Corona-frei: California Dreaming Demokratie hebelt Lockdown aus

Es ist mir klar, dass Neid kein guter Charakterzug ist. Aber manchmal kann ich ihn nicht ganz vermeiden. Wenn ich Leser-Post aus Bali bekomme, aus Thailand, aus Mexiko, oder, wie jetzt gerade, Kalifornien. Schon allein der Gedanke an die Pazifikküste, die Golden Gate Bridge und vor allem das viel mildere Klima weckt sofort Sehnsüchte. Doch dann auch noch das. Der Leser beschrieb etwas, was mein Fernweh gleich multiplizierte. Hier seine E-Mail:

Ich lebe in Südkalifornien und lese Ihren Blog regelmäßig mit großem Interesse.

Hier sind seit März die Schulen geschlossen und es herrscht mehr oder weniger ein „Lockdown-light“.

Jetzt hat der Governor eine „executive order“ mit neuen drastischen Einschränkungen erlassen, die den meisten Bürgern zu weit geht – insbesondere da sie nur für die Wähler gelten sollen: https://nymag.com/intelligencer/2020/12/gavin-newsom-other-democrats-break-rules-because-they-can.html.

Da der Sheriff direkt von den Bürgern des jeweiligen Countys für jeweils 4 Jahre gewählt wird, sind sie primär dem Bürgerwohl verpflichtet.
Unser Sheriff hier hat jetzt eine offene Rebellion gestartet, die „executive order“ wird mehr oder weniger ignoriert. Dem haben sich auch die jeweiligen Nachbarcounties angeschlossen: https://losangeles.cbslocal.com/2020/12/05/stay-at-home-order-sheriff-enforcement/

Hier vor Ort (also in der Metropolregion Los Angeles – San Diego) hat das zur Folge, dass die meisten Restaurants, Geschäfte und Weingüter nach wie vor offen bleiben z.B. für „outdoor dining“.

Mit freundlichen Grüßen nach Deutschland,
XXXXXX XXXXXX“

Das ist in der Tat bemerkenswert. Erstens, dass Medien darüber schreiben, wie Regierende mehr oder weniger heimlich die Corona-Regeln brechen. Der Bürgermeister von Austin flog demnach im Privatjet zur Hochzeit seiner Tochter – während für die Wähler galt „Zuhause bleiben!“. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom war auf einer Party in einem Luxus-Restaurant, ebenso London Breed, der Bürgermeister von San Francisco. Denvers Bürgermeister Michael Hancock flog fürs Erntedankfest zur Familie – nachdem er seine Mitarbeiter angewiesen hatte, auf Reisen zu verzichten.

Auch ich habe Hinweise auf Feiern ohne jede Hygieneregeln von „Großkopferten“ aus Berlin aus durchaus vertrauenswürdiger Quelle. Nur habe ich nicht genügend Zeit und Mitarbeiter, um denen so nachzugehen, dass ich eben diese Quelle nicht gefährde. Erstaunlich ist, dass die großen Medien da offensichtlich keinen allzu großen Recherche-Eifer an den Tag legen.

Noch faszinierender ist aber, welche Auswirkungen es hat, wenn die Polizeiführung nicht von oben eingesetzt wird. Im Unterschied zur Polizeipräsidentin Barbara Slowik in Berlin. Die hat Innensenator Andreas Geisel (früher SED, heute SPD) eingesetzt und dafür extra ihren Vorgänger entlassen. Slowik gilt als braves Ausführungsorgan des gewendeten Ex-Sozialisten. Sie ist ihm verpflichtet, ihre Karriere hängt von ihm ab. Und da lässt man dann schon mal im November friedliche Demonstranten mit Wasserwerfern attackieren. Ganz anders die Sheriffs in Kalifornien. Die hängen nicht von einem Apparatschik ab, sondern von den Bürgern. Und orientieren sich deshalb an deren Interessen.

Hat das ständige Amerika-Bashing in Deutschland vielleicht auch etwas mit Neid zu tun? Den jedenfalls spüre ich bei mir, jetzt, wenn ich diese Zeilen schreibe. Aber nicht nur auf Amerika. Auch auf Russland, meine Wahlheimat. Wo ebenfalls Restaurants, Sportclubs und vieles andere geöffnet hat. Nein, nicht weil die Polizei dort gewählt wurde. Eher, weil zu viele Russen einen ausgedehnten Lockdown einfach nicht akzeptiert hätten. Und Präsident Wladimir Putin hätte fürchten müssen, dass ihm alles um die Ohren fliegt.

Ganz anders in Deutschland. Dass unsere Politiker auf eine harte Hand setzen, kann eigentlich nur zwei Gründe haben: Entweder sie halten ihre Wiederwahl ohnehin für gesichert. Oder sie glauben, dass die Wähler von ihnen strikte Beschränkungen ihrer Freiheit geradezu erwarten. Zugespitzt ausgedrückt: Dass ein großer Teil der Bevölkerung selbst wünscht, Teile seiner Freiheit herzugeben und mit harter Hand regiert zu werden. Um nicht zu sagen geführt. Beruhigend wenigstens, dass so eine Einstellung offenbar zumindest nicht weltweit Standard ist. Vielleicht ist sie ja auch bei uns nur eine Medien-Fata-Morgana. Fragen über Fragen. Und viel zu wenig Antworten.

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Bild: Denis Moskvinov/Shutterstock

Text: br

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