Ein Gastbeitrag von Boris Blaha
Von Anfang an stand die Corona-Politik der Regierenden unter keinem guten Stern. Nach Jahrzehnten der Schlechtestenauslese, begünstigt durch die Gleichgültigkeit von Wählern, die, auf ihre individuellen Privatinteressen reduziert, mit sich selbst beschäftigt waren, rückte weitgehend unkontrolliert ein Personal in verantwortliche Positionen, das über keine Berufs- oder Lebenserfahrung mehr verfügte. Eine abgeschlossene Ausbildung war längst keine Voraussetzung mehr, akademische Titel wurden allzu häufig erschlichen, Plagiatsjäger hatten Hochkonjunktur. Außerhalb der Parteikarrieren gab es nichts Vorzeigbares mehr. Bemerkenswert an dieser speziellen Gruppe war nur noch die Fähigkeit, sich um ihr eigenes Image zu kümmern, in den Medien präsent zu sein, wobei es um die Präsenz als solche ging. Was gesagt wurde, war nebensächlich, hatte zum tatsächlichen Geschehen kaum noch Bezug und bestand aus einer kleinen Menge auswendig gelernter Phrasen, die, beliebig zusammengewürfelt, die Illusion von Sinn und Kompetenz erzeugen sollten. Das klassische Prinzip der Bestenauslese war komplett ins Gegenteil verkehrt. Dass ein solches Personal bei der ersten ernsthaften Herausforderung kläglich scheitern würde, war naheliegend und vorauszusehen.
Wer die Fähigkeit, in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, nicht rechtzeitig trainiert, verliert schnell die Nerven, wenn es ernst wird. Alle Kulturen haben daher Rituale, Institutionen oder Mechanismen entwickelt, damit aus Kindern auch Erwachsene werden können. Das reicht vom Indigenen, der erst wieder zur Gruppe stoßen darf, wenn er allein ein gefährliches Tier erlegt hat, bis zum Gesellen, der drei Jahre auf die Wanderschaft geschickt wird und seinem Heimatdorf nicht näher als fünfzig Kilometer kommen darf. Im Westen lässt sich als Indiz fortschreitender Infantilisierung anführen, dass der Unterschied zwischen „Sie“ und „Du“ aus der Sitte verschwindet. Nach der neuen Gewohnheit sollen wir alle Kinder werden im großen Haus des Herrn.
Als die ersten Meldungen über eine gefährliche Viruserkrankung Deutschland erreichten, verschenkte der Außenminister mit großer Geste, aber ohne jeden Verstand Millionen von Masken nach China, die kurz darauf allerorten im Gesundheitswesen fehlten. Eine offenkundige Witzfigur. Die medizinischen Fachangestellten sollen, so eines der Gerüchte, in Heimarbeit welche genäht haben, was, wenn es nicht so traurig wäre, ein gelungener Witz zur Abendunterhaltung hätte sein können. Die erste Notlüge wurde inszeniert und behauptet, dass Masken sinnlos wären und ohnehin nicht helfen würden, während gleichzeitig im Hintergrund der Bundesgesundheitsminister, ein medizinisch unerfahrener Bankkaufmann, hektisch Milliarden überflüssiger Masken bestellte, was Monate später vom Bundesrechnungshof als „massive Überbeschaffung“ eingestuft wurde. „Die kontrahierte Gesamtmenge aus allen Beschaffungswegen übersteige mit 5,8 Milliarden Schutzmasken selbst einen vom Ministerium ‚auf der Grundlage sachfremder Annahmen‘ berechneten Jahresbedarf von 4,7 Milliarden Masken noch um 23 Prozent“, zitierte das ZDF aus dem Bericht. Erste Schwierigkeiten mit Grundrechenarten wurden sichtbar. Die aktuelle Wiederholung dieser Farce durch den neuen Gesundheitsminister bei der Impfstoffbestellung belegt die Beständigkeit dieser mathematischen Grundfähigkeiten.
Der Dilettantismus des einen sorgte für die Gewinne der anderen. Passend zur medizinisch sinnlosen Rhetorik eines Vernichtungskrieges tauchten die ersten Kriegsgewinnler auf, gerne auch im direkten Umfeld agierender Politiker. Zugleich verschob sich der Fokus der Regierenden von der Bewältigung der Krise auf die Verschleierung des eigenen Unvermögens, was aus der medizinisch kontrollierbaren erst eine politische Krise mit eigener Dynamik hervorrief. Die gesamte demokratische Nachkriegsordnung wurde jetzt in Mithaftung gezogen, weil Regierende nur noch zusahen, wie sie ihren eigenen Kopf aus der Schlinge ziehen können. Das primus inter pares verschwand. Regierende mutierten zu Herrschenden.
Im Frühjahr 2020 wurde bekannt, dass die Bundesregierung wenige Jahre zuvor eine Risikostudie in Auftrag gegeben hatte, die das Szenario, dem man aktuell ausgesetzt war, schon ziemlich realitätsnah simuliert hatte. Keiner der politisch Verantwortlichen hatte die Empfehlungen dieser Studie umgesetzt, keine entsprechenden Vorbereitungen waren getroffen worden, wahrscheinlich hatten die allermeisten die Studie nicht einmal gelesen. Sie verschwand kommentar- und konsequenzlos in der Schublade. Ein Bigpoint. Man kann ihn gewinnen oder verlieren. Die Geschichte im Singular ist ein Mythos. Geschichten zwischen handelnden Menschen sind stets ereignisoffen. Erst in der Rückschau wird die Illusion eines gesetzmäßigen Verlaufs erzeugt, dafür steht Hegels bekannter Ausspruch, dass die Eule der Minerva erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug beginnt. Politisch gesprochen sind die Konstellationen zwischen virtu und fortuna ausschlaggebend. Verpasst man die Gelegenheit, können die Spätfolgen weit über den eigentlichen Anlass hinausreichen. Was wäre, wenn? Angesichts dieses Kardinalversagens hätte das Parlament seine Kontrollfunktion wahrnehmen können und der Regierung in Person der Richtlinienkanzlerin das Misstrauen aussprechen können. Dazu hätte man allerdings eine politisch verantwortliche Institution haben müssen und nicht einen Haufen von weiblich/männlich/diversen Personen, die für Geld und Privilegien allem und jedem ihre Stimme geben. So kommt eins zum anderen. Das Ermächtigungsgesetz ohne Wirklichkeitsbezug (‚epidemische Lage nationaler Tragweite‘) verschob die Balance zugunsten der Exekutive.
Der R-Wert wurde zur großen Schlange, auf die alle ängstlichen Hasen regungslos starrten, der rund um die Uhr medial verbreitete Panik-Modus zur neuen Normalität. Ob der erste Lockdown schon mehr politisch als medizinisch motiviert war, werden spätere Historiker herausfinden. Die Schwierigkeiten mit den Grundrechenarten machte diesmal ein Hannoveraner Professor für öffentliche Finanzen offenkundig, der den Herrschenden vorrechnete, dass ihre Begründung des Lockdowns zumindest rechnerisch nicht zu halten war. Etwa zeitgleich monierte ein Abteilungsleiter des Bundesinnenministeriums, dass die formal bei Maßnahmen solcher Größenordnung zwingend erforderliche Risikofolgenabschätzung überhaupt nicht vorgenommen worden war. Die Reaktionen kamen prompt. Der rechenkundige Professor sollte mit einer medialen Diffamierungskampagne mundtot gemacht werden, der verantwortungsbewusste Beamte aus dem Innenministerium wurde umgehend suspendiert. Fürs Erste schienen die Herrschenden im Vorteil. Der Lockdown vereinzelte die Bürger und schwächte ihre politische Potenz, sich zusammenzutun und zu organisieren.
Die unabhängige Justiz, auf die viele ihre Hoffnungen gesetzt hatten, zeigte sich gut preußisch, zog den Schwanz ein und gehorchte. Scherte doch mal einer aus wie der Weimarer Familienrichter, wurde er mit Methoden zur Räson gebracht, die man sonst nur aus Gestapo- und Stasi-Zeiten kannte. Bestrafe einen, erziehe Tausend. Ein Grundschulleiter, der das Wohl der Kinder in den Vordergrund stellte und remonstrierte, wurde ebenfalls suspendiert. Eine kritische E-Mail an die verantwortliche Kultusministerin brachte mir auf dem Wege der Amtshilfe unter Genossen eine Gefährderansprache ein. Auf meine bescheidene Nachfrage, wo denn die Sprengstoffgürtel seien, reagierten die Beamten verständnislos. Es dauerte, bis die Verwaltungsgerichte aus der Anfangsstarre erwachten und sich auf ihre eigentliche Aufgabe besannen. Die Hüter der Verfassung hingegen, rechtzeitig mit Parteilakaien bestückt, entzogen sich der Verantwortung und glänzten mit devotem Schweigen. Man blieb unter sich und dinierte lieber im Bundeskanzleramt.
Der einsetzende Maßnahmenfetischismus erzeugte hingegen eine Kluft, die im weiteren Verlauf sich vergrößerte und am Ende das Gegenteil dessen bewirkte, was ursprünglich beabsichtigt war. Da die Maßnahmen vorrangig nicht dem Schutz der Bevölkerung, sondern nur dem Schutz der Herrschenden vor der Verantwortung dienten, konnte über sie nicht offen diskutiert werden. Sie mussten als alternativlos und vor allem eindeutig positiv dargestellt werden, sämtliche negativen Aspekte, die eine Abwägung erforderlich machen würden, mussten aus der veröffentlichten Meinung verbannt werden. Regelkonformer blinder Gehorsam sollte das eigene Urteilen überflüssig machen, Erwachsene auf den Status unmündiger Kinder zurück gezwungen werden. Die typischen Begleiterscheinungen solcher Ordnungen tauchten wieder auf: Denunziantentum, Blockwarte, charakterlose Widerlinge, die sonst keine Chance hätten, herauszutreten. Um die, die ihren klaren Kopf behielten, wurde es einsam. Täglich meldeten die hörigen Medien die sinnlosen Zahlen der Neuinfizierten, die keine Infizierten, sondern bloß positiv Getestete waren. Die tatsächlich relevanten Zahlen der Einzelhändler, die ihr oft über mehrere Generationen gehaltenes Geschäft aufgegeben hatten, die Zahl der Verzweifelten, die keine Perspektive mehr sahen und aus dem Leben geschieden waren, die Zahlen der Kinder, die psychisch auffällig geworden waren, weil ihre normale Entwicklung blockiert war, all diese Zahlen wurden eisern verschwiegen und isolierten die Herrschenden und ihre medialen Claqueure zunehmend vom tatsächlichen Geschehen. Ein Realitätsverlust mit Folgen. Selbst als schon längst bekannt war, dass die Nebenwirkungen des medizinischen Experiments, das ideologisch als Impfung verbreitet wurde, höher lagen als alle tatsächlichen Impfungen der vergangenen 24 Jahre zusammengenommen, gab es genügend kriminelle Mittäter, die öffentlich das Gegenteil behaupteten. Tatsachenwahrheiten haben indes den Vorzug einer speziellen Hartnäckigkeit. Es genügt ein einziger vertrauenswürdiger Zeuge, der auftritt und berichtet: So hat es sich tatsächlich zugetragen.
Seit den ersten Pressekonferenzen von Drosten und Wieler war erkennbar geworden, dass mit hoher krimineller Energie alles unternommen wurde, um jede sachliche Auseinandersetzung schon im Ansatz zu unterbinden. Vor Erfindung des Buchdrucks hätte das vielleicht noch funktionieren können, aber in Zeiten von Internet, sozialen Medien, Telegram etc.? Druck erzeugt Gegendruck. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viele offene Briefe erlebt zu haben wie derzeit. In zahlreichen Bereichen quer durch das ganze Land entstand spontan das Bedürfnis, sich zu organisieren, zu vernetzen, Gruppen zu bilden, in denen die tatsächlichen Erfahrungen wahrgenommen und geteilt werden konnten. Inzwischen sind sämtliche zentralen Institutionen der alten Bundesrepublik massiv beschädigt. Der Autoritätsverfall der einen beförderte den Mut der anderen. Der drohende Zeigefinger des Herrn hat seine Wirkmacht verloren. Man lacht über Allgemeinverfügungen, die vor allem eines verraten: die unglaubliche Angst der scheinbar Herrschenden, die längst wissen oder zumindest ahnen, dass das Spiel verloren ist.
Irgendwann und irgendwo wird der Erste fallen. Ob es Lauterbach ist, der nie im Leben auf einem Ministersessel hätte landen dürfen, Trudeau, Macron oder ein anderer, spielt keine große Rolle. Es wird eine Welle und ein großes Beben auslösen. Die etwas klügeren Opportunisten haben schon verstanden, dass sie nur noch Schadensbegrenzung betreiben können, denn die Aufarbeitung des angerichteten Schadens wird die eigentliche politische Aufgabe sein, an der sich zeigen wird, wie politisch gereift die einzelnen Länder aus dieser Krise wieder herauskommen.
Die dauerhafte Präsenz der Schlechtesten mag ja für viele ein willkommener Anlass fürs tägliche Räsonieren sein. Sie aus den politisch verantwortlichen Positionen wieder zu entfernen, ist jedoch nicht irgendeine, sondern unsere Sache. Das wäre wirklich solidarisch gegenüber denen, die den Preis dieser „Politik“ bezahlen müssen.
Das tatsächliche Geschehen versammelt die Menschen, die Lüge spaltet in Gläubige und Skeptiker. Erst wenn das volle Ausmaß des angerichteten Schadens öffentlich bekannt ist, wird man mit einer umfassenden Reform an Kopf und Gliedern beginnen können und sich der Frage stellen müssen, warum auch die Stabilität der zweiten deutschen Demokratie derart massiv beschädigt werden konnte.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Text: Gast