Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger
Sieben Todsünden kennt die katholische Theologie, nämlich Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Faulheit. Man bezeichnet sie auch gerne als Hauptlaster und vertritt die Auffassung, aus ihnen könnten und müssten verschiedenste Sünden aller Art folgen. Schon deshalb ist klar, dass sie nichts anderes als die Höllenstrafe nach sich ziehen können, falls der Sünder sie nicht ohne Vorbehalt bereut und entsprechend Buße tut.
Doch ob man sich nun zum katholischen Glauben hingezogen fühlt oder nicht: Die eine oder andere Todsünde ist auch ohne theologische Belastung mit eher unangenehmen Folgen verbunden. Der Hochmut beispielsweise tritt in verschiedenen Spielarten auf, und eine davon ist die Eitelkeit. Folgt man ausnahmsweise Wikipedia, so versteht man darunter „die übertriebene Sorge um die eigene Schönheit oder die geistige Vollkommenheit, den eigenen Körper, das Aussehen und die Attraktivität oder die Wohlgeformtheit des eigenen Charakters.“ Das kann man so sehen, und es steht außer Frage, dass Eitelkeit in der Regel mit hohen, teilweise ausufernden Kosten verbunden sein dürfte. Schönheit und Körper in übergründlicher Weise zu pflegen, stets auf das eigene Aussehen und die eigene Attraktivität bedacht zu sein – das kostet Zeit, Energie und Geld. Wie schön ist es da, wenn man sich nicht selbst um die lästigen Kosten kümmern, wenn man nicht in eigener Person und mit dem eigenen Konto für diese Pflege haften muss, sondern solch lästigen Kleinkram auf andere Menschen abschieben kann!
Doch auf wen? Es kommt darauf an. Im Falle unserer sprach- und völkerrechtsbegabten Bundesaußenministerin ist die Sachlage klar: Die Staatskasse ist es, die Sorge zu tragen hat für ihre kleinen menschlichen Bedürfnisse, und da der Staat kein eigenes Geld hat, sondern immer nur das Geld seiner Bürger vergeuden kann, handelt es sich wie so oft um die Mittel der Steuerzahler.
Aber darf man hier von Eitelkeit sprechen? Ich gebe gern zu, dass in diesem Fall eine übertriebene Sorge um „geistige Vollkommenheit“ oder gar die „Wohlgeformtheit des eigenen Charakters“ nur schwer zu erkennen ist, schon bei der Wohlgeformtheit deutscher oder englischer Sätze scheint es ein wenig zu hapern. Das muss jedoch auch nicht sein, schon die übergründliche Pflege von Schönheit, Körper, Aussehen und Attraktivität genügen. Und ab wann würde man von übergründlicher Pflege sprechen? Hier gibt uns ein Meinungsbeitrag im Magazin „stern“, verfasst von Kerstin Herrnkind, erschöpfend Auskunft: „Besonders teuer“, versichert uns die Autorin, „ist die Maskenbildnerin der grünen Außenministerin Annalena Baerbock – 137.000 Euro.“ Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es handelt sich um 137.000 Euro allein im Jahr 2022. Für die Maskenbildnerin von Annalena Baerbock. Für die Pflege ihrer Schönheit, ihres Körpers, ihres Aussehens, ihrer Attraktivität.
Umgerechnet auf den Monat sind das 11.416 Euro, pro Tag findet man beträchtliche 375 Euro. Und das an jedem Tag eines ganzen Jahres.
Bei dem Statistikdienstleister Statista kann man nachlesen, dass „Haushalte mit haushaltsführenden Personen im Alter von 35 bis 44 Jahren … monatlich durchschnittlich rund 45 Euro für Körperpflegeartikel und -geräte“ und 29 Euro für Dienstleistungen für die Körperpflege ausgaben. Die Zahl stammt zwar aus dem Jahr 2018, man darf sie guten Gewissens in Bezug auf 2022 ein wenig erhöhen – aber von insgesamt 74 Euro auf 11.416 Euro, das ist schon ein gewagter Schritt, den nicht einmal die regierungsinduzierte deutsche Inflation geschafft haben dürfte. Somit kann man wohl von „übergründlicher Pflege“ reden und daher auch von Eitelkeit.
Überversorgte und unterqualifizierte Politiker
Unsere Autorin Herrnkind sieht das aber nicht ganz so eng und führt zunächst an, die Opposition, die sich nun lauthals beschwere, sei keineswegs uneitler. „Der Bund zahlt noch immer rund 3000 Euro im Monat dafür, dass Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gut aussieht. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat 2022 fast 180.000 Euro für Fotografen ausgegeben.“ Das will ich nicht bestreiten, auch wenn mir nicht so ganz klar ist, warum denn die Betreuer der Altkanzlerin derartig versagt haben. Es zeigt allerdings nur, dass Eitelkeit auf Steuerzahlerkosten sich quer durch die Parteien zieht, kann sie aber auf keinen Fall rechtfertigen oder auch nur verharmlosen. Und tatsächlich kommt Herrnkind auf eine großartige Idee: „Die Menschen könnten den Eindruck gewinnen, dass „die da oben“ sich von ihrem sauer verdienten Geld aufhübschen, während sie nicht wissen, wie sie ihre Heizkosten zahlen sollen.“ Man beachte die Feinheiten der Formulierung: Die Menschen könnten den Eindruck gewinnen. Es ist eben nur ein Eindruck, den ein paar fehlgeleitete Menschen haben könnten, es ist nicht die bittere Realität, dass überversorgte und unterqualifizierte Politiker sich mit dem Geld der Steuerzahler „aufhübschen“, während eben diese Steuerzahler etwas Besseres mit ihren Mitteln anzufangen wüssten, als die Maskenbildnerin unserer feministischen Außenpolitikerin zu finanzieren – böse Zungen mögen behaupten, dass die Investition in eine erfahrene Logopädin immerhin noch etwas sinnvoller gewesen wäre, aber zu den bösen Zungen habe ich bekanntlich noch nie gehört.
In jedem Fall trügt nach Auffassung der stern-Autorin der Schein, es ist eben doch nur ein Eindruck, der nichts mit den Tatsachen zu tun hat. „Wir sollten großzügiger sein“, so meint sie. „Die Honorare fließen in die Kassen von Visagisten, Friseuren, Fotografinnen, die in der Regel nicht zu den Gutverdienenden gehören.“ Eine Maskenbildnerin, für die man innerhalb eines Jahres 137.000 Euro ausgibt, dürfte ohne Frage doch zu den Gutverdienenden gehören, und nur weil es in einer Branche auch Minderverdiener gibt, muss man das Geld – ich sage es noch einmal: Es gehört den Steuerzahlern – nicht mit vollen Händen zum Fenster hinauswerfen. „Ein Jahresgehalt von 137.000 Euro“, so belehrt uns die Autorin dann, „für eine Spitzenkraft, die mit Baerbock um die Welt fliegt und ihr nachts um zwei, wenn es sein muss, noch die Haare mit der Fönbürste richtet und ihr Frische ins Gesicht pudert, dürfte eher zu niedrig sein.“
Sie bekommt also auch noch zu wenig, die arme Frau, weil sie zu nachtschlafender Zeit die ministeriellen Haare föhnen und das ebenfalls ministerielle Gesicht in den Zustand feministischer Frische versetzen muss. Ja, andere Berufsgruppen arbeiten immer nur von neun Uhr morgens bis fünf Uhr am Abend. Welcher Pfleger, welcher Polizist, welcher Feuerwehrmann käme auch nur im Entferntesten auf die Idee, seinem Beruf „nachts um zwei“ nachzugehen? Und falls doch, dann sicher nur zu einem Monatsgehalt von mehr als 11.000 Euro. Zudem: Pflegen die Treffen mit den internationalen Kollegen denn stets mitten in der Nacht stattzufinden? Sollte es nicht wenigstens gelegentlich vorkommen, dass man sich am hellen Tage begegnet, sodass die Folgen der angeblichen nächtlichen Frisur- und Gesichtsbehandlung längst Geschichte sein müssten?
Von solchen Kleinlichkeiten lässt sich Herrnkind nicht anfechten. „Wie groß wäre die Empörung, wenn die Regierung für solche Dienstleistungen prekäre Honorare zahlte? Fotografen, Visagisten und Friseure ausbeuten würde?“ Eine gelungene Alternative: hochgradig überzogenen Honoraren stellt sie das Prinzip des Hungerlohns gegenüber. Aber wie wäre es denn, wenn die Regierung auf übertriebene kosmetische Dienstleitungen einfach verzichten würde oder sie, wenn man denn das eigene Gesicht schon nicht im Originalzustand aushalten möchte oder nicht in der Lage ist, die eigenen Haare selbst zu föhnen, zu einigermaßen marktüblichen Sätzen bezahlen wollte? Ich akzeptiere auch gerne einen gewissen Gefahrenzuschlag, denn stets die Aussprüche der Ministerin anhören zu müssen, muss der eigenen Gesundheit nicht unbedingt förderlich sein. Doch es gibt keinen Grund dafür, bei jährlichen 137.000 Euro zu landen.
Großzügigkeit mit dem Geld anderer Leute
Kommen wir zum Schluss von Herrnkinds Ausführungen: „Let’s face it: Die Eitelkeit der Politik kurbelt die Wirtschaft an. Und im Bundeshaushalt, der 2024 mit über 470 Milliarden Euro veranschlagt ist, sind diese Kosten nur eines: Peanuts.“ Peanuts sind es, und mithilfe von Peanuts kann man die Wirtschaft ankurbeln – vielleicht hat die Autorin ja im Ressort Wirtschaft des „stern“ nachgefragt, wie das geht. Im Übrigen pflegen sich große Summen oft aus Peanuts zusammenzusetzen, und genau deshalb ist es nötig, an allen Fronten auf die Ausgaben zu achten, egal ob es sich um „Peanuts“ handelt oder nicht. Doch das Schlimmste ist die Arroganz gegenüber den normalen Menschen, gegenüber all denen, die mit ihrer Arbeit dazu beitragen, dass die Außenministerin „Peanuts“ in Höhe von 137.000 Euro verprassen kann. Es ist egal, wie die Menschen darüber denken, es ist egal, wenn sie bemerken, wie man mit ihrem Geld umgeht, es ist ja nur das Geld der Steuerzahler, für die sich schon lange keiner mehr interessiert, und denen muss man natürlich ins Gesicht sagen: „Wir sollten großzügiger sein.“ Ja, Großzügigkeit mit dem Geld anderer Leute ist immer eine feine Sache.
Ich weiß, es ist nichts Neues, dass die sogenannte vierte Gewalt im Lande vollkommen versagt. Warum sollte sie auch besser sein als die offiziellen drei Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative? Doch zumindest, was den „stern“ angeht, darf man hoffen. Bei Statista kann man sich die Daten für die verkaufte Auflage des „stern“ ansehen, und was man sieht, ist beeindruckend.
Von fast 1,25 Millionen im Jahr 1995 ist die verkaufte Auflage bis 2022 auf etwa 336.000 Exemplare gesunken. Und das ist nicht alles, denn die sogenannte „harte Auflage“, bei der „nur Einzelverkäufe zum regulären Preis und Abonnements berücksichtigt“ werden und keine „Bordexemplare, Lesezirkel oder stark rabattierte sonstige Verkäufe“, liegt bei nur etwa zwei Dritteln der verkauften Auflage.
Das ist nicht schlecht und gibt Anlass zu den schönsten Hoffnungen. Sollte man bei dem Traditionsmagazin weiterhin Regierungspropaganda vom Feinsten betreiben, dann ist der Tag vielleicht nicht fern, an dem die Leser sich nicht nur weitgehend, sondern vollständig mit Grausen abwenden werden.
Was mich betrifft: Ich würde es verkraften.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.
Bild: photocosmos1/Shutterstock