Behrens im Stadion mit Gegenständen beworfen – Medien klatschen Beifall Spießrutenlauf am Millerntor

Von Kai Rebmann

Es waren gespenstische Szenen, die sich am 9. Spieltag der Bundesliga am Hamburger Millerntor abgespielt haben. Der FC St. Pauli empfing den VfL Wolfsburg, die Partie endete torlos 0:0. Doch über das Ergebnis sprach am Ende ohnehin kaum noch jemand, denn das Spiel endete mit einem Eklat – der in der Presse aber nicht als solcher wahrgenommen werden wollte, ganz im Gegenteil.

89. Minute: VfL-Profi Kevin Behrens (1 A-Länderspiel) wird eingewechselt und dabei von heftigen Pfiffen und Unmutsbekundungen begleitet. Im Pauli-Block sind Banner zu lesen wie „Schäm dich, Kevin“, „Mehr Liebe, weniger Kevin B.“ oder „K. Behrens findet Schwule scheiße – Echte Konsequenzen? Fehlanzeige! Fight Homophobia!“

Doch der eigentliche Skandal folgte nach dem Abpfiff: Der Nationalspieler wurde mit Gegenständen beworfen und konnte den Platz nur in Begleitung eines massiven Ordner-Aufgebots verlassen. Der Weg in die Katakomben wurde für Behrens zum regelrechten Spießrutenlauf.

Jagdszenen werden im TV als ‚Protest‘ abgetan

Auslöser für den Unmut der Pauli-Fans war die Tatsache, dass sich der DFB-Star vor wenigen Wochen weigerte, ein Regenbogen-Trikot zu signieren und sich dabei in der Wortwahl etwas vergriffen haben soll („Diese schwule Scheiße unterschreibe ich nicht!“). Auf die prompt und wie auf Kommando einsetzende mediale Empörung sowie eine ebenso untertänige Rüge seines Arbeitgebers machte Behrens den Bückling und entschuldigte sich brav.

Doch das reicht den woken Hütern über Moral und Haltung offenbar noch nicht. Besonders deutlich wurde dies am Sonntag beim Auftritt von Pauli-Präsident Oke Göttlich im Sport1-„Doppelpass“. Moderator Florian König wollte von seinem Gegenüber wissen, ob ihn das Verhalten der als ohnehin besonders „woke“ bekannten Fans am Millerntor stolz mache – und klammerte die Jagdszenen dabei offenbar ganz bewusst aus.

König fragte: „Viel, viel – ja, Protest – auf den Rängen, weil ein Spieler vom VfL Wolfsburg, also dem gestrigen Gegner, Kevin Behrens, ein Regenbogen-Trikot nicht unterschreiben wollte. Ist das was, wo du stolz bist, dass du Präsident dieses Vereins bist, weil sich eure Anhänger da so positionieren.“

Göttlichs Antwort: „Wir positionieren uns gesellschaftlich und sozial und es ist schlicht diskriminierendes und menschenverachtendes Verhalten. Und das gehört sanktioniert, das haben unsere Fans zum Ausdruck gebracht. Kevin Behrens hat sich entschuldigt; und trotzdem darf es gerne ein wenig mehr sein. Ich finde auch verbandsseits, der sich immer sehr über Rassismus und so weiter natürlich engagiert, würde ich mir ein bisschen mehr wünschen. Dafür stehen wir als FC St. Pauli, dass wir vielleicht auch mal die etwas unangenehmeren Themen ansprechen und auch mal den Finger in die Wunde legen.“

Pauli-Präsident fordert Bestrafung für ‚falsche‘ Meinung

Was der Sport1-Mann hier – nach einigem Überlegen und Zögern zwar, dann aber doch – als „Protest“ verharmloste, auf den man auch noch „stolz sein“ könne, würde in anderen Zusammenhängen als Bilder bezeichnet, die in keinem Stadion der Welt etwas zu suchen hätten; und zwar völlig zu Recht. Ganz anders aber, wenn es um den Regenbogen geht, den heiligen Gral der LGBTQ-Community. Dann ist offensichtlich jedes Mittel recht, das Werfen von Gegenständen auf Andersdenkende ausdrücklich eingeschlossen.

Nicht weniger befremdlich ist die kaum verhohlene Forderung nach einer Bestrafung des VfL-Kickers durch den DFB. Soll ein Spieler etwa gesperrt werden? Oder nie wieder für Deutschland spielen dürfen? Wegen einer privaten Meinung, die nicht dem woken Mainstream entspricht? Zugegeben, bis vor wenigen Jahren hätte das ziemlich absurd geklungen, heutzutage muss man – insbesondere bei diesem DFB – aber tatsächlich mit allem rechnen.

Man muss die kolportierte Wortwahl von Kevin Behrens bei der Verweigerung seines Autogramms nicht gutheißen. Gleichzeitig muss man auch einem Fußball-Profi – und ja, auch einem Nationalspieler mit hervorgehobener Vorbild-Funktion – ein Weltbild zugestehen, in dem Homosexualität abgelehnt wird.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Screenshot Youtube-Video Sport1

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