf die EU übertragen werden.
Und das geht so: Immer, wenn die EU bzw. die von ihr beauftragten Zensoren der Meinung sind, ein Post oder Account verstoße gegen die Regeln – insbesondere in Bezug auf „Fake News“ und/oder „Desinformation“ – stellen sie beim Betreiber, in diesem Fall bei Twitter, einen Antrag auf Löschung. Und eben diese Dokumente will Elon Musk veröffentlichen, so dass sich jeder seine eigene Meinung dazu bilden kann.
Was eigentlich auch für die EU ein Grund zur Freude sein müsste – denn so viel Transparenz sollte doch ganz in ihrem Sinne sein – hat in Brüssel und darüber hinaus aber zu panischen Reaktionen geführt.
Man fragt sich unweigerlich, weshalb es der EU-Kommission oder auch Nancy Faeser so große Angst einjagt, wenn Elon Musk ankündigt, dass Twitter dieses Zensur-Spiel nicht mehr mitspielen oder dabei zumindest nicht mehr willenlos nach der Pfeife der Regierungen tanzen will.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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