Der Portugalow-Plan oder die DDRisierung der Bundesrepublik Politisch inkorrekte Erinnerungen zum Tod von Hans Modrow

Hans Modrow ist tot. Der letzte Vorsitzende des DDR-Ministerrats ist im hohen Alter von 95 Jahren verschieden. Bis in dieses Alter war er noch überzeugter Sozialist. Umso logischer ist es, dass seine Genossen Gregor Gysi und Dietmar Bartsch seiner mit überaus freundlichen Worten gedachten. Sie schrieben: „Unsere Partei verliert eine bedeutende Persönlichkeit“.

Mein Freund und Kollege Klaus Kelle schrieb in einem launigen Nachruf: „Hans Modrow wollte in seiner fünfmonatigen Amtszeit, wie er sagte, ein ‘Stück DDR retten‘. Sie wissen, dass dieses Vorhaben nicht von Erfolg gekrönt war.“

Hier muss ich Klaus Kelle bei aller Freundschaft entschieden widersprechen. Modrow und seine Genossen haben sogar ein großes Stück DDR gerettet. Schlüsselfigur war dabei Angela Merkel. Und um sich anzusehen, wie dies gelang, ist ein Blick in die Geschichte notwendig.

In der DDR-Führung gab es den sogenannten Moskauer Flügel, der stramm auf KGB-Kurs war. Die meisten von dessen Vertretern haben in ihrer Biographie einen Bezug zu Russland: Ob das Gregor Gysis in Russland geborene Mutter ist, Hans Modrows Ausbildung an der Antifa-Schule in Russland, Dietmar Bartsch, der in Moskau promovierte, oder der Auslandschef der Stasi, Markus Wolf, der sowjetischer Staatsbürger war.

Auch Merkels Vater, ein Pfarrer, der als Gründer der „Kirche im Sozialismus“ galt, hatte gute Drähte nach Moskau und zum KGB. In seinem Haus wiederum gingen Gysi, der später als Stasi-Mitarbeiter enttarnte Wolfgang Schnur sowie Lothar de Maizière ein und aus. Der Mann, der später Ministerpräsident der DDR wurde und Merkels Karriere entscheidend beförderte. Und der ebenfalls eng mit der Stasi war.

 

Der Moskauer Flügel, von national gesinnten Genossen auch die „Moskowiter“ genannt, will schon früh die DDR über die friedliche Revolution hinüberretten. Am 30. Januar 1990 reist Modrow mit Genossen nach Moskau zum Besuch zu Gorbatschow. Sie hoffen, dass Gorbatschow für sie die Veto-Karte der UdSSR ausspielt und eine Wiedervereinigung wenn nicht verhindert, so doch mit Hilfe eines »Stufenplans« erst einmal aufschiebt und ihnen die DDR überlässt. Doch Gorbatschow stößt sie vor den Kopf: Er macht deutlich, dass Modrow mit seinen Plänen, die DDR zu modernisieren, „eindeutig zu spät“ komme, dass er die DDR aufgeben und einer Wiedervereinigung Deutschlands zustimmen werde.

„Gorbatschow hat unsere Interessen aufgegeben“, klagt Modrow später und geißelt den „Verrat aus Unfähigkeit“. Drei Tage nach Modrow reist am 2. Februar Gregor Gysi nach Moskau und trifft sich ebenfalls mit Gorbatschow. Aus Moskauer Quellen heißt es, dass Gorbatschow seinen Getreuen aus der DDR als Zuckerbrot versprach, sie würden eine wichtige Rolle im neuen Deutschland spielen, wie immer es auch aussehen würde, und sie würden auch weiter unter Moskaus schützender Hand stehen.

In Moskau ist damals die Rede vom „Portugalow“-Plan, benannt nach dem KGB-Offizier Nikolaj Portugalow, der von 1979 bis 1990 Oberster Berater der internationalen Abteilung im ZK der KPdSU war. Und Deutschlandfachmann. Seine Idee: Wenn man die Wiedervereinigung schon nicht verhindern könnte, müsse man sie unterwandern. Und so viel DDR wie möglich in sie einbringen, um sie so sozialistisch wie möglich zu machen, sie vom Westen zu entfremden und längerfristig zu einem neutralen Staat zu machen, in dem Moskau entscheidenden Einfluss hat.

Historisch verbrieft ist Portugalows Plan nicht, auch wenn Insider glaubhaft von ihm berichten.

Ob es ihn gab oder nicht – das Ergebnis, das wir nach 16 Jahren Angela Merkel an der Regierungsspitze haben, entspricht erstaunlich stark dem, was der Portugalow-Plan enthalten haben soll.

Hätte jemand Hans Modrow 1990 gesagt, wie erfolgreich sein Plan, viel von der DDR zu retten, sein werde – er hätte das wohl nicht für möglich gehalten.

Es spricht alles dafür, dass der überzeugte Sozialist in Frieden mit sich selbst und der Welt das Zeitliche segnen konnte.

„Wir haben ein Korn in die Erde gelegt, der Samen wird noch aufgehen“, sagte Margot Honecker nach dem Ende der linken DDR-Diktatur trotzig. Heute wissen wir: Sie hatte Recht.

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