Änderung des Grundgesetzes: Deutschland schreibt sich um Die nächste Verfassungsrevolution rollt an – aber nicht vom Volk

Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger

Der österreichische Kaiser Ferdinand I. war nicht unbedingt ein fähiger Herrscher. „Nandl der Trottel“ haben ihn manche genannt und die eigentliche Regierung lag in den Händen von Staatskanzler Metternich. Als 1848 auch in Wien die Revolution in Gang kam und die Wiener sich zu lautstarken Protesten zusammenfanden, soll der Kaiser seinen Kanzler gefragt haben: „Was mach’n denn all die viel’n Leut‘ da? Die san so laut!“ Als Metternich ihm mitteilte, es handle sich um eine Revolution, antwortete Ferdinand: „Ja, dürfen’s denn des?“

Eine Revolution bricht aus und der Souverän in Gestalt des Kaisers fragt, ob die das denn dürften. 177 Jahre später geschieht im Deutschland des Jahres 2025 etwas Ähnliches: Eine Verfassungsrevolution wird in den Gängen des Deutschen Bundestages vorbereitet, nicht vom Volk, sondern von seinen angeblichen Repräsentanten, die ohne Frage alles Mögliche repräsentieren, nur nicht das Volk. Und tatsächlich haben Teile des Souveräns, unter anderem die AfD-Fraktion und die künftige Fraktion der Linken, gefragt, ob sie das dürfen. Gegen die Pläne zur Installierung eines Sondervermögens und teurer Schuldenbremsen-Mauscheleien mithilfe des alten, längst abgewählten Bundestages haben sie das Bundesverfassungsgericht angerufen. Und die Entscheidung fiel aus, wie es von diesem einstmaligen Hort der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie nicht anders zu erwarten war: Natürlich dürfen die das, sie sind ja die Guten und Gründe finden sich immer.

Daher steht den Merzschen Plänen, die selbst Robert Habeck nicht besser hätte ersinnen können, nichts mehr im Wege, und die Partei des infantilen Totalitarismus, die manche auch als Grüne bezeichnen, frohlockt über eine Politik, die direkt dem Horrorkabinett grünen Denkens entstammt, sofern man bei diesen Leuten von Denken sprechen will. Insbesondere die Anwendbarkeit des Sondervermögens auf den Klimaschutz und die Klimaneutralität hat es ihnen angetan, zu der sich Friedrich Merz fröhlich bereit erklärt hat. Inzwischen kennt man auch den Text des ergänzenden Grundgesetzartikels, der das Sondervermögen einschließlich der speziellen Klimaregelungen zum Verfassungsrang erheben soll. In dem Entwurf für den neuen Artikel 143h heißt es: „Der Bund kann ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung für Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 mit einem Volumen von bis zu 500 Milliarden Euro errichten.“ Und: „Zuführungen aus dem Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfond werden in Höhe von 100 Milliarden Euro vorgenommen.“

Das soll ein Grundgesetzartikel werden und das Grundgesetz ist etwas Grundsätzliches. Es wäre daher zu fragen, ob diese grundsätzliche Bestimmung eine einmalige Regelung darstellen soll oder mehrfach zur Anwendung kommen kann: „Der Bund kann ein Sondervermögen … errichten“ steht da; aber es wird nicht gesagt, ob er das nur einmal darf oder so oft, wie es den Ruinatoren Deutschlands in den Sinn kommt. Doch was wollen uns diese Worte eigentlich sagen? Es geht um Klimaneutralität, ohne dass näher angegeben würde, was das wohl sein mag. Beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung liest man: „Klimaneutralität bedeutet, dass menschliches Handeln das Klima nicht beeinflusst.“ Nun ist es aber nichts weiter als eine windige Theorie, dass das menschliche Handeln das Klima in nennenswerter Weise beeinflusst, vorgetragen vor allem von Profiteuren der Klimahysterie und allen, die es werden wollen. Und genau das macht das Ministerium: „Eine klimaneutrale Wirtschaft setzt also entweder keine klimaschädlichen Treibhausgase frei oder die Emissionen werden vollständig ausgeglichen.“ Damit wird eine keineswegs belegte wissenschaftliche – oder besser: pseudowissenschaftliche – Theorie in das Grundgesetz aufgenommen. Man stelle sich nur vor, man hätte um das Jahr 1600, zur Hochzeit der Hexenverfolgungen, ein Dekret des Inhalts erlassen, man werde nun Mittel in dieser oder jener Höhe einsetzen zur Erreichung der Hexenneutralität. Auch die Existenz von Hexen betrachteten viele als erwiesen, genauso wie heute die Existenz des menschengemachten Klimawandels. Und irgendwann stellte sich heraus, dass es keine Hexen gibt, dass also Hexenneutralität schon im Jahr 1600 gegeben und alles andere unsinnig war. Den Hexen, die man bereits gefoltert, verbrannt oder anderweitig ermordet hatte, nützte das nichts mehr.

Die Lage im neuen Artikel 143h ist ähnlich. Auf der Basis einer ideologisch motivierten Wissenschaftsmode schreibt man Regelungen mit verheerenden Wirkungen in das deutsche Grundgesetz. Das hat dieses Grundgesetz nicht verdient – oder besser gesagt: Das hätte es nicht verdient, wäre es nicht schon vorher ausgehöhlt und zur politischen Beliebigkeit verdammt worden. „Die Grundrechte gelten, aber sie gelten anders als vor der Krise“, äußerte der findige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Stefan Harbarth schon im Jahre 2020 und das darf man inzwischen auf das gesamte Grundgesetz beziehen.

Doch nehmen wir der Diskussion halber einmal an, der Begriff der Klimaneutralität sei mit einem nachvollziehbaren Sinn versehen. Was sagt uns dann der neue Artikel? Er sagt uns, dass der Bund ein Sondervermögen „für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045“ errichten kann. Man könnte auch ein Sondervermögen für Investitionen zur Erreichung der Eskenneutralität bis 2030 beschließen, indem man den Bau einer Rakete fördert, mit der Saskia Esken problemlos den Mars erreichen kann – aber damit ist die Rakete noch nicht gebaut, sondern nur das Ausgeben von Geld beschlossen. Ebenso ist es möglich, ein Sondervermögen ins Grundgesetz aufzunehmen für zusätzliche Investitionen zur Erreichung gesteigerter Intelligenz unter Politikern – aber davon werden die Politiker nicht intelligenter, es wird nur mehr Geld verschleudert. Indem man das Grundgesetz mit Investitionen für ein bestimmtes Ziel belastet, hat man nicht beschlossen, dass dieses Ziel auch erreicht werden muss, sondern eben nur, dass man noch mehr Geld für noch mehr Unsinn zum Fenster hinauswirft. Man kann daraus nicht die Forderung tatsächlicher Klimaneutralität im Jahr 2045 begründen und auch nicht den Umzug von Saskia Esken auf den Mars oder die Intelligenzverbesserung unserer Politiker, sondern nur die Forderung nach Geld und noch mehr Geld. Ob das Ziel, unsinnig oder nicht, dann erreicht wird, bleibt offen. Sie können gar nichts, nicht einmal Politik.

Wenden wir uns einer anderen Spielwiese der neuesten Zeit zu, der Aufstockung des Wehrtats auf der Basis unbegrenzter Schulden. Aber wozu? Sicher, man kann Waffen oder sonstiges Gerät einkaufen, doch sie sind nicht allzu viel wert, wenn es kein Personal dafür gibt. Deshalb hört man immer wieder Stimmen zur Reaktivierung der Wehrpflicht. „Noch im Jahr 2025 müssen die ersten Wehrpflichtigen durch die Kasernentore schreiten. Wir können ja nicht teilnahmslos zuschauen, wie die Welt um uns unsicherer wird“, verkündete kürzlich der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Boris Pistorius ließ verlauten, die Armee müsse wieder „kriegstüchtig“ werden. Eine Wehrpflicht dient für gewöhnlich der Verteidigung des eigenen Landes oder gar der eigenen Nation. Da wird es schon schwierig, denn der Begriff der deutschen Nation wird hierzulande nicht gern gehört. Und was sollten Wehrpflichtige wohl verteidigen? Ein Land, das sich zunehmend von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt? Ein Land, in dem jeder, der nicht dem linksgrünen Kurs mit Begeisterung zustimmt, zum Nazi erklärt wird? Ein Land, in dem die Meinungsfreiheit nur dann risikolos praktiziert werden kann, wenn man die herrschenden Phrasen von sich gibt? Ein Land, in dem man jährlich das eigene Geschlecht wechseln kann, aber mit hohen Geldbußen bedroht wird, falls man „die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und die bis zur Änderung eingetragenen Vornamen ohne Zustimmung dieser Person“ offenbart. Ein Land, das nach Auffassung der so genannten Eliten zwar nicht mehr am Hindukusch, aber allem Anschein nach in den Weiten der Ukraine verteidigt wird?

Die überschaubare Begeisterung der Betroffenen kann man sich leicht vorstellen. Was kann man ihnen raten? Es ist ganz einfach. Gemäß Artikel 12a des Grundgesetzes können Männer „vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden“, während Frauen „auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden“ dürfen. Wie es scheint, verzeichnen hier die Frauen einen klaren Vorteil und genau darin liegt die Lösung für alle potentiell wehrpflichtigen Männer.

Denn wozu hat man denn ein Selbstbestimmungsgesetz? Jeder darf sein Geschlecht durch einen Verwaltungsakt frei wählen, das ist bekannt. Im Falle der Wehrpflicht könnte das für Frauen, die sich vor nicht allzu langer Zeit entschieden haben, ein Mann zu sein, problematische Folgen haben, denn die sind jetzt vor dem Gesetz männlich, weshalb Artikel 12a auch auf sie Anwendung findet. Aber viel interessanter ist die umgekehrte Richtung. In §9 des Selbstbestimmungsgesetzes findet man nämlich die Regelung: „Die rechtliche Zuordnung einer Person zum männlichen Geschlecht bleibt, soweit es den Dienst mit der Waffe auf Grundlage des Artikels 12a des Grundgesetzes und hierauf beruhender Gesetze betrifft, für die Dauer des Spannungs- oder Verteidigungsfalls nach Artikel 80a des Grundgesetzes bestehen, wenn in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesem die Änderung des Geschlechtseintrags von „männlich“ zu „weiblich“ oder „divers“ oder die Streichung der Angabe zum Geschlecht erklärt wird. Unmittelbar ist der zeitliche Zusammenhang während eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls sowie ab einem Zeitpunkt von zwei Monaten vor Feststellung desselben.“

Schön formuliert ist das nicht, aber hinreichend klar schon. Im Spannungs- und Verteidigungsfall gelten keine Umschreibungen von „männlich“ auf „weiblich“ oder auf andere Kategorien, sofern diese Umschreibungen nicht mehr als zwei Monate zurückliegen. Auf einen Mann, der sich vor mehr als zwei Monaten dazu entschieden hat, eine Frau zu sein, trifft dieser Paragraph und damit auch Artikel 12a des Grundgesetzes nicht zu. Er oder sie oder was auch immer kann somit die Einführung einer Wehrpflicht in aller Gelassenheit zur Kenntnis nehmen und sollte die Krise irgendwann beendet sein, zu seinem Standesamt schlendern und sich wieder zum Mann erklären. Was hindert nun alle Männer im gefährdeten Alter, die Standesämter zu stürmen und beispielsweise „die Streichung der Angabe zum Geschlecht“ zu veranlassen? Noch ist weder der Spannungs- noch der Verteidigungsfall ausgerufen, in Anbetracht jedoch der Qualität der deutschen und europäischen Politik kann sich das schnell ändern. Sollten aber in der nächsten Zeit die deutschen Männer wehrfähigen Alters auf dem Verwaltungswege abhanden kommen, dann kann man eben nichts machen; der Bundestag hat es so gewollt und muss die Folgen tragen. Die Wehrpflicht kann man dann wieder einführen, sie nützt nur nichts mehr.

Und was kann die geplagte Bundesregierung dann tun? Da gibt es Möglichkeiten. Eine Rücknahme des Selbstbestimmungsgesetzes ist in einer schwarz-roten Koalition kaum möglich, zu wichtig ist der ehemaligen Arbeiterpartei der Beifall der interessierten Kreise. Doch es gibt ja noch andere Männer im wehrfähigen Alter und ihre Anzahl ist nicht gering. Dem Ausländerzentralregister kann man sie entnehmen. So befanden sich am Ende des Jahres 2023 beispielsweise mehr als 80.000 ukrainische Männer im Alter von 20 bis 35 Jahren in Deutschland. Und nicht nur das, auch Nationalitäten mit einer etwas anderen Tradition zur Konfliktlösung als der deutschen sind in reichlicher Zahl vorhanden. Ich darf als vorläufige Beispiele den Irak, Syrien und Afghanistan nennen, die beträchtlich zur männlichen Bevölkerung zwischen 20 und 35 Jahren beitragen: etwa 400.000 sind es an der Zahl. Im letzten Jahr hat die Ampelregierung ohnehin beschlossen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu verschenken, da könnte die neue Regierung doch gleich alle ausländischen Männer im passenden Alter zu deutschen Staatsbürgern erklären, und schon wären alle Personalprobleme gelöst. Sicher, auch die können dann von den Segnungen des Selbstbestimmungsgesetzes Gebrauch machen und sich zur Frau oder sonst etwas erklären, aber man darf vermuten, dass diese Idee zumindest unter Irakern, Syrern oder Afghanen auf wenig Gegenliebe stößt. Es kann so einfach sein, wenn man nur will.

Der bereits erwähnte Kaiser Ferdinand durfte seinen Ruhestand noch 27 Jahre lang genießen, er starb 1875 im Alter von 83 Jahren. Deshalb hat er auch noch die Misserfolge seines Neffen und Nachfolgers Franz Joseph auskosten können. Nach der katastrophalen Niederlage der österreichischen Armee in der Schlacht von Königgrätz 1866 reagierte er lakonisch: „Na, des hätt’ i a noch z’sammbracht.“ Nichts hat sich seither geändert. Was die Herrschenden unserer Tage leisten, hätte wirklich auch Kaiser Ferdinand und jeder andere geschafft, sofern er sich ein wenig Mühe gibt, sich keine Mühe zu geben, und jeden Gedanken an Vernunft weit von sich weist.

Ich gebe es zu: Der direkte Vergleich zwischen Friedrich Merz und Kaiser Ferdinand I. fällt nicht unbedingt zu Gunsten von Friedrich Merz aus.

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Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

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