Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Trier ist die Geburtsstadt von Karl Marx, nach dessen Lehren der Kommunismus in viel zu vielen Ländern der Erde zur materiellen Gewalt und der Tod von bis zu 100 Millionen Menschen wurde. Die Stadt feiert ihren bekanntesten Sohn nach wie vor enthusiastisch, besonders an seinen runden Geburtstagen. Die Kritik an ihm ist eher leise, besonders vermisse ich eine Auseinandersetzung mit dem Marxschen Antisemitismus und Rassismus. Wenn ich da falsch liegen sollte, lasse ich mich gern eines Besseren belehren. Anlässlich seines zweihundertsten Geburtstages ließ sich die Stadt Trier von der Volksrepublik China ein überdimensionales goldenes Marx-Denkmal schenken. Ich gehörte damals zu denen, die ihre begründeten Zweifel anmeldeten, ob dies nicht ein Danaergeschenk sei. Eine Antwort habe ich nie bekommen, soweit ich weiß, alle anderen Kritiker auch nicht. Inzwischen hat die Stadt Trier ihren Umgang mit Andersdenkenden noch verschärft. Menschen mit abweichenden Meinungen sollen in der Stadt nicht auftreten dürfen, auch wenn inzwischen von Politikern und Medien eingeräumt wird, dass sie mit ihrer Meinung richtig lagen. Worum geht es?
Ab heute findet in Trier ein „Festival für Frieden, Freiheit und Freude“, statt, das im November und Dezember im Kulturspektrum stattfinden wird, das die Stadt freien Künstlern für ihre Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Das Festival wird organisiert von der Schauspielerin und Regisseurin Joya Gosh und dem Mudra-Kollektiv. Es sind 25 Künstler geladen, die Kabarett, Theater, Tanz, Workshops, Musik und Meditation anbieten. Zwei davon sind der Kabarettist Uli Masuth, in Trier durch frühere Auftritte bekannt und gefeiert und der Musiker Jens Fischer Rodrian, der jahrelang mit Konstantin Wecker zusammengearbeitet hat. Beiden wird ihr Engagement gegen die Corona-Maßnahmen vorgeworfen. In einer Pressemitteilung aus dem Rathaus heißt es: „Beide Künstler sind in jüngerer Zeit mit politischen Äußerungen öffentlich in Erscheinung getreten, die ausdrücklich nicht den Positionen der Stadt Trier entsprechen.“ Das ist eine mehr als entlarvende Formulierung, denn in Trier gibt es keine Einheitsmeinung. Die Veranstalter des Festivals widersprechen offen und dem Wunsch des Rathauses, die beiden auszuladen, wird nicht nachgekommen. Joya Gosh begründet ihr Festhalten an der Einladung deutlich: „Als verantwortliche Veranstalterin distanziere ich mich ausdrücklich. Unser Festival für Frieden, Freiheit und Freude möchte einen offenen Diskurs auch gegensätzlicher gesellschaftlicher oder politischer Positionen anregen, in welchem wertungsfrei miteinander gesprochen wird, gerade auch, wenn man nicht einer Meinung ist.“
Da die Stadt keine Möglichkeit hat, den Rauswurf der beiden Künstler zu erzwingen, droht sie mit Repressionen:
„Da es sich bei der Veranstaltungsreihe im Kulturspektrum jedoch nicht um städtische Veranstaltungen handelt, sondern diese in Verantwortung der Nutzenden liegen, werden die Auftritte im Sinne der Kunstfreiheit hingenommen. Bei der künftigen Vergabe der Räumlichkeiten an Dritte, die dort Programm anbieten, wird sich die Stadt vorbehalten, Künstlerinnen und Künstler, die öffentlich haltlose oder extremistische Positionen vertreten, nicht auftreten zu lassen. Die Leitlinien des Konzeptraums Kulturspektrum werden entsprechend ergänzt.“
Welche „extremistischen Positionen haben Masuth und Fischer-Rodrian vertreten? Sie haben berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit von Masken, Lockdowns, Impfpflicht, der Gültigkeit von Tests, Schul- und Kindergartenschließungen geäußert. Alles Positionen, die heute von den Politikern und Medien bestätigt werden. Es liegen inzwischen hunderte Studien vor, die beweisen, dass Maskenpflicht wenig zur Pandemie-Eindämmung beigetragen, aber vielfache gesundheitliche und psychische Schäden verursacht hat, besonders bei Kindern und Jugendlichen. Es wird inzwischen von der Politik eingeräumt, dass die Schließung von Schulen und Kindergärten ein Fehler war und den Schülern großen Schaden zugefügt hat. Inzwischen wird nicht mehr bestritten, dass die Impfungen nicht vor Ansteckung oder Weiterverbreitung des Virus geschützt, aber beträchtliche Impfschäden, verursacht haben. Lockdowns haben außer immensen wirtschaftlichen Schäden nichts gebracht, die Tests waren nicht geeignet, Corona nachzuweisen, worauf schon ihr Entwickler 2020 hingewiesen hatte.
Gesundheitsminister Lauterbach hat sogar zugegeben, dass es von Anfang an Menschen gegeben hat, die auf all das hingewiesen haben. Er verband das mit der perfiden Schuldzuweisung, dass die Zweifler zu leise gewesen seien.
Nein, sie waren nicht zu leise, sondern man hat ihre Stimmen mit Gewalt unterdrückt. Nun will die Stadt Trier, nein, wollen die Verantwortlichen im Rathaus, die Repressionen fortsetzen, indem sie Positionen, die inzwischen allgemein anerkannt sind, als „extremistisch“ abstempeln. Masuth und Fischer-Rodrian sollen dafür bestraft werden, dass sie schon Jahre vor dem Gesundheitsminister zu den richtigen Erkenntnissen gekommen sind. Das ist unakzeptabel. Oder will die Stadt Trier eventuell auch Gesundheitsminister Lauterbach wegen „extremistischer Positionen“ ausladen?
Das beste Mittel, dem Rathaus Trier zu demonstrieren, was man von seiner Entscheidung und den damit verbundenen Drohungen hält, ist, das Festival zu besuchen. Joya Gosh hat eine Einladung an alle Verantwortlichen ausgesprochen, sich der offenen Diskussion zu stellen.
Auch das Rathaus lädt heute zu einer „Informationsveranstaltung“ ein. Das Perfide ist, dass diese Veranstaltung in Kooperation mit der Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung stattfinden soll. Masuth und Fischer-Rodrian auf diese Weise in die Nähe von Antisemitismus zu rücken, grenzt in Zeiten, wo der antisemitische Mob lautstark auf Deutschlands Straßen tobt, an Rufmord. Statt sich darum zu kümmern, wie angeblich „kulturelle Arbeit für extremes Gedankengut missbraucht werden kann“, hätte die Antisemitismusforschung alle Hände voll zu tun, den aktuellen gefährlichen Antisemitismus zu analysieren und zu bekämpfen.
Und haben sich die Forscher schon mit dem Antisemitismus und Rassismus von Karl Marx beschäftigt? Ich empfehle die Lektüre seiner frühen Schriften und seiner Ausfälle gegen seinen Schwiegersohn Paul Lafargue, Ehemann seiner Tochter Laura.
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Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle.
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