„Ähm, das war doch ein Experiment, oder …?“ „Mich hat der aktuelle Vorfall entsetzt, da er ja deutliche Parallelen zu damals hat“

Eine Schülerin wird mitten im Unterricht von drei Polizisten abgeführt wegen Internet-Posts, die regierungskritisch sind – das ist keine Geschichte aus der Vergangenheit, sondern das ist im aktuellen Deutschland passiert, im Jahr 2024. Ich habe ausführlich darüber berichtet (siehe hier, hier und hier). Viele meiner Leser haben dem Leiter des Richard-Wossidlo-Gymnasiums, an dem all das geschehen ist, Jan-Dirk Zimmermann, Briefe geschickt – und auch in Kopie an mich. Viele dieser Briefe haben mich sehr bewegt. Auch, weil Leser teilweise eigene, unglaubliche Geschichten aus ihrer Schulzeit in der DDR berichteten. Nur beispielhaft möchte ich drei der Briefe herausgreifen und Ihnen hier vorstellen – es wäre viel zu schade, wenn sie nur ich und mein Team lesen würden. Weil die Geschichte in den alternativen Medien so große Aufmerksamkeit erzielte, kommen nun auch die großen Medien nicht mehr darum herum, sie zu bringen. Dabei findet teilweise eine massive Täter-Opfer-Umkehr statt. So bedauerlich und verurteilenswert es ist, wenn der Direktor tatsächlich Drohungen erhielt – es darf nicht der Eindruck stehen bleiben, er habe nur Reaktionen unter der Gürtellinie erhalten. Die drei folgenden Schreiben an ihn bezeugen ebenso wie viele andere, die wir in Kopie erhalten haben, das Gegenteil. Der erste Brief ist von so beißender und hervorragender Ironie, dass man unweigerlich lachen muss – auch wenn die Geschichte zum Heulen ist. Voilà:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hatte gestern von dem Fall mit den Schlümpfen auf YouTube gehört, aber erst einmal ignoriert. Aber als ich heute in einem Medium, welchem ich mein Vertrauen schenke, über diesen Fall gelesen hatte, kann ich jetzt nicht anders, als Ihnen für Ihren Mut zu danken!

Für Ihren Mut, in heutigen Zeiten solch ein Experiment durchzuführen. Ein Experiment, welches mich sofort an den Film „Die Welle“ denken ließ.

Ich bin im westlichen Teil der Republik aufgewachsen, ganz nah an der Grenze und mit vielen Verwandten im Osten, die wir regelmäßig besuchten. Dadurch habe ich ein klitzekleines bisschen über die „Gepflogenheiten“ im Osten gelernt.

Ich finde es großartig, dass Sie mit Ihrem Experiment aufzeigen wollen, dass wir heute nicht mehr allzu weit von diesen „Gepflogenheiten“ entfernt sind.

Aufzuzeigen, dass es heutzutage reicht, Wörter wie H****t -verbunden mit einer derzeit nicht angesagten Farbe (shit, ich fand meine b****n Augen eigentlich immer ganz hübsch, muss ich mir wohl andersfarbige Kontaktlinsen zulegen) zu verbreiten, um in die Mühlen des Rechtsstaates (darf man den eigentlich noch so nennen, also wegen „rechts“) zu gelangen. Großartig, dass Sie diese Inszenierung auch noch medienwirksam mit Vertretern von uniformierten Mitmenschen durchgezogen haben. Ich denke, es war sicherlich nicht leicht für Ihre schutzbefohlene Schülerin, das so mit durchzuziehen. War ja sicherlich ein Spießrutenlauf für die junge Dame.

Das Ganze macht es für mich wirklich erstmalig fühlbar, mit was für einem Druck die Menschen damals im Osten leben mussten.

Ich bin gespannt, wann Sie das ganze Vorgehen aufklären werden, ich denke, Ihre Geschichtslehrer werden dann sicherlich in Sonderschichten arbeiten müssen, um aufzuzeigen, wie gefährlich die Situation in diesem Land derzeit ist.

P.S. Ähm, das war doch ein Experiment, oder …?


Sehr geehrter Herr Direktor Zimmermann,

bei reitschuster.de habe ich den Artikel über die Verhaftung einer 14-jährigen Schülerin aus dem Unterricht heraus an Ihrer Schule gelesen. Demnach erfolgte die Verhaftung, der laut Polizei keine!!! Straftat zu Grunde lag, auf die von Ihnen geleistete Anzeige.

Ich möchte Ihnen die Frage stellen, ob Sie sich sicher sind, dass Sie wissen, was Sie tun?

Ich lebe seit langem nicht mehr in Deutschland und betrachte in Folge die Entwicklungen in meinem Heimatstaat von außen und es erschreckt mich immer wieder aufs Neue, mit welchen Siebenmeilenstiefeln Deutschland in eine Richtung geht, die nur als totalitär und höchst bedenklich zu bezeichnen ist.

Ich gehöre zu einer Generation, deren Eltern noch die Erinnerungen an das Dritte Reich in sich tragen, unter anderem diese, dass meine Großmutter das zweifelhafte Vergnügen hatte, 14 Tage zur politischen Erziehung inhaftiert worden zu sein, weil meine Tante bei ihrer Einschulung weder den Führer noch den Hitlergruß kannte.

Es ist entsetzlich, wenn man liest, dass ein Schulleiter, der erstens seinen Lehrkräften und den ihm anvertrauten Kindern gegenüber politisch absolut neutral zu sein hat, zweitens im Idealfall eine Person des Vertrauens und der Gerechtigkeit sein sollte und letztlich drittens das Privatleben eben dieser Lehrkräfte und Kinder in keiner Weise zu beurteilen oder zu kontrollieren hat, außer es handelt sich tatsächlich um strafrechtlich relevante Vorgänge, ein junges Mädchen traumatischen Repressalien aussetzt, die in keiner Relation zu dem stehen, was tatsächlich vorgefallen ist.

Man kann es nicht anders ausdrücken, als dass Sie in Ihrer Position nicht nur kläglich versagt haben, sondern auch das Recht auf freie Meinungsäußerung mit Füßen getreten haben und zudem ein Mädchen psychisch geschädigt haben. Sie sollten sich nicht wundern, wenn die dazu gehörenden Eltern Sie persönlich deswegen verklagen und es wäre definitiv nachvollziehbar und verständlich.

Sie haben Ihre Kompetenzen weit überschritten und eine Entschuldigung bei der jungen Dame wird bei weitem nicht ausreichen, um den Schaden, den Sie nicht nur bei ihr, sondern auch bei allen Kindern, die diesen Vorfall miterlebt haben, wiedergutzumachen. Sie haben den Kindern vermittelt, dass unser Grundgesetz das Papier nicht wert ist, auf dem es steht, weil schon ein kleiner Schuldirektor darüber entscheiden darf, ob das Recht auf freie Meinung besteht oder nicht. GRUND- & MENSCHENRECHTE sind nicht verhandelbar und niemandem steht das Recht zu, zu entscheiden, ob sie für alle gelten oder nur für die, die er/sie für würdig hält!!! Zumindest das sollte jedem Menschen in Deutschland zutiefst verinnerlicht sein – unsere Geschichte sollte uns das stets und immer in Erinnerung rufen!!!

Man kann nur verzweifeln, wenn Menschen wie Sie als Schulleiter so agieren, wie Sie es tun – es ist Totalitarismus in Reinkultur und sollte somit für jeden Menschen absolut inakzeptabel sein – quo vadis Germania?


Mein ‚Vorfall‘ spielte sich ca. 1969 in Angermünde am Einstein-Gymnasium ab.

Wir waren ja damals meistens ‚westlich‘ orientiert, was zumindest die Musik und das äußere Erscheinungsbild betraf. In diesem Sommer waren einige ‚Gammler‘ aus der Stadt und einige Schüler auf dem Weg zu einem Ferienlager
bei Servest bei Angermünde, um eine Mädchenklasse zu ‚besuchen‘. Ich konnte nicht mitfahren, da kein Platz mehr auf den Mopeds war, das war mein Glück.

In Servest kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen mit Männern einer Kampfgruppeneinheit, die ebenfalls bei Servest ein Ausbildungslager hatten. Soviel zum Sachverhalt.

Noch in der Nacht gab es die ersten Verhaftungen einiger ‚Gammler‘. Mein damaliger Mitschüler und Banknachbar war in Servest mit dabei gewesen.

Morgens kurz vor Schulbeginn, 8 Uhr, kam der Klassenlehrer herein und forderte meinen Nachbar auf, mitzukommen. Vor dem Klassenzimmer standen Volkspolizisten, die ihn sofort brutal an die Wand drückten und mit Knebelketten am Handgelenk abführten. Auf dem Schulhof wurde er in einen Streifenwagen gestoßen und zur VP-Dienststelle gebracht und in eine Zelle gesperrt. Das vor den Augen der Mitschüler.
Allen Verhafteten wurden die Haare geschoren und sie in Einzelverhören ‚vernommen‘.

Auch ein Schäferhund war immer im Raum, der zwischendurch aggressiv war. Man wollte eine vom Westen organisierte Aktion daraus machen. Mein Banknachbar ist insgesamt glimpflich davongekommen, da er noch vor der Aktion mit den Kampfgruppen wieder den Ort verlassen hatte. Er konnte mit einer scharfen Verwarnung am Gymnasium bleiben. Alle anderen wurden zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen verurteilt, sie waren aber nicht Schüler des Gymnasiums.

Ich selbst hatte nach der Mondlandung der USA auf der Zeitung ‚Junge Welt‘ vermerkt: VIVA APOLLO!  Das wurde von der Internatsleitung als ‚antisozialistische Haltung‘ gewertet und dem ‚Täter‘ mit Konsequenzen gedroht.
Der ‚Täter‘ hat sich aber nicht gemeldet.

Vor diesem Hintergrund hat mich der aktuelle Vorfall entsetzt, da er ja deutliche Parallelen zu damals hat. Auch wenn der Sachverhalt verschieden ist. Ich hätte nie geglaubt, dass wir unter den Linken und Grünen in fast der gleichen
politischen Situation sind wie damals. So denken fast alle Bekannten.

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