Ein Gastbeitrag von Thilo Schneider
Deutschland brennt. Aber ausnahmsweise einmal nicht wegen der Klimaapokalypse, sondern wegen der AfD und wegen der CDU/CSU. Deswegen ist es gut, dass es eine „Brandmauer nach Rechts“ gibt, nicht, dass der Brand noch irgendwie überschlägt. Am Ende säßen vielleicht sogar SPD und/oder Grüne nicht mehr auf der Regierungsbank. Ein Albtraum. Für alle Minderleister.
Sie glauben das nicht? Dann hören Sie beispielsweise einmal Lars Klingbeil zu, der muss es wissen. „Wer in der AfD Verantwortung übernimmt, ist ein überzeugter Rechtsextremist“, sagt er. Das ist schrecklich. Das bedeutet, wenn ich das beste Fallbeil der SPD richtig verstehe, dass Alice Weidel, die wohl diverseste und randgruppigste Frau im Bundestag (drei Opferpunkte auf der nach oben nicht ganz dichten Claudia-Roth-Skala: Frau, homosexuell, Migrationshintergrund) homosexuelle Frauen mit Migrationshintergrund irgendwohin abschieben möchte. Quasi „auslagern“ will. Das bedeutet, dass Alice Weidel bei der UN und der EU kündigen wird, als Kanzlerin die ehemaligen Ostgebiete zurückfordern wird und sie sich mit Hilfe der Bundeswehr notfalls auch im Alleingang holt, eventuell Österreich und auf jeden Fall Mallorca anschließen will, selbstverständlich Muslime und Juden aus Deutschland mindestens herausekeln will, Homosexualität als „Schweinkram“ unter Strafe und dafür Frauen als Gebärmutter und Köchin wieder an den Herd stellen will. Was bei den Kochkünsten der heutigen Vegetarierdoppelpunktinnen eine echte Strafe für jeden rechtsradikalen Mann mit Walhalla-Tattoo wäre.
Sicher, Alice Weidel ist nicht „die ganze AfD“, da gibt es ja auch so bürgerliche, gemäßigte Typen wie Björn Höcke, Tino Chrupalla oder der Dings, der jetzt irgendwie ins Europaparlament ziehen will, alles, laut Klingbeil, „überzeugte Rechtsextremisten“, von denen allerdings nicht so klar ist, wer sie denn überzeugt hat, nur, wer sie gezeugt hat. Vom Fußvolk der AfD, das sich gerne wie ein Mob geriert und – freundlich ausgedrückt – wie tollwütige SS-Schäferhunde auf Joana Cotar, Anabel Schunke, Ali Utlu oder selbst die mit dem AfD-Abgeordneten Martin Sichert verheiratete Ronai Chaker losgeht, mal ganz zu schweigen. Unter dem Strich würde ich sagen, dass die AfD tatsächlich einen rechtsextremen Rand hat, den die SPD auf der linken Seite nicht hat – weil der komplett der LINKEN oder den Grünen beigetreten ist. Nur die Frage der außer Rand- und Bandbreite ist unklar. Fazit: Die Aussage von Klingbeil ist so originell wie sein Nachname. Aber blöd.
Außerdem ist auch die CDU „brandgefährlich“, wie die Paketzustellerin, Kellnerin, staatlich geprüfte Informatikerin und ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Landeselternbeirats Baden-Württemberg Saskia Esken zur gleichen Zeit und in der gleichen Postille zu warnsirenen weiß. Denn „sprachliche Entgleisungen“ sind nicht nur „brandgefährlich“, sondern auch „Gift für unser Land!“ Schon im Dezember jammerte die Demokratiekoryphäe mit der fröhlichen Mimik einer Bestattungsunternehmerin, die Union „hetze im Chor zusammen mit der AfD“ gegen die wohlmeinende Regierung der stroboskopartig rot-grün blinkenden Ampel. Es wird sogar noch schlimmer! Merz benutze „die Sprache der AfD“, die wiederum „die Sprache des Dritten Reichs“ benutzt, was nicht verwunderlich ist, weil, zumindest bis jetzt, hauptsächlich Deutsch in Deutschland – wenngleich nicht mehr in jeder Gegend – gesprochen wird, sieht man von Sachsen ab. Sie poltert in der „Welt“ dann noch ein bisschen weiter wie Oma Esken, die ihr Strickzeug nicht findet, biedert aber der Union eine Zusammenarbeit an, wenn diese „konstruktive Opposition“ betreibt, was im Klartext heißt, dass sie auf den Oppositionsbänken die irrsinnigen Regierungsprojekte kommentarlos durchwinkt. Sonst ist es „Hetze“. So.
Die Verzweiflung auf den Regierungsbänken der Gutmeinenden und Andere-Schlechtmachenden und der Institutionen in ihrem Schlepptau ist groß. Schon wieder in der „Welt“ legt sich, ebenfalls zum gleichen Datum, auch Thüringens Innenminister Georg Maier von der veresketen und beilklingenden SPD ins Zeug. Sie wissen schon: Dieses Thüringen, das eigentlich wegen der „Rückgängigmachung“ einer ordentlichen Ministerpräsidentenwahl Neuwahlen versprochen hatte, aber diese bisher schlicht aus Termingründen nicht unterbringen konnte. Dieses Musterländle der Demokratie mit sozialistischem Antlitz. Georg Maier jedenfalls, der im Wahlrecht nicht vorgesehene Innenminister von Thüringen, möchte gerne die Verfassung ändern, die ihm und seinen Mithofschranzen sowieso völlig egal ist, um „einen AfD-Ministerpräsidenten zu verhindern“. Mittlerweile ist das wohl etwas schwieriger als früher, da die große Vorsitzende Angela Merkel nun ihr Gnadenbrot futtert und Lindner keine Zeit mehr für Nachtritte nach Erfurt hat, um widerspenstige Friseurmeister zur Raison zu bringen.
Worum aber geht es? Nach Ansicht des täterkräftigen Thüringers schließt die jetzige Formulierung nicht aus, dass ein Kandidat im dritten Wahlgang mit einer einzigen Stimme gewählt wäre, obwohl alle anderen Abgeordneten gegen diesen stimmen. Augenscheinlich wäre es aber mit zwei Stimmen okay, oder was? Unter Maier wäre Adenauer jedenfalls nicht Kanzler geworden. Aber der war ja auch in der „brandgefährlichen“ CDU. Die Konsequenzen, wenn die Verfassung nicht geändert wird, sind jedenfalls schrecklich: „Ich habe manchmal das Gefühl, wir schlafwandeln in ein ziemliches Desaster hinein und wachen am 2. September in einem autoritären System auf.“ Offen gestanden wäre ich sehr neugierig, wie Höcke Thüringen in ein „autoritäres System“ verwandelt. Wird er Fahrradwege wegreißen oder alle Linke- und SPD-Abgeordnete in die Uran-Minen in Thüringen schicken? Da die thüringische Regierung sowieso völlig verstrahlt erscheint, würden die den Effekt nicht einmal bemerken? Unter dem Strich: Demokratie ist nicht, wenn das Volk auch einer anderen Partei mal die Chance zum Ruin Deutschlands geben will, sondern wenn die ewig gleichen Köpfe den ewig gleichen Mist wie bisher verzapfen dürfen. Aber wer braucht auch Neuwahlen, wenn das Volk mit 76,6% so zufrieden mit der Regierung in Thüringen ist, dass es nicht einmal wegen einer geklauten Wahl auf die Straße geht?
In die gleiche Posaune von Erfurt stößt auch der frühere Verfassungsgerichtspräsident Voßkuhle: „Es kann durchaus sein, dass sich unsere westliche Demokratie nur als eine kurze Phase in der Geschichte der Menschheit erweist, ähnlich wie die attische Demokratie, und danach wieder die dunkle Zeit des Totalitarismus zurückkehrt.“ Und: „Das Leben in einer Demokratie war nie ein Paradies“. Wenn sie nicht spuren, die Bürger, diese undankbaren Kretins, die eine Oppositionspartei wählen und die etablierten Gutregierenden aus den Ministerposten und damit aus dem Paradies kegeln. Ja, dagegen muss man doch wirklich etwas tun. Beispielsweise besser regieren und auf die Bürger reagieren. Was allerdings anstrengender als ein Abendessen zwischen demokratisch nicht gewählten Ministerpräsidenten und den von ihnen eingesetzten Verfassungsorganen ist.
Hauptsache, die Brandmauer steht und die Flammen schlagen nicht auf die Thüringer Politikbratwürstchen über. Lieber eine Demokratie mit sozialistischem Wahlrecht als eine Demokratie ohne irgendwelches Wahlrecht. Zumindest eine Demokratie, die den ewig gleichen Pappnasen die Macht lässt.
Anders: Sollte es die böse AfD wider Erwarten schaffen, in Landtagen und im Bundestag jemals an den Drücker zu kommen, muss sie sich dann wenigstens keine Gedanken mehr um Demokratieunterdrückungsapparate machen. Die sind dann, dank den Eskens, Maiers und Klingbeilen, schon da.
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Dieser Beitrag ist zuerst auf dem Portal „Kelle Nachrichtenmagazin“ erschienen.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thilo Schneider, Jahrgang 1966, freier Autor und Kabarettist im Nebenberuf, LKR-Mitglied seit 2021, FDP-Flüchtling und Gewinner diverser Poetry-Slams, lebt, liebt und leidet in der Nähe von Aschaffenburg. Weitere Artikel von Thilo Schneider finden Sie hier unter www.politticker.de. In der Achgut-Edition ist folgendes Buch erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht.
Bild: rafapress/ShutterstockMehr von Thilo Schneider auf reitschuster.de