Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Der Unternehmensberater und Autor Markus Krall hat einmal gesagt, wenn man die Wahl habe zwischen bösem Willen und Dummheit, um unverständliches Regierungshandeln zu erklären, handele es sich meist um Dummheit. Nach einem Jahr monströser Fehlentscheidungen in der Corona-Politik ist man geneigt zu sagen, dass so viel Dummheit, sollte sie die Ursache sein, doch auf keine Kuhhaut geht. Es kommt jede Menge Ignoranz, Unbelehrbarkeit, Rechthaberei, Arroganz und Machtgier dazu. Tatsächlich ist Macht die mächtigste Droge der Welt, der offenbar auch demokratisch gewählte Politiker verfallen sind, die inzwischen größenwahnsinnig der Meinung sind, sie wären diejenigen, die von früheren Generationen hart und opferreich erkämpfte Grundrechte entziehen oder gewähren könnten. Der Arzt und Philosoph der Vernunft Gunter Frank untersucht in seinem Buch „Der Staatsvirus“, wie es dazu kommen konnte, dass aus einem Krankheitserreger ein systemisches Problem wurde, das unsere Gesellschaft in ihren Grundfesten bedroht.
„Wie kann es sein, dass die Bekämpfung einer ernsthaften, aber keineswegs außergewöhnlich tödlichen Infektionskrankheit zu einer Verwerfung führt, die unser Land traumatisiert und zutiefst spaltet?“
Dieser Frage geht Frank sachlich, faktenreich und analytisch in drei Abschnitten nach: Die Pandemie, Die Maßnahmen, Eine Gesellschaft auf Abwegen.
Im ersten Teil erläutert er, warum Corona, vergleichbar mit Krebs, Herzinfarkt oder schwerer Grippe, für den Einzelnen durchaus eine ernste Gefahr darstellen kann, es aber zu keinem Zeitpunkt für die Gesellschaft gewesen ist.
Das Durchschnittsalter der Coronatoten liegt bei 83 Jahren, also über der aktuellen Lebenserwartung unseres Landes. Die Allermeisten hatten eine oder mehrere, zum Teil schwere Vorerkrankungen. Das zeichnete sich schon sehr früh ab. Trotzdem meinte die Politik, als „Lebensretter“ die ganze Gesellschaft unter Kuratel stellen zu müssen und hält diesen Ausnahmezustand bisher aufrecht, ohne je eine schlüssige Begründung dafür oder Untersuchungen über die Wirksamkeit der verordneten Maßnahmen in Auftrag gegeben zu haben.
Wenn man Franks Zusammenschau des ersten Corona-Jahres liest, ist man verblüfft, wie früh schon alle Fehler der Politik aufgedeckt waren. Ob es die Nicht-Eignung der PCR-Tests für diagnostische Zwecke ist, die Wirkungslosigkeit der Maskenpflicht, die besonders absurd ist, wenn sie für die frische Luft verordnet wurde, oder die zweifelhafte Zählweise der „Neuinfektionen“, die keine sind und der Toten, die „an und mit“ Corona gestorben sind – all das wurde von Anfang an von Wissenschaftlern und anderen Experten in Frage gestellt. Die einzige merkbare Reaktion war, alle Kritiker über die Alt-Medien sofort für unzurechnungsfähig und „rechts“ zu erklären. Besonders bitter ist, wenn man liest, dass sehr früh erkannt wurde, dass die zu frühe künstliche Beatmung von Corona-Patienten für eine große Anzahl von Todesfällen verantwortlich ist. Forciert wurde die Empfehlung der frühen invasiven Beatmung durch chinesische Fachberichte, denen viele Intensivmediziner offenbar mehr Glauben schenkten als ihren kritischen deutschen Kollegen. Schon am 21.03.2020 veröffentlichte der Verband Pneumologischer Kliniken dazu einen eindringlichen Appell. Die Lungenärzte wiesen darauf hin, dass eine frühe und in den meisten Fällen unnötige invasive Beatmung von Covid-Patienten kontraproduktiv ist. Sie erweist sich als „eine der folgenreichsten Behandlungen in der Medizingeschichte“. Das von Dr. med. Thomas Voshaar entwickelte „Moerser Modell“ hat bewiesen, dass es erfolgreicher ist, die Patienten mit Sauerstoffmasken zu behandeln. Obwohl die Sterblichkeit in seiner Klinik mit 10 % weit unter den 30–50% mit Intensivbeatmung lag, ignorierten das zu viele Intensivmediziner. Das Ergebnis ist, dass 20–30 % aller Covid-Todesfälle unnötig verursacht wurden, während die Öffentlichkeit von den auf Lebensrettung spezialisierten Politikern mit einem fortdauernden angeblichen Beatmungsgeräte- und Intensivbettennotstand in Atem gehalten wurde. Tatsächlich muss dieser zu keiner Zeit bestandene Mangel immer noch als Begründung für den andauernden Lockdown herhalten.
Das Versagen des RKI
In einem Kapitel behandelt Frank das Versagen des RKI. Dieses Institut hat die falsche Zählweise der angeblichen „Neuinfektionen“ gedeckt, wenn nicht gar inszeniert. Frank weist nach, dass die rasant ansteigenden Zahlen der „zweiten Welle“, die den Dauerlockdown auslöste, auf die rasant gestiegene Anzahl von Tests zurückzuführen ist. Da der von Professor Drosten entwickelte Test auch andere Coronaviren-Varianten und sogar Virentrümmer aus lange überstandenen Infektionen entdeckt, wurden alle positiv auf nicht infektiöse Viren oder deren Trümmer Getesteten als „Neuinfektionen“ gezählt. Stichproben kleiner, repräsentativer Personengruppen, um das wirkliche Infektionsgeschehen zu untersuchen, sind bis heute nicht erstellt worden. Das RKI hat sich zum Büttel der Politik gemacht. Es hat aus seiner äußerst zweifelhaften Geschichte während der NS-Zeit nicht gelernt, dass es sich nicht in die Politik involvieren lassen sollte. Statt unabhängig mit einer solchen Studie das wirkliche Infektionsgeschehen und die Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen zu untersuchen, empfahl man, politisch gewollt, unsinnige Massentests und breiteste Streuung von zweifelhaften „Schutzmaßnahmen“. Das RKI steht übrigens mit seinem Versagen nicht allein. Es betrifft auch die Wissenschaftsredaktionen der Altmedien, die ihrer Aufgabe, die Maßnahmen der Regierung kritisch zu hinterfragen, nicht nachkamen. Ebenso versagten die meisten Wissenschaftsverbände. Frank nennt besonders die Leopoldina, die Kanzlerin Merkel mit ihrer „Ad hoc-Stellungnahme“ vom 8.12.2020 die Stichworte für die Verhängung des Dauerlockdowns lieferte. Die 7-seitige Ausführung, von der 2 Seiten für die Namen der unterzeichnenden Wissenschaftler abgezogen werden müssen, bezeichnet Frank mit Recht als „Kotau vor der autoritären Regierungslinie“, denn sie enthält nur Corona-Panikmache ohne nachprüfbare Fakten. Es gab vereinzelt entschiedenen Widerspruch aus der Leopoldina, aber die Mehrzahl der 1500 Mitglieder schwieg.
Es gab jedoch genug mutige Warner, wie den Oberregierungsrat des Innenministeriums Stephan Kohn, zuständig gewesen für den „Schutz kritischer Infrastruktur“, der seine Aufgabe ernst nahm und mit Ärzten und Wissenschaftlern während des ersten Lockdowns eine Einschätzung der medizinischen Folgen dieser Entscheidung erstellte. Nicht nur ignorierte die Regierung seine Arbeit, sie stellte ihn als verwirrten Einzelgänger hin und er wurde seines Postens enthoben. Wie mit Kohn umgesprungen wurde, ist charakteristisch für alle Kritiker der Corona-Politik. Es wird mit allen propagandistischen Mitteln versucht davon abzulenken, dass die „Schutzmaßnahmen“ weitaus mehr Schaden anrichten als die Pandemie.
In Teil 3 seines Buches untersucht Frank, wie die Corona-Politik unsere Gesellschaft zersetzt. Die Zerfallsprozesse, die er beschreibt, gab es in Ansätzen schon vor Corona, kamen aber währenddessen voll zum Ausbruch.
Im Journalismus wird Information durch „Haltung“ ersetzt, in der Politik haben hauptsächlich Leute das Sagen, die von ihrer Wiederwahl abhängig sind, weil sie keinen Beruf, etliche nicht mal eine ordentliche Ausbildung haben. Flächendeckend wird Kompetenz von Moralismus verdrängt, Ideologen haben die Universitäten gekapert, eine offene Debatte gibt es nicht mehr.
Aber Frank entlässt seine Leser nicht, ohne ihnen mitzugeben, was sie dagegen tun können:
- Die Angst überwinden. Der eigenen Wahrnehmung mehr vertrauen als den öffentlichen Verlautbarungen. Auf den Straßen liegen keineswegs eine Million Tote, die in einem Szenario des Innenministeriums, federführend miterstellt von maoistischen China-Lobbyisten, angedroht wurden, um die Bevölkerung einzuschüchtern.
- Aktiv werden. Die bürgerliche Mitte muss heraus aus ihrer Komfort-Zone und etwas gegen die viel zu stark gewordenen Ränder unternehmen. Vor allem die öffentliche Debatte immer wieder einfordern. Die üblichen Nazi- oder Corona-Leugner-Stempel einfach ignorieren.
- Wählen gehen, auch wenn die Wahl nicht leichtfällt.
„Der Schlüssel zurück zur guten Normalität eines demokratischen Rechtsstaats liegt in der angstfreien, offenen, manchmal harten, aber immer respektvollen Debatte um die besten Lösungen. Holen wir uns diese freie Debatte wieder zurück, überall und jederzeit. Dann wird es vielleicht auch wieder möglich, eine Virusepidemie medizinisch statt ideologisch zu bekämpfen.“
Dieser Artikel ist zuerst auf Vera Lengsfelds Blog erschienen.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Sie finden ihn hier.
Text: gast
Mehr von Vera Lengsfeld auf reitschuster.de
[themoneytizer id=“57085-1″]