Ein Gastbeitrag von Iris Zukowski
Wir leben in vielen Formen von Beziehungen auf unterschiedlichen Ebenen, die wir als gegeben hinnehmen und selten hinterfragen. Unsere zwischenmenschlichen Beziehungen beobachten und reflektieren wir, das Beziehungsmuster, das der Staat durch seine politischen Repräsentanten mit uns als Bürgern unterhält, hinterfragen wir in der Regel nicht. In Paarbeziehungen ist uns die Art und Qualität der Beziehung eher bewusst, wir arbeiten in der Paartherapie an der Verbesserung unserer Verbindung oder realisieren, in einer toxischen Beziehung gefangen zu sein. Toxische Beziehungen sind überwiegend dadurch gekennzeichnet, dass ein fühlender, psychisch gesunder Mensch eine Verbindung mit einer narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeit unterhält. Bei Narzissten lassen sich spezifische Erziehungs-Muster und kritische Lebensereignisse in der Kindheit finden, die Psychopathie wird zunehmend als genetische Disposition definiert. Auch Kriegstraumen, frühkindliche sexuelle Gewalt und der Konsum von fiktionaler Gewalt kann zur Psychopathologisierung führen.
Ungesunde und Energie raubende Beziehungsmuster im zwischenmenschlichen Bereich und auf Unternehmens- und Staatsebene nehmen leider zu. Die Gesellschaft hat sich einhergehend mit den verdeckten Sozialisations-Programmen, die durch die Medienindustrie als Entertainment in unsere Gehirne gelangen, verändert und der prozentuale Anteil von Narzissten und Psychopathen ist in den letzten Jahren gestiegen. Narzissten machen vier bis sechs Prozent der Bevölkerung aus, der Anteil der Psychopathen liegt bei bis zu drei Prozent. Individuen mit einer narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeitsstörung sind etwa drei- bis viermal häufiger in Machtpositionen vertreten als im Bevölkerungsdurchschnitt. Ihr Anteil in Führungspositionen beträgt etwa sechs Prozent. Je höher die Machtposition, desto eher ist sie von einem Psychopathen besetzt. Durch ihr hochriskantes und moralloses Verhalten arbeiten sie sich im Eiltempo an die Spitze von Unternehmen und Politik und sind auch häufig im Leistungssport, auf den großen Showbühnen und im Medienbereich zu finden.
Dark-Souls: Es geht ihnen nie um den anderen
Psychopathie bezeichnet eine schwere und unheilbare Form der antisozialen oder dissozialen Persönlichkeitsstörung. Psychopathen und Narzissten sind exzellente Beobachter, die andere genau analysieren, um die individuellen (oder kollektiven) Bedürfnisse zu erkennen. Psychisch gesunden Menschen fühlen sie sich überlegen, weil sie sich wegen ihrer moralischen Werte, ihrer Fähigkeit zu Mitgefühl, Scham und Schuldempfindungen, leicht manipulieren lassen. Auf den ersten Blick sind diese Individuen, die im amerikanischen Sprachraum auch als „Dark-Souls“ bezeichnet werden, schwer zu entlarven. Sie wirken charismatisch, sind redegewandt, treten selbstsicher auf und stellen sich stets in den Mittelpunkt, um größtmögliche Beachtung zu finden, was ihnen als energetische Zufuhr dient, um ihre innere Leere zu überdecken. Sie sind hochgradige Energieräuber mit parasitären und egozentrischen Verhaltensweisen.
Massenmörder-Charaktere wie Hannibal Lecter, auf die die Filmindustrie unsere Aufmerksamkeit lenkt, wenn wir von Psychopathie sprechen, sind eine Ausnahme. Psychopathen stellen sich selbst als rechtschaffend und „gut“ dar, während sie in Wahrheit manipulativ und bösartig sind. Wie ein Raubtier gehen sie auf Beutezug und können schnell erkennen, welche Menschen ihnen nützlich sind. Es geht ihnen nie um den anderen, sondern immer um den persönlichen Gewinn, den sie aus einer Beziehung ziehen können. Andere Menschen sind für sie Objekte zur Energiegewinnung, zur Bedürfnisbefriedigung, zum Machtgewinn und zur materiellen Bereicherung. Im Grunde verachten sie fühlende Wesen, weil sie selbst weder Liebe noch inneren Frieden empfinden können.
Um die Beute für sich einzunehmen, ist ihnen jedes Mittel recht. Systematisch umgarnen sie ihr Zielobjekt, erhöhen es zunächst mit Komplimenten und Lobpreisungen, um dann gezielt seine Sinne zu vernebeln, es zu irritieren und unbemerkt und alleinig die Beziehungsregeln aufzustellen.
Hat die Beziehungsfalle zugeschnappt, wird das Opfer vereinnahmt und energetisch ausgesaugt. Es wird abhängig von der Gunst des toxischen Partners, der mit Zuckerbrot und Peitsche arbeitet und immer vehementer und hemmungsloser bestimmt, wie die Beziehung zu laufen hat, um ihn gütig zu stimmen. Das irritierte Opfer beginnt, um den Fortbestand der „guten“ Beziehung zu bangen und ordnet sich den Regeln und Forderungen des toxischen Partners unter, der sein egozentrisches und verletzendes Verhalten stets damit erklärt, dass der andere Schuld sei und durch seine falsche Kritik oder Haltung die Probleme ausgelöst habe.
Die Meister in Schuldzuweisungen, Herabsetzungen, Lügen und Verleumdungen sprechen in Paarbeziehungen oder auf der Führungsebene zwar von Verständnis, Liebe, Humanität oder Solidarität, doch weder der Narzisst noch der Psychopath handeln menschlich, noch können sie Liebe und Mitgefühl empfinden oder loyal sein. Die Spiegelneuronen im Frontalhirn, die für die natürliche menschliche Fähigkeit zu Einfühlungsvermögen und Mitgefühl zuständig sind, sind bei Psychopathen inaktiv. (Quelle: „Empathie und Spiegelneurone – Die biologische Basis des Mitgefühls“, Rizzolatti, Sinigaglia, Suhrkamp, 2008)
Dark Souls haben keinen Zugriff auf die natürlichen prosozialen Anlagen eines psychisch gesunden Menschen. Präsentiert man ihnen Schreckensbilder von Folteropfern oder hungernden Kindern im Hirnscan, zeigen die zuständigen Hirnareale bei Psychopathen keinerlei Regung. Sie kennen kein Mitgefühl, sie werden von den niederen Trieben, von Gier, Allmachtsphantasien und dem Streben nach Kontrolle beherrscht. Psychopathen haben Spaß an der Hilflosigkeit und dem Leid anderer – es gibt ihnen den begehrten Machtkick und den „Beweis“, besser zu sein. Im tiefsten Inneren wissen sie, dass sie defizitäre Wesen sind. Diesen Mangel versuchen sie, mit aller Kraft und Raffinesse zu verbergen – auch vor sich selbst.
Schein-Realität im toxischen System
Das Beziehungsmuster, das der Staat – durch seine politischen Vertreter mit den Bürgern unterhält, gleicht auf vielen Ebenen einer toxischen Beziehung. Da wir in dem Glauben gehalten werden, in einer Demokratie zu leben, und unsere Beziehung zum Staat eher als unpersönlich und abstrakt wahrnehmen, hinterfragen wir viel zu selten, wer und wie die Personen sind, die die Macht im Staate ausüben. Erst in einer Ausnahmesituation, einer Katastrophe oder Pandemie sind wir direkt und persönlich von den staatlichen Vorgaben betroffen und können den toxischen Staat als solchen erkennen.
Vergleicht man die Muster einer toxischen Paarbeziehung mit der derzeitigen Beziehungsebene von Staat und Bürger, sind die Parallelen überdeutlich. Wir sind einer Politik ausgesetzt, die nicht dem Wohl des Bürgers dient, sondern der Gewinnmaximierung der psychopathischen Elite, die den toxischen Staat steuert. Unter dem Deckmantel der Demokratie gibt es nur noch eine gültige Meinung und Wahrheit, die über die Medien propagiert wird. Freiheit und Selbstbestimmtheit werden dem Opfer einer toxischen Beziehung genommen.
Wer sich den Beziehungsregeln nicht beugt, wer anders oder selbst denkt, wird abgestraft, zensiert und zum „Bösen“, der dem Allgemeinwohl oder eben der Beziehung schade. Der Psychopath bestimmt und gibt vor, was gut oder böse ist, so wie es ihm passt und dienlich ist. Er unterschlägt Informationen, verfälscht sie oder lügt, um ein Bild der Realität zu erschaffen, das ihm den größten Profit, die alleinige Macht und Kontrolle ermöglicht. Dafür werden alle erdenklichen Knöpfe gedrückt.
Das Beziehungsopfer ebenso wie der Bürger werden im toxischen System permanent geängstigt, verunsichert und klein gehalten – was die unbewusste Beute von der Gunst und der Willkür des Täters komplett abhängig macht. Der Mensch strebt nach sozialer Anerkennung, nach Zugehörigkeit und Akzeptanz, und so wird eine Schein-Realität kreiert, in der nur jene soziale Anerkennung und Akzeptanz erfahren und dazugehörig sind, die der Staatsorder folgen – egal wie fragwürdig oder falsch sie objektiv betrachtet ist.
Für moralisch intakte Menschen unvorstellbar
Toxische Beziehungen trüben unsere Sinne, verzehren unsere Lebenskraft und rauben den klaren Verstand. Langjährige Beziehungen nach diesem Muster können bei gesunden und mitfühlenden Menschen schleichend schwere Depressionen, Ängste, Panikattacken, Burnouts oder chronische Erkrankungen auslösen. Giftig ist die Beziehung immer nur für das Beziehungsopfer, das vom narzisstischen oder psychopathischen Partner als Nahrungsquelle auf vielen Ebenen missbraucht wird.
Warum unterhalten psychisch gesunde, fühlende Menschen Beziehungen, die sie derart schädigen? Die Antwort ist einfach: Für einen moralisch intakten Menschen ist es schlichtweg unvorstellbar, wozu Psychopathen und Narzissten in der Lage sind.
Der Beziehungstäter verbirgt geschickt seine schädigenden, selbstbezogenen Absichten und erschafft genau das Bild, das der andere von ihm haben soll – nach gründlicher Analyse des Gegenübers oder des Kollektivs – um die Beute in Sicherheit zu wiegen und ihr Vertrauen zu erschleichen. Auf dieser Basis errichtet er im nächsten Schritt eine Schein-Realität oder eine Schein-Liebe, in der er allein die Regeln bestimmt.
Moral, Scham oder Reue kennen diese Individuen nicht, sie gehen zum eigenen Profit skrupellos über Leichen. Narzissten und Psychopathen sind auf den ersten Blick für normale Menschen kaum zu erkennen. Ihre Tarnung und ihr Charme haben stets Wirkung, außer man ist erfahren mit Dark Souls – dann durchschaut man ihre Muster schnell, die sich immer gleichen und immer hinter einer perfekten Fassade verborgen sind.
In einer Paarbeziehung ist es sicherlich schwierig, gesetzlich oder medizinisch zu erwirken, den vermeintlich toxischen Partner einem Hirnscan zu unterziehen. Auf den Führungsebenen von Staat und Unternehmen sollte es vielleicht jedoch ein Auswahlverfahren sein, bevor ein Bewerber eine hochrangige Position besetzen kann, um unsere Gesellschaft, unsere Kinder und unsere Zukunft auf diesem schönen Planeten vor dem Machtmissbrauch und die Zerstörung der natürlichen Ordnung durch eiskalte Psychopathen zu schützen.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Iris Zukowski – Diplom-Psychologin, Hypnotherapeutin und Sachbuchautorin: „Was uns heute unterhält, kann uns morgen töten.“ Ruhland Verlag 2017. Sie war einige Jahre Dozentin für Neuromarketing und ist seit 2018 SOS-Initiatorin zur Aufklärung über die weitreichenden Effekte von frei verfügbarer Pornografie.
Text: Gast