Ein Dorf sieht rot! Kompletter Gemeinderat schmeißt hin Hilferuf aus Rheinland-Pfalz

Von reitschuster.de

Deutschland muss den Gürtel enger schnallen. Das versprochene „grüne Wirtschaftswunder“ ist völlig überraschend ausgeblieben, stattdessen steckt das Land in einer tiefen Rezession. Davon weiß man nicht zuletzt auch in Freisbach (Rheinland-Pfalz) ein Lied zu singen. Im 1100-Seelen-Dorf nahe Germersheim in der Südpfalz bahnt sich dieser Tage wahrhaft Historisches an. Der gesamte Gemeinderat einschließlich des Bürgermeisters will die Brocken hinwerfen – ein in Deutschland bisher wohl einmaliger Vorgang.

Grund: Das Dorf ächzt unter der aus Mainz und Berlin verordneten Abgabenlast, das Geld reicht seit Jahren nicht einmal für das Nötigste. Wo eigentlich ein Kita-Neubau für 70 Kinder stehen sollte, sind die „Pfefferminz-Zwerge“ notdürftig in einem Container untergebracht. Wo eigentlich unbeschwerter Schul- und Vereinssport stattfinden sollte, herrscht beim Duschen Legionellen-Alarm. Und selbst die alltägliche Fahrt über die Ortsstraße gleicht immer öfter einem Riesenslalom um die reichlich vorhandenen Schlaglöcher.

Geld reicht hinten und vorne nicht

Freisbach erzielt pro Jahr Einnahmen in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Was für den Unterhalt selbst einer kleinen Gemeinde schon nicht sonderlich viel Geld ist, schrumpft nach Abzug diverser Umlagen auf einen Bruchteil zusammen. Doch seit diesem Jahr bleibt von dem ohnehin schon Wenigen so gut wie nichts mehr übrig.

Schuld sind immer höhere Abgaben an den Landkreis Germersheim sowie die Verbandsgemeinde Lingenfeld, unter anderem „für die Unterbringung von Flüchtlingen“ oder „Aufgaben wie die kommunale Wärmeplanung“, wie die „Bild“ schreibt. Unter dem Strich summieren sich die Abgaben und Umlagen auf 90 Prozent, in Freisbach verbleiben also nur rund 120.000 Euro.

Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, gab Innenminister Michael Ebling (SPD) Anfang dieses Jahres eine Neuregelung des Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz bekannt. Diese verpflichtet die Städte und Gemeinden unter anderem zur Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts. Mit anderen Worten: Dem Kämmerer stehen in diesem Jahr deshalb theoretisch – und leider auch praktisch – gerade mal 120.000 Euro zur Verfügung.

Eine Rechnung, die natürlich gar nicht aufgehen kann. Bürgermeister Peter Gauweiler (parteilos) fragt rhetorisch: „Alleine der Kindergarten kostet uns im Jahr 380.000 Euro. Wie wollen wir da einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen?“ Für Unterhalt und sonstige Fixkosten der Sporthalle werden pro Jahr 124.000 Euro fällig. Zusammen mit weiteren Kostenstellen wie Friedhof, Bauhof oder Rathaus steht in Freisbach unter dem Strich ein dickes Minus von rund 640.000 Euro.

Gemeinderat hat die Faxen dicke

Beispiel Kindergarten: Die Einrichtung der „Pfefferminz-Zwerge“ müsste laut Kita-Gesetz eigentlich um einen Neubau erweitert werden, um dort wie bisher rund 70 Kinder betreuen zu können. Kostenpunkt: 5,5 Millionen Euro. Geld, das Freisbach nicht hat, sodass improvisiert werden muss. Gauweiler ist „schon froh, dass in letzter Minute ein zusätzlicher Container genehmigt wurde.“

Mein Lesetipp

Auswege aus dem Dilemma gäbe es natürlich, etwa durch Erhöhung der Grundsteuer sowie der Hunde- und Gewerbesteuer. An solche Maßnahmen will der Bürgermeister eigenem Bekunden zufolge aber nicht einmal denken: „Wie soll ich den Bürgern erklären, dass sie doppelt oder dreimal so viel zahlen sollen, aber nichts dafür bekommen? Nicht mit uns!“

Deshalb steht der Entschluss für Gauweiler nach 19 Jahren an der Spitze des Rathauses fest. Bei der für den heutigen Dienstag angesetzten Gemeinderatssitzung will der Noch-Bürgermeister sein Amt zur Verfügung stellen: „Wir können nichts mehr für unser Dorf tun. Das ist ein Hilferuf, stellvertretend für viele andere Kommunen.“

Die Wir-Form in den Aussagen des Schultes wurde durchaus mit Bedacht gewählt. Denn neben dem Bürgermeister – und das macht die Ereignisse in Freisbach so außergewöhnlich – haben auch alle 16 weiteren Mitglieder des Gemeinderats angekündigt, ihre Ämter niederzulegen. Holger Karn (parteilos) sagt stellvertretend für seine Kollegen: „Jetzt reicht’s! Wir müssen immer mehr Aufgaben erfüllen und bekommen keine Mittel, um das zu bewältigen. Wir kleinen Gemeinden haben so keine Chance mehr.“

Sportverein schickt Brandbrief nach Mainz

Die historische Sitzung soll in der Sport- und Kulturhalle stattfinden. Und auch das hat durchaus symbolträchtigen Charakter. Die in den 1970er-Jahren erbaute Halle wird von den Einwohnern seit jeher als „Dreh- und Angelpunkt der Dorfgemeinschaft“ wahrgenommen. Aber leider sind die Jahrzehnte auch an dem altehrwürdigen Komplex nicht spurlos vorbeigegangen und weite Teile der Infrastruktur können bzw. müssen als „baujahrtypisch“ bezeichnet werden.

„Sicherlich wurde hier das Geld nicht körbeweise aus dem Rathausfenster geworfen.“ Dieser Satz umschreibt die Situation in diplomatischen Worten und stammt aus einem Schreiben, mit dem sich der Vorstand des SV Freisbach an das Land gewandt hat. Seit Jahren geforderte und aus Sicht des Vorstandes auch dringend notwendige Sanierungsarbeiten wurden von der Kommunalaufsicht des Landes zuletzt als „freiwillige Leistung“ der Gemeinde bezeichnet, als vermeintlicher Luxus also.

Doch von solchen Zuständen ist man in der Sport- und Kulturhalle mindestens so weit entfernt wie die politisch Verantwortlichen in Mainz und Berlin von ihren Bürgern. „Tatsache ist, in den letzten Jahren wurden keinerlei größere Reparaturen oder Verschönerungen vorgenommen“, zitiert die „Rheinpfalz“ aus dem Brandbrief. Und weiter: „In den Umkleiden (und hoffentlich nur dort) gibt es eine Legionellenbelastung. Duschen ist verboten. 12 Duschköpfe mit Bakterienfilter würden Abhilfe schaffen.“

Doch selbst für die 1.500 Euro, mit denen diese bescheiden anmutende Maßnahme zu Buche schlagen würde, scheint im Haushalt der Gemeinde kein Platz zu sein. Die Kosten würden also „mal wieder“ am Verein hängen bleiben, so die Unterzeichner. Im Gegensatz zur Kommunalaufsicht sieht der SV Freisbach den Erhalt der Sporthalle als „eine Pflichtaufgabe der Gemeinde“ und keineswegs als nur „freiwillig“ an.

Den angekündigten Rücktritt ihres Gemeinderats bezeichnen die Vereinsvertreter als „Spitze des Eisbergs.“ Viele Kommunen würden dem Beispiel von Freisberg noch folgen, „sollte sich nichts ändern“, zeigen sich die Schreiber des Brandbriefs überzeugt.

Landesregierung gibt den Schwarzen Peter zurück

Besonders aufgeschreckt scheint man in Mainz aufgrund der jüngsten Ereignisse in der Südpfalz aber nicht zu sein. Weder der Parteiaustritt von Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck, die unlängst ihr SPD-Parteibuch aus Protest gegen die Politik der Landesregierung zurückgegeben hatte, noch die reihenweise geworfenen Handtücher in Freisbach können die Verantwortlichen aus der Ruhe bringen.

Stattdessen versucht das zuständige Innenministerium gegenüber dem SWR, den Schwarzen Peter an die ehrenamtlich tätigen Volksvertreter zurückzugeben: „Wir hoffen, dass die Ankündigungen und möglichen Entscheidungen noch einmal zum Wohle der örtlichen Gemeinschaft überdacht werden.“

Für Gemeinderäte und Bürgermeister in kleinen Kommunen wie Freisbach müssen solche Worte wie blanker Hohn klingen!

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