Chaos in Karlsruhe: Urteil zur Wahlrechtsreform ist demokratische Farce Drei fatale Aspekte des Richterspruchs, die unter den Teppich gekehrt werden

Eigentlich wollte ich nichts mehr zum Karlsruher Urteil zur Wahlrechtsreform schreiben. Weil ich dachte, alles ist gesagt. Aber einige Aspekte fehlen mir in der Berichterstattung. Und kommen selbst bei den „alternativen“ Medien in meinen Augen zu kurz. Denn dass die Entscheidung der Verfassungsrichter eine Ohrfeige für die Ampel in Berlin ist und erneut zeigt, dass diese nicht mal in der Lage ist, ordentliche Gesetzgebungsarbeit zu leisten, trifft zwar zu. Ist aber noch nicht mal die Hälfte des Elends.

Ich finde, es gibt drei Aspekte, die besonders herausstechen. Und die man dringend genauer und kritisch unter die Lupe nehmen muss – denn offenbar liegt den großen Medien daran, dass sie nur beiläufig darüber erfahren, aber nicht allzu sehr ins Nachdenken kommen darüber.

  • Wie konnte es passieren, dass das Urteil bereits am Montagabend, also einen Tag vor der offiziellen Verkündung, online war? Die Verfassungshüter selbst sprechen von einem „eventuellen technischen Fehler“. Doch dieser Vorfall wirft in meinen Augen ein bezeichnendes Licht auf die organisatorischen Abläufe in Karlsruhe. Ein solches Leck ist nicht nur peinlich, sondern untergräbt auch das Vertrauen in die höchste juristische Instanz in unserem Land. Ich finde: Es ist kaum vorstellbar, dass ein derartiger Fehler in einem gut organisierten System passieren könnte. Vielmehr ist er ein Anzeichen für ein erhebliches Maß an Chaos und mangelnder Kontrolle. Wenn das Bundesverfassungsgericht nicht einmal in der Lage ist, seine eigenen Urteile sicher zu verwahren, wie will es dann das Vertrauen der Bürger in die Rechtsprechung gewährleisten?

  • Ein weiterer, noch gravierenderer Punkt ist, dass die Karlsruher Entscheidung es künftig möglich macht, dass direkt gewählte Abgeordnete nicht ins Parlament einziehen. Dies ist in meinen Augen eine völlige Pervertierung der repräsentativen Demokratie. Das Prinzip der Direktwahl soll sicherstellen, dass die Bürger ihre Vertreter direkt bestimmen können. Wenn jedoch ein Kandidat trotz eines Wahlsiegs im Wahlkreis nicht ins Parlament einzieht, nur weil seine Partei nicht genügend Zweitstimmen erhalten hat, wird dieses Prinzip regelrecht ad absurdum geführt. Das Gericht argumentiert, die Abgeordnete seien Vertreter des ganzen Volkes und nicht nur eines bestimmten Wahlkreises. Mit dieser Argumentation verkennen die Richter aber völlig die Bedeutung der Direktwahl. Und untergraben das Vertrauen der Wähler in unser Wahlsystem. Ich finde, auch wenn es hart klingt: Dass Karlsruhe diesen irrsinnigen Beschluss der Ampel absegnet, ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie. Die Stimmen der Bürger werden damit regelrecht entwertet. Die Abgeordneten werden noch abhängiger von den Listenplätzen und damit der Partei-Hierarchie. Diese Entscheidung öffnet Tür und Tor für eine noch weitere Entfremdung der Bürger von der Politik und könnte langfristig zu einer noch geringeren Wahlbeteiligung führen. Wir bräuchten mehr Verantwortung der Abgeordneten gegenüber den Bürgern – und weniger gegenüber den Parteioberen. Die Neuregelung, die jetzt Karlsruhes Segen erhielt, geht genau in die gegenteilige Richtung.
  • Der Versuch der Ampel, die Grundmandatsklausel auszuhebeln, zielte in erster Linie gegen die CSU – Millionen Wählerstimmen wären so unter Umständen unter den Tisch gefallen. Dass Rot-Grün-Gelb das wollte, offenbart deren demokratiefeindliche Gesinnung. Karlsruhe hat nun entschieden, dass die Klausel bleiben muss – die es Parteien ermöglicht, mit mindestens drei Direktmandaten die Fünf-Prozent-Hürde zu umgehen. Aber man muss ganz klar sagen: Die Grundmandatsklausel ist nichts anderes als eine Krücke. Und zwar eine schlechte. Viel wichtiger und richtiger wäre es, die Fünfprozenthürde selbst zu überdenken. Diese Hürde zementiert die Macht der großen Parteien und lässt die Stimmen von Millionen Menschen, die für kleinere Parteien stimmen, ungehört. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen ihr Vertrauen in die etablierten Parteien verlieren und kleinere Parteien unterstützen, ist es anachronistisch, an einer solchen Sperrklausel festzuhalten. Die Fünfprozenthürde führt dazu, dass viele Stimmen im Parlament nicht repräsentiert werden, was die Demokratie schwächt und die politische Landschaft massiv verzerrt. Die Fünfprozenthürde ist eine Art Steigbügelhalter für das Machtmonopol der etablierten Parteien.

Mein Fazit: Das heutige Urteil aus Karlsruhe ist in vielerlei Hinsicht eine Gefahr für unsere Demokratie. Nicht nur, weil der Lapsus mit der Vorab-Veröffentlichtung organisatorische Schwächen in Karlsruhe offenbart. Sondern weil er Grundprinzipien der repräsentativen Demokratie infrage stellt. Wenn künftig „direkt gewählte Abgeordnete“ nicht mehr direkt gewählt sind und nicht ins Parlament einziehen, ist das nichts anderes als eine demokratische Farce. Zudem zeigt die Beibehaltung der Grundmandatsklausel im Doppelpakt mit der Fünfprozenthürde, dass Karlsruhe nicht bereit ist, sicherzustellen, dass Millionen Wählerstimmen im Parlament Gehör finden.

Zugespitzt und polemisch ausgedrückt könnte man sagen: Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht von Millionen Wählern.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und all ihre Haldenwangs würden eine solche Aussage zwar sicher als „Delegitimierung der Demokratie“ diffamieren. Aber ich finde, in Umwandlung eines alten Spruchs von Kurt Tucholsky: Man darf nicht auf diejenigen mit dem Finger zeigen, die auf den Schmutz hinweisen – sondern man muss auf die zeigen, die diesen Schmutz machen. Es sind die Faesers und Haldenwangs, die unsere Demokratie delegitimieren und die Grundprinzipien unseres Grundgesetzes mit den Füßen treten.

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