Filmstar Brigitte Bardot (91) ist tot – Für sie waren Tiere die besseren Menschen

Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle

Mit Brigitte Bardot ist nicht nur eine Schauspielerin gestorben, sondern das letzte große Symbol einer Ära, die die sexuelle Befreiung mit einläutete und gleichzeitig an ihren eigenen Widersprüchen zerbrach. Sie war die Frau, die das Schmollen zur Kunstform erhob und Frankreich mehr Devisen einbrachte als die Automobilindustrie. Doch hinter der Fassade der „Kindfrau“ verbarg sich eine Persönlichkeit, die zeitlebens gegen die Fesseln der Gesellschaft und für die Rechte derer kämpfte, die keine Stimme haben – oft bis zur Grenze des Erträglichen.

Es war das Jahr 1956, als Roger Vadim mit „…und immer lockt das Weib“ ein Beben auslöste. Bardot tanzte barfuß, wild und mit einer Natürlichkeit, die das konservative Nachkriegseuropa schockierte. Sie war kein konstruierter Hollywood-Star; sie war die personifizierte Rebellion.

Ihr Verhältnis zu den Männern war so leidenschaftlich wie flüchtig

Vier Ehen und zahllose Affären (unter anderem mit Jean-Louis Trintignant, Gilbert Bécaud und Serge Gainsbourg) machten sie zur Zielscheibe der Moralapostel. Doch Bardot ließ sich nicht besitzen. „Ich habe mein Leben damit verbracht, zu tun, was ich wollte“, sagte sie einmal. Für die Männer war sie die ultimative Trophäe, doch für sich selbst war sie eine Suchende, die in der Liebe oft nur vorübergehenden Schutz vor der Einsamkeit fand. Ihr berühmtes Duett mit Gainsbourg, „Je t’aime… moi non plus“, das in der ursprünglichen Fassung erst Jahrzehnte später erschien, bleibt die Hymne dieser kompromisslosen Hingabe.

Der radikale Bruch: Das Leben für die Tiere

Im Jahr 1973, auf dem Höhepunkt ihres Ruhms und mit noch nicht einmal 40 Jahren, tat Bardot das Unvorstellbare: Sie verkündete ihren Rückzug aus dem Filmgeschäft. „Ich habe meine Jugend und meine Schönheit den Männern gegeben. Jetzt gebe ich meine Weisheit und meine Erfahrung den Tieren“, sagte sie damals.

In ihrer Wahlheimat Saint-Tropez, hinter den Mauern ihres Anwesens La Madrague, gründete sie die Fondation Brigitte Bardot, die bis heute weltweit gegen Tierquälerei kämpft. Legendär bleibt ihr Einsatz gegen das Schlachten von Robbenbabys in Kanada; die Bilder der Bardot im Eismeer gingen um die Welt. Sie verkaufte ihren Schmuck und ihren Besitz, um die Stiftung zu finanzieren. Für sie waren Tiere die besseren Menschen – treu, ehrlich und ohne Falschheit. Dieser bedingungslose Einsatz brachte ihr weltweit Respekt ein, isolierte sie jedoch auch zunehmend von der menschlichen Gesellschaft.

In ihrem späteren Leben wurde die Bardot ein politischer Mensch

Ihr Patriotismus für Frankreich und ihre Angst vor dem Verlust nationaler Identität führten sie zwangläufig in die rechten Milieus. Durch ihre Ehe mit Bernard d’Ormale, einem ehemaligen Berater von Jean-Marie Le Pen, festigte sich ihre Verbindung zum Front National (heute Rassemblement National).

Sie hatte keine Angst, sich öffentlich über den Islam, die rituelle Schlachtung von Tieren und die massenhafte Zuwanderung nach Frankreich zu äußern. Fünf Mal wurde die Bardot wegen „Aufstachelung zum Rassenhass“ verurteilt. Kritiker sahen in ihr eine verbitterte Frau, die sich in eine reaktionäre Nostalgie flüchtete. Sie selbst sah sich als letzte Verteidigerin eines untergehenden Frankreichs.

Ein Erbe voller Widersprüche

Brigitte Bardot starb als eine Frau, die keine Grautöne kannte. Sie war schwarz oder weiß, leidenschaftlich oder kühl, geliebt oder verachtet. Sie brach mit den Konventionen ihrer Zeit, um Frauen den Weg in die Selbstbestimmung zu ebnen, nur um später Werte zu vertreten, die viele als rückschrittlich empfanden.

Was bleibt, ist das Bild der jungen Frau am Strand von Saint-Tropez, die Haare vom Wind zerzaust, den Blick trotzig in die Kamera gerichtet. Sie war die erste moderne Frau des Kinos – und vielleicht die letzte, die es wagte, absolut alles für ihre Überzeugungen zu opfern, egal wie kontrovers diese auch waren. Frankreich verliert eine Nationalheilige mit Fehlern, die Welt verliert eine der letzten großen Legenden des 20. Jahrhunderts.

Adieu, B. B. – die Welt wird ohne dein Schmollen ein Stück gewöhnlicher sein.

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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem Portal the-germanz.de erschienen.

Bild: Screenshot Youtube

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