CDC überwachte US-Bürger mit gekauften Handy-Daten 420.000 Dollar für Big Brother 2.0

Von Daniel Weinmann

Es ist ein Skandal, der hierzulande am liebsten totgeschwiegen würde. Es geht um Datenmissbrauch in ungeheurem Ausmaß. Und es ist eine einst als Verschwörungstheorie gebrandmarkte These, die Wirklichkeit wurde.

Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) kauften den Zugang zu Standortdaten, die von Millionen von Telefonen in den Vereinigten Staaten gesammelt wurden, um die Einhaltung von Ausgangssperren zu analysieren, Besuchsmuster von Schulen zu verfolgen und die Wirksamkeit der Corona-Politik in der Navajo-Nation zu überwachen. Dies geht aus CDC-Dokumenten hervor, die dem Online-Magazin „Vice“ vorliegen.

Sie offenbaren zudem, dass das US-amerikanische Pendant zum hiesigen Robert Koch-Institut Covid-19 zwar als Grund für einen schnelleren Zugang zu den Daten anführte. Beabsichtigt wurde aber vielmehr, die so gewonnenen Informationen weit über die Corona-Thematik hinaus zu nutzen. So heißt es beispielsweise, dass die Behörde auf der Grundlage der Handydaten „äußerst genaue Erkenntnisse über Alter, Geschlecht, Rasse, Staatsangehörigkeit, Einkommen und mehr“ gewinnen konnte.

Illustre Investoren

Besonders heikel: Die Dokumente enthüllen den breit angelegten Plan der CDC, Standortdaten von einem höchst umstrittenen Datenbroker zu nutzen. 420.000 Dollar zahlte die US-Gesundheitsbehörde dem Unternehmen SafeGraph, um Zugang zu dessen im Jahr 2021 gesammelten Daten zu erhalten. Brisant: Zu den Investoren von SafeGraph zählt neben dem US-amerikanischen Milliardär und Tech-Guru Peter Thiel nicht zuletzt auch der ehemalige Leiter des saudischen Geheimdienstes. Der Internetriese Google verbannte das Unternehmen im vergangenen Juni offenbar nicht ohne Grund aus dem Play Store.

Zwar betonen Datenbroker wie SafeGraph immer wieder, dass die von ihnen verkauften Informationen die Bewegungen von Personengruppen und nicht von einzelnen Nutzern darstellen. Kritiker äußern indes Bedenken – und gehen davon aus, dass die sensiblen Informationen längst nicht so anonym sind wie behauptet. Dies belegt auch das Beispiel eines hochrangigen katholischen Priesters aus Wisconsin.

Er musste im vergangenen Jahr zurücktreten, nachdem eine katholische Nachrichtenseite die mit seinem Mobiltelefon verknüpften Daten de-anonymisieren konnte und enthüllte, dass er angeblich die Dating-App Grindr benutzt und Schwulenbars besucht hatte. Ob diese Daten von SafeGraph stammten, konnte allerdings nicht belegt werden.

»Bewusst eine umfangreiche Liste von Anwendungsmöglichkeiten erstellt«

Mit Blick auf die CDC scheint jedoch sicher, dass die Daten von SafeGraph eine entscheidende Rolle gespielt haben – etwa für die stündliche Überwachung der Aktivitäten während der Ausgangssperren oder die detaillierte Zählung der Besuche in den teilnehmenden Apotheken für die Impfstoffüberwachung.

„Die CDC scheint bewusst eine umfangreiche Liste von Anwendungsmöglichkeiten erstellt zu haben, darunter die Überwachung von Ausgangssperren, Besuche von Nachbarn zu Nachbarn, Besuche in Kirchen, Schulen und Apotheken sowie eine Vielzahl von Analysen mit diesen Daten, die sich speziell auf „Gewalt“ konzentrieren“, sagte Cybersicherheitsforscher Zach Edwards gegenüber „Vice“.

Die CDC reagierte – erwartungsgemäß – nicht auf mehrere Anfragen von „Vice“ und der britischen Daily Mail, die wissen wollten, für was genau die Daten von SafeGraph genutzt werden. Die US-Seuchenbehörde ist indes kein Einzelfall für den Missbrauch sensibler Daten. Auch die kanadische Gesundheitsbehörde und das Verkehrsministerium von Illinois, wurden in den vergangenen Jahren beschuldigt, die Telefone von Millionen von Menschen zu überwachen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Shutterstock
Text: dw

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