Hätte mir vor zehn Jahren irgendjemand vorhergesagt, dass man in Deutschland in naher Zukunft für einen kritischen Post in den sozialen Medien die Staatsanwaltschaft am Hals haben kann oder gar eine Razzia droht – ich hätte ihn für verrückt erklärt. Umso erschreckender ist es, dass wir uns im Jahr 2025 daran geradezu gewöhnt haben.
Das neueste Beispiel, das einen eigentlich sprachlos machen müsste – aber leider inzwischen Alltag ist: Nach Informationen der „Welt“ ist nach dem Publizisten Norbert Bolz auch der Chefredakteur der Plattform „Nius“, Julian Reichelt, ins Visier der Berliner Staatsanwaltschaft geraten. „Sie wirft Reichelt Volksverhetzung vor. Hintergrund soll ein Tweet aus dem April sein. Darin kommentierte Reichelt einen Bericht der ‚Bild‘-Zeitung, laut dem zwei Polizisten aus Oberhausen in den Handel mit Kokain verstrickt sein sollen“, wie das Blatt schreibt.
Den Inhalt von Reichelts Tweet müssen Sie sich vor dem Hintergrund der Ermittlungen auf der Zunge zergehen lassen: „Ahmet K. und Hakan A. sind Bundespolizisten. Wir werden in den nächsten Jahren erst die Unterwanderung und dann die Übernahme unserer Polizei erleben. Das passiert, wenn man dafür sorgen will, dass die Polizei ‚bunter‘ wird. In zehn Jahren ist die Polizei in unseren Städten arabisch dominiert. Viel Spaß!“
Das reicht für die Berliner Staatsanwaltschaft aus, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. „Nach den durchgeführten Ermittlungen hat der Beschuldigte den u. g. Post abgesetzt. Die Ermittlungen in dem Verfahren dauern an“, teilte ein Sprecher laut „Welt“ mit. Eine Hausdurchsuchung gab es im Falle Reichelt anders als im Falle Bolz dem Blatt zufolge nicht. Noch nicht.
Erstaunlich ist auch, wie sehr die einst konservative „Welt“ kuscht und Verständnis für das in meinen Augen geradezu hanebüchene Verhalten der Staatsanwaltschaft an den Tag legt. Die Autoren – unter anderem der stramm linke Lennart Pfahler, zu Corona-Zeiten auch Co-Autor eines Hetzartikels gegen mich – schreiben: „Anders als im Falle Bolz lässt der Beitrag von Julian Reichelt wenig Raum für Missverständnisse. Die Frage ist, ob Reichelt damit die Strafbarkeitsgrenze überschritten hat, oder sich auf die Meinungsfreiheit berufen kann. Laut Paragraf 130 im Strafgesetzbuch macht sich der Volksverhetzung unter anderem der schuldig, der „die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet“.
Echt jetzt, werte Lennart Pfahler und Kollegen? Die Aussage von Reichelt soll irgendeine Gruppe „beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet“ haben? Er hat ein Zukunftsszenario an die Wand gemalt, das man teilen kann oder nicht. Und das ganz offensichtlich nicht abwegig ist – um es einmal sehr diplomatisch auszudrücken (man muss ja bei jedem Wort aufpassen, sonst wird man selbst Zielobjekt der Staatsanwaltschaft).
Wenn man das, was Reichelt da äußerte, nicht mehr sagen darf, ohne Angst vor einer politisch motivierten Justiz – und Journalisten wie Pfahler, die dieser Justiz als Steigbügelhalter helfen – dann ist die Meinungsfreiheit nicht mehr das Papier wert, auf dem sie im Grundgesetz geschrieben steht.
Reichelt bleibt übrigens bei seiner Aussage zur „Übernahme der Polizei“. Der „Welt“ sagte er: „Genau das ist meine Meinung. Als Journalist, der aufmerksam die Nachrichten aus der Organisierten Kriminalität verfolgt und auch selbst recherchiert, indem ich zum Beispiel mit Polizisten, aber auch mit prominenten Mitgliedern von Großfamilien spreche, bin ich absolut überzeugt davon, dass genau das passieren wird – und man es bereits schon erkennen kann.“
Reichelt führte dabei laut „Welt“ auch eine ZDF-Dokumentation mit dem Titel „So nutzen kriminelle Clans ihre Kontakte zur Polizei“ an. „Das ZDF berichtet umfangreich über die Unterwanderung der Polizei durch kriminelle arabische Clans. Warum soll ich nicht sagen dürfen, was doch ein Fakt ist?“ Sogar Polizisten selbst hätten in der ZDF-Doku über eine Unterwanderung geklagt. Es sei absurd, dass er nun für ähnliche Einlassungen verfolgt werde.
Der Fall Reichelt zeigt ebenso wie die Hausdurchsuchung bei Professor Bolz, wie die Justiz missbraucht wird bzw. ihre Befugnisse missbraucht, um Andersdenkende zu verfolgen und damit vor allem ein Zeichen zu setzen und die Bevölkerung einzuschüchtern. Besonders erschütternd: All das geschieht unter Oberhoheit der Union. Im Falle Bolz war Auslöser eine Meldung bei einer der unsäglichen staatlichen Meldestellen – in diesem Fall im CDU-regierten Hessen. Die Ermittlungen wurden sowohl bei Bolz als auch bei Reichelt durch eine Staatsanwaltschaft in einem von der CDU regierten Bundesland mit einer von der CDU nominierten Senatorin, also Ministerin, eingeleitet. Bei Bolz war auch das Bundeskriminalamt involviert – das dem CSU-Innenminister untersteht.
Was bleibt? Eine Justiz, die sich willig vor den Karren einer politisierten Empörung spannen lässt. Eine Presse, die nicht mehr kritisch gegen Macht agiert, sondern ihr Rechtfertigung liefert. Und eine konservative Partei, die schweigt – oder schlimmer noch: mitmacht, ja hechelnd vor der Lokomotive hertrabt, statt ihr wenigstens nur hinterher zu laufen – was schlimm genug wäre. In ihrer Angst, als „rechts“ zu gelten, lässt sie zu, dass die Fundamente des Rechts zerbröseln.
Die größte Gefahr für die Meinungsfreiheit geht heute nicht mehr von radikalen Gruppen am Rand aus. Sie kommt aus der Mitte der Gesellschaft, aus Amtsstuben und Redaktionsräumen. Und genau das macht sie so heimtückisch. Wer heute sagt, was ist, muss mit juristischer Einschüchterung rechnen – und hoffen, dass der Staatsanwalt weder schlechte Laune hat noch ungewöhnliches Rückgrat gegenüber seiner Obrigkeit zeigt.
Nein, Herr Reichelt – über dessen Ton und Auftreten man ja streiten kann, nicht aber über sein Recht auf Meinungsfreiheit – hat keine Hetze verbreitet. Er hat eine unbequeme Meinung geäußert. Die kann man teilen – oder kritisieren. Aber wer sie mit Hausdurchsuchung oder Ermittlungsverfahren beantwortet, der steht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, sondern trampelt auf ihm herum.
In unseren Amtsstuben herrscht längst der Geist des Gesinnungsrechts. Und wer heute noch glaubt, dass er nicht irgendwann selbst ins Visier gerät – der hat das Prinzip dieses neuen Systems nicht verstanden. Es beginnt mit Reichelt. Es trifft Bolz. Und es endet – vielleicht – mit Ihnen. Denn es geht nicht um Recht. Sondern um Exempel. Um Abschreckung. Darum, die Mehrheit einzuschüchtern – damit sie weiter alles schluckt. Und den Mund hält.
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