Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Bekanntlich haben wir Meinungsfreiheit in Deutschland und da kommt es nicht darauf an, ob die verkündete Meinung wahr oder falsch ist – das sagt ein Verfassungsgerichtsurteil von Mai 2011. Das gilt auch für Meinungen, die im Bundestag verkündet werden. Wenn aber ein Minister in einer Regierungsbefragung antworten muss, ist es keine Meinung, was er verkündet, sondern sollte, was er sagt, der Wahrheit entsprechen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach wurde am Mittwoch, dem 16.Oktober 2024 von der AfD-Abgeordneten Dr. Baum nach der umstrittenen Impfpflicht für medizinisches Personal und Bundeswehrsoldaten befragt, speziell nach dem Soldaten, der wegen einer verweigerten Impfung im Gefängnis sitzt.
Lauterbachs Antwort:
„Ich will nur so viel antworten: Mir wäre es neu, tatsächlich, dass irgendein Soldat derzeit im Gefängnis sitzt, weil er sich nicht hat impfen lassen. Das bestreite ich hier und wirkt nicht wirklich plausibel.“
Ist Lauterbach wirklich so ahnungslos oder hat er gelogen? Tatsache ist, dass der Bundeswehrsoldat Alexander Bittner seit einem Monat in der JVA Aichach einsitzt, weil er die Impfung mit einem mRNA-Vakzin verweigerte. Die „rechtliche Grundlage“ für Bittners Inhaftierung war eine Verordnung von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer vom November 2021, dass Bundeswehrsoldaten im Rahmen einer Duldungspflicht sich impfen lassen müssten. Diese Verordnung wurde bereits im Mai 2024 aufgehoben, also Monate vor Bittners Verhaftung, die stattfand, obwohl sein Gnadengesuch noch lief. Für die Begnadigung zuständig ist übrigens Ministerpräsident Söder, der allerdings nicht die Absicht zu haben scheint, das begangene Unrecht am Vater dreier Kinder zu beenden. Leider mangelt es auch an öffentlicher Solidarität.
Das sollte sich ändern, deshalb bitte ich, Alexander Bittner in die JVA Aichach, 86551 Aichach, Münchener Straße 33 zu schreiben und /oder Ministerpräsident Söder aufzufordern, Bittner zu begnadigen. Adresse: [email protected], Telefon: 089 2165-0
„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“
sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Bei uns ist es wohl eher ein guter Anwalt – und der kostet Geld. Augsburgs CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber hat mich gerade angezeigt, weil ich es gewagt habe, ihre Amtsführung zu kritisieren. Es geht um mehr als nur diesen Fall. Es geht um das Recht, Kritik an den Mächtigen zu üben, ohne kriminalisiert zu werden. Helfen Sie mir, dieses wichtige Recht zu verteidigen! Jeder Beitrag – ob groß oder klein – macht einen Unterschied. Zusammen können wir dafür sorgen, dass unabhängiger Journalismus stark bleibt und nicht verstummt. Unterstützen Sie meine Arbeit:
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle.
Bild: photocosmos1/Shutterstock