Ein Gastbeitrag von Zacharias Fögen
Der „Attentäter“ von Hanau litt, das geht aus den von ihm selbst veröffentlichten Videos für jeden Arzt klar hervor, unter einer akuten paranoiden Psychose. Er wollte mit seiner Tat maximale Aufmerksamkeit erregen.
Der Umgang von Politik und Medien mit dem Vorfall zeugt bestenfalls von völliger Unkenntnis, schlimmstenfalls von völliger Ignoranz gegenüber psychischen Erkrankungen.
Alleine der Begriff Attentat (Duden: politisch oder ideologisch motivierter [Mord]anschlag auf eine im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeit) ist falsch. Selbst der Begriff Amoklauf (Duden: in einem Zustand krankhafter Verwirrung [mit einer Waffe] umherlaufen und blindwütig töten) trifft nicht zu, da der Täter nicht blindwütig handelte, sondern bewusst Ziele ausgesucht hat, um maximale Aufmerksamkeit zu erregen. Da er dies mit dem Vorsatz begann, sein eigenes Leben zu beenden, handelt es sich um einen erweiterten Suizid.
Nun ist eine akute paranoide Psychose nicht automatisch gleichzusetzen mit einer paranoiden Schizophrenie (dafür ist der Verlauf entscheidend und der ist nicht bekannt), und es käme ja beispielsweise auch eine drogeninduzierte Psychose in Betracht.
Trotzdem sollte dieser erweiterte Suizid Anlass sein, über Schizophrenie zu sprechen. Diese steht an 11. Stelle der „years lived with disability“ (YLD), denn trotz der glücklicherweise relativ geringen Inzidenz leiden die Betroffenen lebenslang. „Bis zum Erreichen des 40. Lebensjahrs sind schon 50 Prozent aller männlichen Patienten frühberentet, die Hälfte aller weiblichen Schizophrenie-Patienten erreicht das 44. Lebensjahr bevor sie Rentenleistungen wegen Erwerbsminderung in Anspruch nehmen. Der wahrscheinliche Grund hierfür ist, dass bei Frauen die Erkrankung mehrere Jahre später ausbricht. Insofern entspricht der Altersabstand bei der Berentung dem der ersten Krankheitsepisode.“ (Quelle: DRV).
Ausgehend vom mittleren Berentungsalter als Indikator handelt es sich um die schwerste bekannte psychische Erkrankung. Die medikamentösen Therapieoptionen sind leider oft mit starken Nebenwirkungen verbunden und oft nicht in der Lage die Symptomatik vollständig zur Remission zu bringen.
Die Behandlungsmöglichkeiten für die Ärzte haben sich im letzten Jahrzehnt dramatisch verschlechtert, da die Zwangsmedikation immer schwieriger bis unmöglich geworden ist. Ist ein Betroffener jedoch einmal wahnhaft, so gehen die Symptome ohne medikamentöse Behandlung meist nicht von selbst zurück. Dabei hat die Dauer der psychotischen Episode einen maßgeblichen Einfluss auf die langfristige Prognose des Betroffenen, und es wäre in dessen eigenem Interesse (das er in der Psychose jedoch nicht wahrnehmen kann), frühzeitig eine antipsychotische Medikation zu nehmen – um letztendlich auch solche erweiterten Suizide wie den von Hanau zu verhindern.
Die Diskussion darüber wird jedoch vermieden:
Denn in grotesker Weise widersprechen Gesetzgebung und Rechtsprechung in der Corona-Pandemie dem Vorgehen im Bereich Schizophrenie. Aus den von Gerichten und Gesetzgeber extrem gestärkten Patientenrechten wider dessen eigenem Wohl (hinsichtlich der langfristigen Prognose) wurde eine komplette Entmündigung der gesamten Bevölkerung zu deren vermeintlichem eigenen Wohl durch nicht evidenzbasierte Maßnahmen (Maskenpflicht, Lockdown und Impfung) – unter völliger Ignoranz der durch die Maßnahmen verursachten psychosozialen Konsequenzen.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
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Autor Zacharias Fögen über sich: „Nach fünf Semestern Mathematikstudium entschloss ich mich, mich der größten Unbekannten im Universum zu stellen: dem Menschen. Mein Studium der Humanmedizin schloss ich im Jahr 2011 mit dem Staatsexamen ab.“
Bild: StunningArt/Shutterstock
Text: Gast
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