In autoritären und totalitären Regimen werden Kunstformen wie die Satire als Mittel im politischen Kampf missbraucht. Vermeintliche „Satiriker“ und „Komödianten“ agieren dann wie Kampfabteilungen der Regierung. Ihre vordringlichste Aufgabe: Andersdenkende zu diffamieren, der Lächerlichkeit preiszugeben, im schlimmsten Fall zu entmenschlichen. Auch wenn manche das Gegenteil behaupten: So weit wie die Bundesrepublik sich unter Angela Merkel von einer freiheitlichen und pluralistischen Demokratie zu einem Gesinnungsstaat entwickelt hat – von einem klassischen autoritären Regime ist sie noch weit entfernt. Trotz deutlicher autoritärer Einsprengsel, wie sie in der Corona-Zeit auf erschreckende Weise offensichtlich wurden und zeitweise sogar die Oberhand gewonnen haben. Das Ausmaß an Psychoterror gegen Andersdenkende erinnert eher an die USA unter dem Kommunistenjäger McCarthy – wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen – als an die Sowjetunion unter Leonid Breschnew (mit der es im Kern allerdings wesensverwandter ist).
Eines der bemerkenswertesten „autoritären Einsprengsel“ in der Bundesrepublik heißt Jan Böhmermann. Der vermeintliche „Comedian“ vom ZDF ist regelmäßig mittendrin, wenn es politisch so richtig schmutzig wird. Wie bei der sogenannten „Ibiza-Affäre“ um die abgehörten Bänder des damaligen österreichischen Vize-Kanzlers Strache, die zu dessen Rücktritt führten. Ein politisches Gangsterstück wie aus dem Lehrbuch von KGB und Stasi, mit Böhmermann im Zentrum.
Es ist müßig zu diskutieren, welche Karriere Menschen von seinem Schlag zu Hochzeiten des KGB gemacht hätten. Oder gar zu denen des noch viel blutigeren KGB-Vorgängers „Tscheka“. Oder in der deutschen Vergangenheit. Ich jedenfalls komme nicht um die Assoziation umhin, mir Böhmermann immer wieder in entsprechenden Uniformen vorzustellen.
Jüngster Anlass dafür: Eine Attacke von ihm unter der Gürtellinie auf den – echten – Satiriker Dieter Nuhr. In meinen Augen eine politische Vernichtungsattacke unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit. Und vom Gebührenzahler zwangsfinanziert. Ein Stück wie aus der Giftküche von Stasi und KGB.
Fast noch mehr als die Hass-Parade des Hetzers im „ZDF Magazin Royal“ erschreckt mich die Naivität, mit der viele in Deutschland damit umgehen. „Jan Böhmermann veräppelt Dieter Nuhr: Ist das genial oder hämisch?“, titelt etwa die „Berliner Zeitung„. Genial? Auch die schlimmsten Auswüchse der Hasspropaganda in der Geschichte waren auf ihre Weise „genial“. Aber ist das ein Maßstab, den man in diesen Zusammenhang anwenden darf?
In der Sendung wurde das Publikum von einem Mann begrüßt, der Nuhr darstellen sollte. Das Ziel der Sendung war klar, ganz im Stile von Agitprop aus finsteren Zeiten: Es ging darum, Comedy wie die von Nuhr, die nicht politisch korrekt ist, als vermeintlich rechts und damit problematisch zu entlarven. „Das Ziel war, die Witze und Gags, die ein zusammengeschnittenes Zitat-Sammelsurium aus realen Stand-up-Auftritten waren, als plumpes minderheitenfeindliches Gerede zu demaskieren und Comedians wie Dieter Nuhr und Lisa Eckhart der Häme auszusetzen“, schreibt die „Berliner Zeitung“: „Absicht war es augenscheinlich, die Comedians, die regelmäßig in der Nuhr-Sendung auftreten, als verirrte rechte Demagogen darzustellen, die Letzte-Generation-Aktivisten im Knast sehen wollen, Verständnis für Wladimir Putin aufbringen, Antisemitismus und Rassismus streuen, die woke Bewegung als autoritär verunglimpfen und sich als Steigbügelhalter des fremdenfeindlichen rechtsdeutschen Bürgertums inszenieren.“
Das Publikum war besetzt mit auffällig vielen Repräsentanten der Boomer-Generation, die bei jedem antiwoken Witz schenkelklopfend und fratzenartig ihre Begeisterung zum Ausdruck brachten, so das Blatt. Wer weiß, wie das Publikum für solche Fernsehshows bearbeitet wird, durchschaut die Mechanismen dahinter: „So sah auch Jan Böhmermanns Rolle aus, der im Publikum saß und jeden ausländerfeindlichen Gag mit gekünsteltem Applaus und Gelächter quittierte. Den Zuschauern vor den Fernsehern dürfte das Lachen im Halse stecken geblieben sein angesichts der Masse von dummdreisten und bewusst verletzenden Pointen.“
Faktisch wurde der Humor von Dieter Nuhr und Lisa Eckhart auf eine rassistische und antisemitische Agenda“ verkürzt und ihre Zuschauer als Karikaturen vorgeführt. Was die „Berliner Zeitung“ dazu schreibt, ist erstaunlich: „Böhmermann tut das ganz bewusst. Denn er hat ein Ziel vor Augen: Er kämpft, und das schon seit Jahren, gegen einen aufziehenden rechten Autoritarismus, der sich im Gewand des normalen Bürgers in die Wohnzimmer bundesdeutscher Haushalte schleicht. In die Mitte der Gesellschaft also.“
Motto: Alles Nazis außer Mutti. Und außer Böhmermann natürlich.
Der ZDF-Mitarbeiter mit seiner Sendung ist nichts anderes als eine mediale Denunziations-Maschine, die dem Gedanken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Hohn spricht und ihn ad absurdum führt. Böhmermann arbeitet dabei vor allem mit den Mitteln, die er seinen Gegnern immer vorwirft: Er reißt Zitate aus dem Zusammenhang, entstellt sie, manipuliert mit Inhalten. Auf eine primitive Art und Weise, die in ihren Mechanismen an die finsteren Epochen der Vergangenheit erinnert. Beim nicht reflektierenden Zuschauer bleibt hängen: Nuhr ist Nazi („rechts“) und Eckhart Antisemitin. Faktisch agiert Böhmermann damit als „TV-Killer“ – er betreibt öffentliche Vernichtung von Andersdenkenden.
In einer ohnehin bis zur Unerträglichkeit gespaltenen Gesellschaft schüttet Böhmermann fassweise Öl ins Feuer der Konflikte. Er ist ein geistiger Brandstifter der besonders gefährlichen Sorte. Sein Fanatismus und seine geradezu infantile, von jeder Reflexion freie Selbstüberschätzung und Überzeugung, auf der richtigen Seite zu stehen, und deshalb alle noch so schmutzigen Mittel anwenden zu dürfen, macht ihn genau denen so ähnlich, deren angeblichen geistigen Verwandten er in seinem politischen Wahn vernichten zu müssen glaubt. Das ist die eigentliche Tragödie dieser ebenso oberflächlichen wie tragikomischen Figur, die als eine der finsteren in die deutsche Fernsehgeschichte eingehen wird.
Nach dem, was ich erlebt habe, und meiner Operation, muss ich meine Arbeit deutlich ruhiger angehen und mich schonen. Dazu haben mich die Ärzte eindringlich aufgefordert. Und ich glaube, das bin ich meinen Nächsten, meinem Team und auch Ihnen schuldig. Wir wollen ja noch eine Weile etwas voneinander haben! Und nach drei Jahren mit Vollgas und an vorderster Front hat der Motor etwas Schonung verdient. Umso mehr bin ich Ihnen dankbar für Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, weiterzumachen! Und sie gibt mir die Sicherheit, mich auch ein wenig zurücklehnen zu können zur Genesung. Auf dass wir noch ein langes Miteinander vor uns haben! Ganz, ganz herzlichen Dank!
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Mein aktuelles Video:
Die tiefere Ursache der Tragödie von Clemens Arvay: Moralischer Narzissmus – die Rückkehr zum Religionskrieg und der Auslöser der Cancel-Culture. Der Psychiater Raphael Bonetti im Interview.