Das neue Berlin: Dritte Welt – oder DDR? Ein ganz normaler Wahnsinns-Tag in der Hauptstadt

„Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“ – das war mein erster Gedanke, als ich gerade die „B.Z“ durchblätterte. Das Berliner Boulevard-Blatt erscheint im Springer-Verlag und ist eines der wenigen Blätter, das noch ungeschönt berichtet, zumindest teilweise. Was ich dort Seite für Seite vorfand, versetzte mich derart in Schock, dass ich einem Freund aus Osteuropa spontan ein paar Fotos der Artikel schickte. Mit dem Kommentar: „Wie in der Dritten Welt.“ Seine Antwort: „Nein, keine Dritte Welt, sondern Groß-DDR.“

Greift man einzelne Nachrichten heraus, wie auf meiner Seite, ergibt sich ein gewisser Verwässerungs-Effekt. Liest man dagegen den Wahnsinn in geballter Form, könnte man depressiv werden. Zuerst das „Schock-Protokoll“: „Jetzt reden Pfleger: So groß ist die Not auf den Kinderstationen“. Protokolliert werden Berichte von Pflegerinnen, die von der Gewerkschaft Verdi gesammelt wurden.

Eine Kinder- und Intensivkrankenschwesterin erzählt: „Das Personal bricht reihenweise weg, wird krank oder wirft das Handtuch. In den mehreren Jahrzehnten, die ich in der Klinik arbeite, habe ich noch nie so eine hohe Fluktuation in der Pflege und auch bei den Ärzten erlebt.“

Weiter sagt die Frau: „Rettungswagen wissen nicht, wohin mit den Kindern und irren durch die Stadt, bis sie dann doch unsere Klinik anfahren, wir natürlich die Kinder übernehmen (müssen), da man es mit dem eigenen Gewissen nicht vereinbaren kann, sie abzuweisen. Dann beginnt die Spirale von vorn wohin mit diesem kranken Kind.“

Eine Kinderkrankenschwester berichtet: „Die Rettungsstellen laufen über, die Kinder und Eltern stehen zum Teil draußen, manche gehen nach Stunden, ohne einen Arzt gesehen zu haben, wieder.“

Eine Intensivpflegerin sagt der Zeitung: „Die Gesundheitssenatorin ist meines Erachtens wissentlich in diese Krise gegangen. Mehrfach wurde ihr durch persönliche Gespräche, auch mit Aktiven der ver.di Berliner Krankenhausbewegung, die dramatische Situation in den Krankenhäusern geschildert. Sie hat alles immer von sich gewiesen, immer von Tarifautonomie gesprochen, aber hier ging es immer um mehr, es geht um die medizinische Versorgung der Bürger und dramatische Arbeitssituation in den Krankenhäuser.“

Renate Schaffernicht (58), Intensivschwester an der Charité, berichtet der „B.Z.“: „Ich habe meinen Urlaub verkürzt, um auf der Kinderintensivstation zu helfen, aber ich bin kein voller Ersatz für eine Kinder-Intensivfachkraft. Die Situation dort ist hochdramatisch. Den kleinen Wesen erklären zu müssen, dass sie noch warten müssen, obwohl ihre Beschwerden sofort behandelt werden müssen ist kaum ertragbar.“

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Der Titel auf der nächsten Seite in der „B.Z.“: „Heizung seit zwei Monaten defekt! BIBBERN BEI 10 GRAD im Wohnzimmer.“ Sodann wird die Situation von Birgit Lummer geschildert: „Seit zwei Monaten ist im Wohnzimmer der Rentnerin am Cosmar-weg (Staaken) die Heizung ausgefallen. ‘Neun bis zehn Grad sind es nur noch‘, klagt Lummer. Mitte Oktober ging plötzlich nichts mehr, der Heizkörper sprang nicht mehr an.“ Der Vermieter, die Adler Group, sagt, nur in einem Zimmer sei die Heizung defekt: „Warum der Schaden trotzdem innerhalb der vergangenen zwei Monate nicht behoben wurde? Dazu schweigt das Unternehmen.“

Schlagzeile auf der nächsten Seite: „Haus brennt, Wasser zum Löschen eingefroren“. Nächste Seite: „Schulfrei wegen Streik“ und „Freispruch nach Anschlägen“. Dann geht es um die Klima-Blockaden und in einem Leserbrief um die Frage: „Wen störte das Kreuz auf dem Spielplatz-Schloss im Monbijoupark?“, das entfernt wurde als christliches Symbol. Dann: „Dämlich-Protest vorm Paul-Löbe-Haus.“ Klima-Kleber blockierten eine Zufahrt zum Bundestag, die gar nicht genutzt wird. Sie können von Glück sagen, dass die Polizei sie abführte – statt sie im eisigen Frost kleben zu lassen. Weiter unten auf der Seite die Schlagzeile: „Dürfte Berlin enteignen?“

Keine Impfung unter dieser Nummer

Auf der nächsten Seite: „Wer hat mein Impfzentrum geklaut?“ Nein, Sie haben sich nicht verlesen. Ein Unternehmer klagt über den Diebstahl seines mobilen Impfzentrums am helllichten Tag. Nächster Bericht: „Landtagssaal bei Weihnachtsparty verwüstet.“ Sodann: „Mehr als sieben Jahre Haft für Totraser.“

Auf der nächsten Seite: „Frauen-Mörder behauptet vor Gericht: ‚Der Mann hat in Deutschland nichts zu sagen“. Weiter steht da: „Ein Afghane schlitzt seiner Frau die Kehle auf. ‘In Deutschland hat der Mann keinen Wert“, sagt er. Tag 6 im Pankower Frauenmord-Prozess. Am 29. April 2022 stirbt Zohra (31) mit 13 Messerstichen und Kehlschnitt. Gul A. (42) droht lebenslange Haft. Die eigenständige Lebensführung der sechsfachen Mutter habe ihn gekränkt, so die Mordanklage. Er stilisiert sich als Opfer: Anfangs war mein Leben in Deutschland gut. Wir bekamen 2600 Euro im Monat aufs Konto, die Geldkarte hatte meine Frau. Wir gingen zum Deutschkurs, die Kinder zur Schule und zur Kita. Ich fragte, was ist mit dem vielen Geld passiert.“

Das fragen sich sicher viele deutsche Steuerzahler auch.

Nächste Seite: „Höhere Diäten trotz Haushalts-Notlage“. Die Abgeordneten des Brandenburger Landtags erhöhen sich wieder mal die Bezüge. Darunter: „Kirche bietet Obdach“. Und weiter: „Es ist warme Hilfe in großer Not. Die Zwingli-Kirche hat spontan Platz für 100 Obdachlose geschaffen.“

Schiff der Hoffnung

Etwas weiter: „Wegen Enteignung vor 219 Jahren – Kirche fordert 11 Milliarden Schadenersatz“. Sowie: „Hier kommt das Schiff der Hoffnung. Gas reicht aber nur für zwölf Stunden“.

Und: „Erwachsenen OPs müssen warten“. Sie sollen laut Bundesregierung zugunsten von Kinder-OPs verschoben werden.

Dann noch ein Bericht über eine Lotto-Gewinnerin, die ihren Gewinn von 9.842 Euro nicht bekommt, weil die Post ihr Schreiben mit dem Original-Gewinnschein an die Lotto-Zentrale verbummelte. Obwohl sie es als Einschreiben schickte. Die Post bietet jetzt 25 Euro Entschädigung für den entgangenen Gewinn von 9.842 Euro.

‘Vermischtes‘

Sodann: „Mann stirbt nach Polizeieinsatz im Restaurant“ und „Freund der Schmiergeld-Griechin will Alleintäter sein“. Und: „So heizt sich Deutschland durch die Bibber-Kälte“. Und: „Gasspeicher leeren sich täglich schneller“.

Jetzt mache ich Schluss. Ich habe mir die Zeitung gleich nach dem Aufwachen angetan. Und dachte spontan: Ich träume wohl noch.

‘BDaZ‘ – verwenden oder nicht?

Ein Leser schrieb mir kürzlich, ich solle nicht so oft den Ausdruck „bestes Deutschland aller Zeiten“ in den Mund nehmen. Ich gelobte ihm Besserung. Heute mache ich eine Ausnahme: Angesichts dieser ganz alltäglichen Zeitungslektüre musste ich sofort daran denken, wie weit die Wahrnehmung unserer Regierung und die Realität auseinander gehen.

Die Lektüre warf bei mir zwei Fragen auf – die Sie mir vielleicht beantworten können, liebe Leserinnen und Leser: Täusche ich mich in der Annahme, dass die meisten anderen Medien eine derartige Fülle von erschreckenden Nachrichten ihren Lesern eher weniger zumuten, sie also mindestens „strecken“? Und wie kommt es, dass eine Mehrheit all diesen Schrecken inzwischen offenbar gelassen hinnimmt? Abstumpfung? Oder täuscht der Eindruck, und viel mehr Menschen sind entsetzt – trauen sich aber nicht, offen darüber zu reden?

Höflichkeit ist kein Gendern

PS: Kürzlich schrieb jemand in den Kommentaren, es sei schrecklich, dass ich mit dem Gendern anfange – weil ich „liebe Leserinnen und Leser“ schreibe. Ich finde, man soll nicht überall das Gras wachsen hören! Gendern werde ich nicht, höchstens zum Verballhornern dieser schrecklichen Sprach-Ideologen. Aber „liebe Leserinnen und Leser“ ist genauso wie „sehr geehrte Damen und Herren“ eine höfliche Form der Anrede. Dass diese jetzt schon unter „Gender-Verdacht“ kommt, zeigt, wie dieses Gift der Sprach-Verunstaltung gleich doppelt wirkt.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Bild: Bjoern Deutschmann/Shutterstock

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