Von Christian Euler
Markus Söder zieht die Zügel an. Soweit, so bekannt – vor allem, wenn es um härtere Corona-Maßnahmen geht. Doch nun geht es um die eigene Partei des bayerischen Ministerpräsidenten. Und es ist nicht weniger als ein Zehn-Punkte-Plan, den er als Konsequenz aus der Masken- und Berateraffäre aus der Taufe gehoben hat. Kommende Woche soll der Plan vom CSU-Vorstand beschlossen und dann Teil der Parteisatzung werden.
Der Tenor: Die CSU verschärft ihre Regeln für amtierende und künftige Mandatsträger. Letztlich müsse es „volle Transparenz“ bei den Nebeneinkünften geben. „Wir wollen ein komplettes und umfassendes Bild haben bis in die kleinste Verästelung hinein“, gelobte Söder, um martialisch hinzuzufügen: „Das ist nicht ein zahnloser Tiger, sondern ein scharfes Schwert.“
Das Maßnahmenpaket hält er für erforderlich, um die CSU zu schützen, da die Aufklärung von Einzelfällen nicht ausreiche. „Wir stehen als CSU vor einer zentralen Weggabelung, wir stehen am Scheideweg. Es geht jetzt um die grundlegende Glaubwürdigkeit, Integrität und das Vertrauen in die gesamte Partei“, so der CSU-Vorsitzende. Es brauche daher auch ein absolutes Tätigkeitsverbot für eine bezahlte Interessenvertretung.
„Belanglose Integritätserklärung“
Söder geht all-in – und weit über das hinaus, was bisher aus CDU und CSU zum zuletzt so imageschädigenden Themenkreis Nebentätigkeiten und Lobbyismus zu vernehmen war. Der Pragmatiker, der knallhart seinen Weg verfolgt, will seine Partei von dem Ruf befreien, sie sei eine Partei der Gschaftlhuber-Politik – wohl auch wegen neuer Umfrage-Schlappen für seine Partei.
Einiges spricht dafür, dass Söders Weg vom Saulus zum Paulus ein weiter sein wird. „Nach den Affären um die Maskendeals der CSU präsentiert Söder der Öffentlichkeit nun ein klassisches Bauernopfer“, poltert Katrin Ebner-Steiner, die Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, „er bestraft einige Abgeordnete, die vom Amigo-Sumpf der CSU so profitiert haben, kündigt eine belanglose ‚Integritätserklärung‘ an und verurteilt scheinheilig den Lobbyismus seiner Parteifreunde.“
Dabei verfahre er nach dem Prinzip: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Doch der größte Lobbyist sei Söder selbst: „Mindestens 681.400 Euro Fördermittel wurden unter seiner Verantwortung als Finanzminister an das Unternehmen seiner Frau überwiesen“, so Ebner-Steiner, „bei dieser Fördermittelaffäre, die meine parlamentarische Anfrage vom 15. März aufgedeckt hat, geht es nicht nur um einen weiteren von vielen so genannten Einzelfällen, sondern um strukturelle Vetternwirtschaft zugunsten der eigenen Familie.“ Söder fördere die Baumüller-Gruppe, deren Mitinhaberin seine Frau ist, gleich doppelt: zum einen durch mindestens eine unmittelbare Finanzspritze, zum anderen durch den Ausbau der E-Mobilität allgemein.
Spezlnwirtschaft für die Ehefrau
Laut Medienberichten von 2017 hat die Baumüller-Gruppe mit vier weiteren Firmen ein Antriebssystem für ein voll elektronisches Kommunalfahrzeug entwickelt, dass vom bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie unterstützt wurde. Die zuständige Staatsministerin war damals Ilse Aigner. Karin Baumüller-Söder war 2017 Medienberichten zufolge bereits seit vielen Jahren Mitinhaberin der Baumüller Gruppe.
Die Landtagsabgeordnete Ebner-Steiner fordert den Ministerpräsidenten auf, nun auch selbst Transparenz zu zeigen: „Es genügt nicht, dass einfach Abgeordnete ihre Nebentätigkeiten aufdecken müssen, während ein Regierungsmitglied sich über den Umweg familiärer Unternehmensbeteiligung finanziell unterstützt. Die Fördermittelaffäre muss aufgeklärt werden!“
In der Tat sollte Söder als potenzieller Kanzlerkandidat den hohen moralischen Maßstäben, die er an seine Parteifreunde anlegt, zuerst selbst genügen. Geht es nach seinen eigenen Statuten, täte er gut daran, sein Amt zur Verfügung zu stellen. „Wer die Integritätserklärung nicht unterschreibt, kann kein politisches Amt übernehmen“, fabulierte der Bayern-Monarch bei der Vorstellung des ambitionierten Zehn-Punkte-Plans. Doch für den Mann, der 2016 den Karnevalsorden wider den tierischen Ernst als König Ludwig II. entgegengenommen hatte, gelten offensichtlich andere Regeln.
Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: ce
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