Geht Ideologie vor Täter-Verfolgung? Berliner Polizei

Ein Blick zurück – besondere Nachrichten aus dem Jahr 2020: Hier vom August:


Es ist ein schlimmer Verdacht, doch er muss zumindest ausgesprochen werden: Geht Berlins rot-rot-grünem Senat und der Polizeiführung Ideologie vor der Strafverfolgung von (linken) Tätern, die Polizisten schwer verletzt haben? Hätte mir vor einigen Monaten jemand erzählt, was ich gerade mit den Polizei-Oberen in der Hauptstadt erlebe – ich hätte ihn für verrückt erklärt.

Zuerst verschwieg die Behörde unter der Aufsicht von Innensenator Geisel (SPD) die Vergewaltigung einer 15-Jährigen und Gewalt gegen die Polizei am Flughafensee am 8. August neun Tage lang. Auf meine Anfrage und mehrmalige Nachfrage kam fast drei Tage keine Antwort. Erst als ich Details nachlegte, kam eine Reaktion – nicht etwa eine Antwort, sondern ein Tweet auf twitter. Nur so wurden die Taten und die Gewalt bekannt. Vermerke in Behörden-Papieren, dass „vor allem junge männliche Personen mit Mitgrationshintergrund und dunkler Hautfarbe“ auffällig waren, vertuschte die Polizei und führte die Öffentlichkeit in die Irre: Man wisse nichts über die Identitäten der Tatverdächtigen (siehe hier).

Schwere Augenverletzungen

Diese Schweige–Taktik geht offenbar weiter. Aus zuverlässiger Quelle erfuhr ich unter anderem, dass nach den linken Demonstrationen am Anfang des Monats ein Beamter immer noch schwer verletzt sei, insbesondere an den Augen, und sein Sehvermögen gefährdet sei. Eine entsprechende Presseanfrage schickte ich am Sonntag an die Berliner Polizei. Wieder gab es keine Antwort. Und wieder gab es dafür plötzlich einen Tweet. Darin schreibt die Behörde am Montag: „Am 7.8. wurde einem Kollegen im Einsatz bei einer Demo iZm dem #Syndikat gewaltsam das Helmvisier geöffnet und ihm eine Flasche ins Gesicht geworfen. Er erlitt dabei ua. schwere Augenverletzungen. Von unserem #Staatsschutz werden #Zeugengesucht““

Gegen die Räumung der Szenekneipe „Syndikat“ in Berlin Neukölln gehen vor allem Linksradikale und Antifa gewaltsam vor. Die Polizeiführung hatte zwar gleich nach dem Einsatz am 7.8. von der Verletzung berichtet. Damals hieß es: „Bei einer zum Teil gewalttätigen Demonstration nach der Räumung am Freitagabend wurde ein Polizist laut Polizei durch eine geworfene Flasche schwer im Gesicht verletzt.“ Hier stellt sich die Frage: Warum geht die Polizeiführung erst nach 14 Tagen mit der Nachricht an die Öffentlichkeit, dass die Verletzungen nicht Folgen eines gewöhnlichen Falschenwurfes waren (wenn man in diesem Zusammenhang von „gewöhnlich“ sprechen kann), sondern es sich um einen gezielten und überaus brutalen Angriff handelte, bei dem das Visier des Beamten gezielt geöffnet wurde vor dem Wurf? Warum erfolgt die Zeugensuche erst nach 14 Tagen? Erst, nachdem ein kritischer Journalist den Finger in die Wunde legt? Bei Zeugensuchen sinken gewöhnlich mit jedem Tag die Chancen, dass sich jemand erinnert und meldet.

Rassismus-Demos: Wie die Medien linke Gewalt verschweigen

Wurde auch hier wieder ähnlich wie beim Flughafensee versucht, politisch nicht ins Konzept passende Gewalt – hier von Links, dort von Migranten – zu verharmlosen bzw. politisch heikle Umstände zu vertuschen? Waren hier politische Motive bzw. Ideologie wichtiger als die Suche des Täters aus dem linksradikalen Milieu? Hätte die Polizeiführung, die dem SPD-Innensenator weisungsgebunden ist, auch so lange geschwiegen mit aufwühlenden Details und der Zeugensuche, wenn die schwere Verletzung durch grausame Gewalt bei einer Corona-Maßnahmen-Gegner-Demonstration passiert wäre? Oder von Rechtsextremen? Wie kommt so ein Schweigen ihrer Führung, das die Suche nach dem Täter erschwert, bei den Polizisten an?

Presseanfragen auf Grundlage von Insider-Informationen nicht zu beantworten und stattdessen gleich an die breite Öffentlichkeit zu gehen mit bislang verschwiegenen Infos, ist ein schwerer Verstoß von Fairness-Regeln im Umgang von Presse und Behörden miteinander. Denn von Seiten eines Journalisten ist es auch ein Vertrauensvorschuss, dass man einer Behörde die Möglichkeit gibt, sich erst zu äußern, wenn man exklusive Informationen hat, und nicht sofort damit nach außen geht. Das Vorgehen der Polizeiführung ist nicht nur unschön, es ist auch unklug. Weil dann eben solche Artikel wie dieser hier erscheinen.

‘Die richtigen Fragen stellen können

Interessant ist auch, dass in den Berichten, die gleich nach der twitter-Meldung der Polizei gestern in diversen Medien erschienen, die Frage, warum die Behörde so lange die brisanten Details verschwiegen und keine Zeugensuche startete, nicht eimal gestellt wird. Zumindest nicht in denen, die ich auf die Schnelle fand. Die Frage ist auch, warum die Gewerkschaften nicht dafür sorgen, dass solche Vorfälle noch breiter in die öffentliche Aufmerksamkeit rücken? Dies müsste doch ihr ureigenstes Interesse sein. Stattdessen brachte etwa die „Gewerkschaft der Polizei“ am 20. August diese twitter-Meldung: „Auch wir unterstützen #Rassismus-#Prävention. Dazu Dr. Christe-Zeyse im Magazin Deutsche #Polizei: „Die richtigen Fragen stellen können“ https://t1p.de/s6r8″. Die Berliner GdP twitterte am 22. August: „Unser Landesvize Stephan Kelm war heute auf Einladung beim Parteitag von @dielinkeberlin und hat mal gelauscht, womit sich eine der drei Regierungsparteien der Hauptstadt so beschäftigt“.

Politiker der in Berlin mitregierenden Grünen hatten während der Proteste gegen die Räumung der „Syndikat“-Kneipe heftige Kritik am Einsatz der Polizei gegen Demonstranten erhoben, obwohl diese teilweise massiv gewalttätig waren und die Polizei lediglich einen Gerichtsbeschluss durchsetzte. Parallel forderten Grüne ein härteres Vorgehen gegen Corona-Maßnahmen-Kritiker.

Hanau – wenn die Realität nicht zur Ideologie passt

Angesichts der aktuellen Verhaltensmuster der Polizeiführung macht es Sinn, an die Worte des Berliner Grünen-Politikers Benedikt Lux zu denken, der ausgerechnet im früheren SED-Blatt „Neues Deutschland“ sagte: „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht. Bei der Feuerwehr, der Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerkbar macht.“

Diese „Hoffnung“ scheint sich bewahrheitet zu haben. Der Schaden für das Vertrauen der Beamten in ihre Führung und für das Vertrauen der Menschen in die Polizei insgesamt – viele unterscheiden ja nicht zwischen den einfachen Polizisten und ihrer Führung – ist immens. Das geht mittelfristig an die Grundfesten unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

P.S.: In meiner Presseanfrage hatte ich mich nicht auf die Syndikat-Proteste, sondern die Black-Lives-Matter-Demonstration am Tag zuvor bezogen, der Fall war aber anhand der detaillierten Fragen nach Augenverletzungen eindeutig zu identifizieren und zuzuordnen.


Bild: Shutterstock/bearbeitet/ReitschusterText: red

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