Beleidigter Minister: Habeck wird zum Anzeigenmeister Die Grünen auf Abwegen: von antiautoritär zu überempfindlich

Die Grünen galten einst als antiautoritäre Partei. Legendär ist bis heute, wie ihr Vorkämpfer Joschka Fischer 1984 den Bundestagspräsidenten als „Arschloch“ bezeichnete – zur damaligen Zeit noch ungesetzlicher als heute. Nun sind ausgerechnet diese Grünen die empfindlichsten, wenn es um Beleidigungen geht.

Das jüngste Beispiel: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat allein seit April 2023 über sein Ministerium und sein Abgeordnetenbüro mehr als 700 Anzeigen wegen sogenannter „Hassnachrichten“ erstattet, wie die „Welt“ mitteilt. Unterstützt von spezialisierten Anwaltskanzleien und der Organisation HateAid, geht Habeck nicht nur gegen konkrete Gewaltandrohungen vor, was ich für legitim halte, sondern auch gegen Kommentare, die in meinen Augen oft genug zulässig sind.

So stellte er etwa Strafantrag gegen den „Welt“-Kolumnisten Don Alphonso. Der hatte zu Bildern eines heruntergekommen wirkenden Habecks auf einem Bahnhof im Februar 2023 getwittert: „Ein Wirtschaftsminister, der mit seiner äußeren Erscheinung in einer Ansammlung von Bahnhofsalkoholikern nicht negativ auffallen würde.“

Dass so eine Aussage von einem Journalisten nach Ansichten Habecks strafbar sein sollte, sagt alles aus über das Verhältnis des Ministers zu Meinungs- und Pressefreiheit.

Insofern liegt der Verdacht nahe, dass es nur eine Schutzbehauptung ist, wenn er jetzt betont, bei der „Anzeigeritis“ gehe es ihm darum, dass Hass den politischen Diskurs vergifte und eine Atmosphäre der Angst schaffe.

Ich halte diese Aussage eher für einen Freudschen Versprecher. Mein Verdacht: Er will „Atmosphäre der Angst“ schaffen, was Kritik an ihm betrifft.

Ein Unternehmer, der sich über die Grünen lustig machte und bezüglich Habeck lediglich fragte, ob dieser bis drei zählen könne – in meinen Augen eine völlig legitime Frage – hatte plötzlich im Morgengrauen die Polizei vor der Haustüre und dann bei sich in der Wohnung. Seine Kritik an den Grünen brachte ihm eine Hausdurchsuchung ein. Dabei war die Kritik, wie ein Gericht später bestätigte, zulässig.

So sehr die zahlreichen Bedrohungen, die es gibt, getrennt beobachtet und verurteilt werden müssen – das ändert nichts an der Diagnose: Die Grünen haben sich von den „Gassenjungen“ der deutschen Politik zu „feinfühligen Fräuleins“ mit Hang zur Wehleidigkeit entwickelt, was den Umgang mit Kritik angeht.

Aber auch Politiker anderer Parteien reagieren immer dünnhäutiger. So ermittelte der Staatsschutz im Fall einer Allerweltsbeleidigung gegen den/die Bundestagsabgeordnete(n) Markus/Tessa Ganserer (Grüne), der/die transphob beleidigt wurde. Verzeihen Sie mir den Ritt auf der Rasierklinge, was die Geschlechtszuordnung angeht – aber man ist da ja heute mit einem Fuß im Gefängnis.

Ein besonders absurdes Beispiel ist das „Pimmelgate“ in Hamburg, bei dem ein Twitter-Nutzer den Innensenator Andy Grote als „Pimmel“ bezeichnete und daraufhin eine Hausdurchsuchung erlebte. Auch Robert Habeck zeigte sich empfindlich, als er wegen des V-Worts („Vollidiot“) Strafanzeige stellte, nachdem er sich auf Social Media so nennen lassen musste.

Diese Überempfindlichkeit steht im krassen Gegensatz zu früheren Zeiten, als Politiker wie Wehner, Strauß oder Schmidt über Beleidigungen hinwegsehen konnten. Heute scheint es, als würden Politiker, die selbst nicht zimperlich im Austeilen sind, bei der kleinsten Kritik sofort Strafanzeigen stellen. Gesundheitsminister Lauterbach und Helge Lindh sind Beispiele dafür, wie Politiker regelmäßig wegen angeblicher Beleidigung und Verleumdung bei der Staatsanwaltschaft vorstellig werden.

Auch Sawsan Chebli von der SPD und Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP stellen regelmäßig Strafanzeigen wegen Beleidigungen und „Hetze“ – einem Wort, das im politischen Kontext von den Nazis geprägt wurde und über den Umweg DDR unter Angela Merkel seinen Einzug in den bundesdeutschen Sprachgebrauch fand. Wo es bis zum Zusammenbruch der linksextremen Diktatur so gut wie nie politisch verwendet wurde.

Ich finde: Es würde Sinn machen, über viele der Beleidigungen hinwegzusehen und sich auf die wichtigen politischen Aufgaben zu konzentrieren.

Aber um solche Größe zu zeigen, muss man sie haben.

Und mein Eindruck ist: Vielen Politikern von heute fehlt im Gegensatz zu den Adenauers, Brandts, Schmidts und Kohls einfach die Größe. Sie sind ganz im Klein-Klein gefangen.

Andererseits würde ein bisschen verbale Abrüstung guttun. Man denke nur an die verbalen (und anderen) Exzesse, als es gegen Ungeimpfte und Kritiker der Corona-Maßnahmen ging. Selten waren die Worte „Hass und Hetze“ so angemessen wie da.

Aber nicht nur in Sachen Corona: Politiker sollten aufhören, die Bürger zu beschimpfen und zum Denunzieren aufzurufen. Stattdessen sollten sie sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren und die Atmosphäre entgiften. Andernfalls wird es in diesem Land noch viel ungemütlicher, als es jetzt schon ist.

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